Die Drachenreiter von Pern 11 - Die Weyr von Pern
auf Lioths Wort. So oft Jaxom auch schon zugesehen hatte, wie die Drachenschwärme ins Dazwischen gingen, so oft er selbst dabei gewesen war, der Vorgang begeisterte ihn immer wieder von neuem.
Im Dazwischen ist es doch kälter als im Weltraum, erklärte er Ruth. Einen Atemzug später schwebten sie über Ruathas Südgrenze, unter ihnen wand sich der breite Fluß wie eine silberne Schlange. Und im Osten fiel der Silberregen, den sie zerstören sollten.
Die Geschwader trafen auf die Fäden, spien Feuer auf die dicken Knäuel und sahen ihnen nach, wenn sie sich in den Flammen ringelten, zusammenschrumpften und als harmlose Ascheflocken in die Tiefe sanken. Die oberen Geschwader schossen blitzschnell über den Himmel, und ganz unten verfolgten die Königinnenreiterinnen die wenigen Fäden, die bis dahin der Vernichtung entgangen waren, mit zischenden Strahlen aus flüssigem Feuer.
Wieder einmal führten Jaxom und Ruth mit all den anderen den uralten Kampf zum Schutze Perns, fanden sich in seinen Rhythmus hinein, vermieden seine Gefahren, gingen ins Dazwischen und tauchten wieder auf, glitten über die ganze Breite der Fädenfront und sengten Schneisen durch den tödlichen Regen. Beide handelten auf Grund von Reflexen, die sich in langer Übung herausgebildet hatten und unabhängig von den bewußten Anweisungen des einen oder anderen Partners funktionierten.
Sie hatten die Front mindestens acht Mal durchflogen und waren dabei immer weiter nach Südosten geraten, als unmittelbar vor ihnen ein blauer Drache aufschrie und im Dazwischen verschwand. Wie erstarrt wartete Jaxom einen Herzschlag lang auf die Rückkehr des Blauen. Hunderte von Längen tiefer tauchte er wieder auf. Seine linke Schwinge war mit Brandwunden übersät.
Es hat ihn schlimm erwischt , sagte Ruth, als der Blaue wieder verschwand. Sicher würde er in den Weyr zurückkehren, wo man ihn bereits erwartete, um die verletzte Schwinge mit Heilsalbe zu bestreichen und die Schmerzen zu betäuben.
Einer von den neuen Jungreitern. Immer wieder ist einer dabei, der die Augen nicht offenhalten kann.
Jaxom war nicht sicher, ob Ruth den Drachen oder den Reiter meinte. Der weiße Drache wich so unvermittelt einem dicken Fädenknäuel aus, daß die Reitriemen in Jaxoms linken Oberschenkel schnitten. Dann wendete er fast auf der Stelle, stieß auf den Klumpen hinab und vernichtete ihn mit einem gewaltigen Feuerstrahl. Als er sich wieder aufgerichtet hatte, streckte er gebieterisch den Kopf nach hinten. Gehorsam fütterte Jaxom ihn mit neuem Feuerstein. Während Ruth kaute, stieg er nach oben, sah sich um, wo sein nächster Flammenstoß den größten Schaden anrichten würde, und schwenkte nach rechts. Wieder wurde Jaxom mit seinem ganzen Gewicht ins Reitgeschirr gepreßt. In diesem Moment spürte er, wie der vordere Gurt sich dehnte und der Sattel locker wurde. Rasch griff er mit der rechten Hand nach einem Nackenwulst, legte beide Beine fest an und umklammerte die linksseitigen Riemen.
Ruth reagierte auf der Stelle und hielt mitten im Nichts an, bis Jaxom das Gleichgewicht wiedergefunden hatte. Ein dünnes Flämmchen drang aus seinem Maul, als er sich verblüfft zu seinem Reiter umdrehte.
Der Gurt ist gerissen ? Die Frage klang erstaunt.
Jaxom tastete das Leder mit behandschuhten Fingern ab. Die abgewetzte Stelle gleich unter der Schnalle war leicht zu finden, aber der Gurt hatte sich zum Glück nur gedehnt. Dennoch war Jaxom lediglich um Haaresbreite dem Tode entronnen. Ein wenig mehr Zug, der Gurt wäre entzweigegangen und der Reiter aus dem Sattel geflogen.
Mit schmerzhafter Deutlichkeit erinnerte sich Jaxom nun an das ominöse Gespräch, das er belauscht hatte. Sie konnten den Plan doch unmöglich über Nacht ausgeführt haben? »Ein Unfall« , hatte es geheißen. Was wäre unverdächtiger als ein defekter Reitriemen?
Jeder Drachenreiter war selbst für sein Geschirr verantwortlich, erneuerte es häufig und kontrollierte es vor jedem Fädenfall auf Abnutzungen und Beschädigungen. Jaxom war wütend auf sich selbst. Er hatte sein Geschirr heute morgen gar nicht richtig angesehen, als er es von seinem Haken in Ruths Weyr nahm, einem Ort, der jedem Bewohner von Ruatha offenstand. Und jedem zufälligen Besucher.
Es gab etwas, das noch kälter war als das Dazwischen oder der Weltraum. Die Angst!
Gerissen ist er nicht, Ruth. Aber das Leder ist stark überdehnt. Laß uns nach Fort zurückfliegen, dann schnorre ich beim Ausbilder der Jungreiter einen Ersatzgurt.
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