Die Drachenreiter von Pern 11 - Die Weyr von Pern
reagierte sofort und griff nach Ruths Schwinge, um gegenzusteuern. »Ja, dieser freie Fall hat eindeutige Vorzüge! Mit dem Rest werde ich allein fertig.«
Ehe Jaxom sich versah, hatte Piemur mit beiden Händen Ruths Nackenwulst umfaßt und schwang sich mit einem Salto mühelos über den Rücken des weißen Drachen hinweg.
»Hui!« Ein halb erfreuter, halb überraschter Ausruf, denn mit diesem unkonventionellen Manöver hatte er sich genau in den schmalen Spalt zwischen dem Drachen und dem Geländer katapultiert, das um den oberen Teil der Brücke herumführte. »Das macht Spaß!«
»Vorsichtig, Piemur. Wir wollen doch nicht, daß die Tanks irgendwo dagegenkrachen.«
»Ich werde sie einfach festbinden.«
»Es empfiehlt sich, alle losen Gegenstände an Bord eines Raumschiffs zu sichern«, stimmte Akki mit gewohnter Gelassenheit zu. »Sie machen das gut. Die Temperatur auf der Brücke steigt weiter, und bisher wurde kein Annäherungsalarm ausgelöst.«
»Annäherungsalarm?« Piemurs Stimme wurde schrill vor Überraschung.
»Ja, diese Anlage empfängt derzeit die Funktionsmeldungen und die Schadensanalyse«, fuhr Akki fort. »In Anbetracht des langen Aufenthalts im Weltraum weist die Hülle der Yokohama keine nennenswerten Risse auf.
Die mit Sonnenenergie betriebenen Deflektorschilde funktionieren einwandfrei. Wie Sie sich gewiß aus dem Unterricht erinnern, versorgen die Solarzellen auch die kleinen Schubdüsen, die das Schiff auf seinem geosynchronen Orbit halten, mit Energie. In den äußersten Sektoren der Hauptsphäre gab es ein paar kleinere Lecks, die jedoch automatisch abgedichtet wurden. Keiner dieser Sektoren wird im Moment benötigt. Die Frachtraumtore stehen noch offen, und hier wird eine Funktionsstörung angezeigt. Die Ihnen zugewiesenen Aufgaben haben jedoch Vorrang. Bitte fahren Sie fort. Der Sauerstoffgehalt ist weiterhin normal, aber infolge der niedrigen Temperaturen ist bald mit einem Nachlassen der manuellen Beweglichkeit zu rechnen. Die gymnastischen Übungen sind deshalb möglichst kurz zu halten.«
Jaxom verbiß sich ein Lachen und hoffte, daß niemand außer ihm Piemurs unverschämte Bemerkung über nichts als Arbeit und kein Vergnügen gehört haben möge.
Vorsichtig schlüpfte Jaxom unter Ruths Hals hindurch und umfaßte das Geländer mit festem Griff. Verwundert sah er Piemur wie erstarrt über der breiten Treppe schweben, die zum Kommandostand der Brücke führte. Er wagte einen Blick nach oben und war ebenfalls gefesselt: Unter ihnen lag Pern, backbords blitzten die blauen Meere, während steuerbords die Küste und die kräftigen Grün-, Braun- und Beigetöne des Südkontinents zu sehen waren.
»Beim Ei, genau wie die Bilder, die Akki uns gezeigt hat«, murmelte Piemur andächtig. »Eine wahre Pracht.«
Unversehens traten ihm die Tränen in die Augen, und auch Jaxom mußte krampfhaft schlucken, während er seine Welt aus der gleichen Perspektive betrachtete wie einst seine Vorfahren am Ende ihrer langen Reise! Das mußte ein überwältigender Augenblick gewesen sein, dachte er.
»Sie ist so groß!« Piemur war regelrecht eingeschüchtert.
»Es ist immerhin eine ganze Welt«, gab Jaxom leise zurück, dabei fiel es auch ihm schwer, sich auf diese unglaublichen Dimensionen umzustellen.
Die Szene veränderte sich unmerklich, majestätisch drehte sich die Planetenoberfläche unter der Zwielichtzone weiter.
»Jaxom? Piemur?« Akki rief sie an die Arbeit zurück.
»Wir bewundern nur die Aussicht von der Brücke«, verteidigte sich Piemur. »Das muß man gesehen haben, sonst glaubt man es nicht.« Ohne den Blick von dem riesigen Fenster zu wenden, schwebte er zur Treppe und zog sich Hand über Hand am Geländer zum Flugdeck hinunter. Von dort steuerte er, jeden Haltegriff nutzend, den er nur finden konnte, das Schaltpult an, das er programmieren sollte. Jetzt erst riß er sich von dem sensationellen Panorama los, um sich seiner nächsten Aufgabe zu widmen.
»Ich sehe für meinen Geschmack viel zu viele rote Lichter«, erklärte er Akki, als er sich in seinem Sessel festschnallte.
Jaxom hatte sich ein Stockwerk höher zu den wissenschaftlichen Meßstationen vorgearbeitet. Auch dort flackerten rote Lichter an den Schaltpulten. Er zog sich in einen Sessel und legte die Haltegurte an.
»Ich habe auch welche!« sagte er. »Aber nicht bei der Teleskopeinstellung.«
»Jaxom, Piemur, schalten Sie mit den entsprechenden Befehlen die Automatik ab, und gehen Sie auf Handbetrieb.«
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