Die Drachenreiter von Pern 12 - Die Delfine von Pern
Seiten durchgeblättert hatte und erkannte, wie wertvoll es war, warf er sowohl seinem Sohn als auch dem Drachenreiter empörte Blicke zu.
»Wir wissen, daß es beschädigt ist. Es ist von Gaddies Vorderbein gefallen«, erklärte T'lion. »Ich mußte wissen, wie man die Eingeweide in die Bauchhöhle zurückschiebt…«
»Und dazu hast du das kostbarste Besitzstück eures Weyrheilers benutzt?« fragte Temma voll Zorn, als sie sah, was Jayge da in Händen hielt. »Dafür wird er dir ganz gewiß nicht dankbar sein.«
»Ich kann die beschädigten Seiten neu ausdrucken«, warf Readis schnell ein. »Ich habe Zugang zu den Dateien. Ich kann sogar noch Informationen aus den Dateien zur Tierheilkunde hinzufügen.«
»Hattest du wenigstens die Erlaubnis, das Handbuch zu benutzen?« fragte Jayge. »Aha, also nicht«, fügte er hinzu, als er bemerkte, wie der Drachenreiter schuldbewußt errötete.
»Persellan war nicht greifbar, ich konnte ihn nicht fragen«, wehrte sich T'lion. »Und Mirrim hat mich gesehen und gesagt, es wäre in Ordnung.«
»In Ordnung war es vielleicht, Verbandsmaterial zu holen«, warf Temma ein, »aber nicht ein so wertvolles Heilerbuch.«
»Ich kann für Ersatz sorgen«, wiederholte Readis.
»Das reicht jetzt, Readis!« fuhr Jayge auf und wandte sich wieder seinem Sohn zu. »Du gehst jetzt besser, T'lion.«
Temma ergriff den Drachenreiter am Arm, bevor er an ihr vorbei war. »Und die Delphine?«
»Wir haben die verletzten Kälber genäht, und sie sind mit ihren Muttertieren davongeschwommen«, erklärte T'lion mit belegter Stimme.
»Genäht habt ihr sie, ach ja?« Temma schaute zweifelnd.
»Ich habe Persellan einmal geholfen und weiß, wie man den Heilerknoten macht, der die Naht verschließt. Das war entscheidend, damit keine Blutfische sich an der Wunde festsaugten.«
»Das war entscheidend?«
T'lion versteifte sich und sah die ältere Frau mit ausdruckslosem Gesicht an. »Ich habe die Hilfe geleistet, die ich leisten konnte, und in drei Tagen werden wir sehen, ob das, was ich tun konnte, genug war.«
Temmas Gesichtsausdruck wurde ein wenig weicher.
»Vielleicht hast du alles getan, was nötig war. Ich würde es mir gerne anschauen.«
Ohne einen Blick zurück ging der junge Drachenreiter dann zu seinem Kleiderhaufen, zog sich an, steckte Persellans Buch in seine Flugjacke und bestieg Gadareth. Der Bronzedrache flog nach Westen davon, während die anderen schweigend zuschauten.
Readis konnte seinen Vater nicht ansehen, fühlte aber Jayges unterdrückte Wut in dem Griff, mit dem er ihn am Arm packte und auf seine Kleider zuschob.
»Zieh die Schuhe an!« befahl er. »Damit du nicht noch einen Dorn in den Fuß bekommst.«
Diese grobe Bemerkung ließ in Readis Brust ein hartes, kaltes Gefühl aufsteigen. Sein Vater sprach nie von seiner Behinderung, hatte ihn nie zuvor an diese Verletzung erinnert oder daran, woher sie stammte. Aber er konnte auch nicht wissen, daß Readis sich im Meer, wo sein verkrüppeltes Bein keinen Nachteil, keine Behinderung darstellte, viel wohler fühlte als an Land. Der Heimweg war zu kurz für Readis, als daß er sich auf den harschen Tadel seiner Mutter hätte einstellen können. Sie würde dafür sorgen, daß er nie wieder zur Bucht ging. Sie würde ihm garantiert ein Versprechen abverlangen, sich nie wieder mit den Delphinen zu befassen. Es war ein Versprechen, daß Readis ihr guten Gewissens nicht geben konnte. Unter keinen Umständen würde er den Kontakt aufgeben. Die heutigen Ereignisse hatten ihm bewiesen, daß die Delphine in jeder Küstensiedlung zumindest einen standhaften Fürsprecher brauchten: einen engagierten Delphineur. Lange schon ging ihm dieses Wort durch den Kopf, und in diesem Moment erkannte er, was er tun, was er werden wollte: Delphineur.
Wie schrecklich Readis die Reaktion seiner Mutter auch immer eingeschätzt hatte, der Sturm, der auf den Bericht seines Vaters folgte, war noch schlimmer. Jayges Bericht über die vielfältigen Verfehlungen ihres Sohnes dem Gut gegenüber, seine Übertretung der elterlichen Gebote, seinen Umgang mit den Delphinen und sein Fehlen in der Schule von Landing handelte Readis eine solche Tirade ein, daß er zu seiner Verteidigung nichts entgegnen konnte - bis Aramina ihm ganz außer sich vorwarf, seine verräterische und unwürdige Verbindung mit den Geleitfischen sei gewissenlos, treulos und bar jeder Ehre.
»Delphine, Mutter, Delphine«, entgegnete er. »Und ich habe mein Versprechen dir gegenüber immer
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