Die Drachenreiter von Pern 13 - Ankunft
ertranken während der Flucht. Und die, die ein Land erreichten, wurden oftmals wieder in ihre alte Heimat abgeschoben.«
»Abgeschoben?« empörte sich Theo.
»An die politische und historische Situation, die damals auf der Erde herrschte, kann ich mich nicht genau erinnern. Aber es war eine Zeit, als die irdische Bevölkerung noch nicht durch gemeinschaftlich angestrebte Ziele im Weltall geeint wurde. Im übrigen glaube ich, daß selbst das unsicherste unserer Boote immer noch seegängiger ist als die Nußschalen aus dieser kriegerischen Epoche.«
Theo stieß einen Seufzer aus und deutete nach Steuerbord, wo eine Vier-Meter-Schaluppe die Notflagge hißte. Ohne zu zögern sprang die Delphineurin über Bord. Als sie wieder auftauchte, schwamm Dart neben ihr, bereit, sie zum havarierten Schiff zu schleppen. Eine Schot ist gerissen, wußte Jim, sowie er den ausscherenden Baum sah. Lieber Himmel, besaßen sie überhaupt ausreichend Material, um kaputte Segel oder Taue zu ersetzen? Er nahm sich vor, am kommenden Abend noch einmal Unterricht im Spleißen zu geben.
»Ach, es waren die Expeditionen von Thor Heyerdahl, an die ich mich zu erinnern versuchte«, sagte er immer zu sich selbst. »Allerdings unternahm Heyerdahl zu Forschungszwecken Ozeanüberquerungen in primitiven, selbstgebauten Booten. Das ist natürlich etwas vollkommen anderes als das Schicksal der Boatpeople.« Er durfte nicht vergessen, es Theo zu erzählen. Vergnügt schmunzelte er in sich hinein. Er unterhielt sie gern mit seinen Geschichten, weil sie so aufmerksam zuhörte. Gelegentlich gab sie auch ein paar Schilderungen zum besten, und dann erfuhr er von den Abenteuern, die sie als Pilotin erlebt hatte. Er hatte den Eindruck, daß sie es vorzog, als Delphineurin zu arbeiten, aber vielleicht war sie auch nur ein Typ, der aus jeder Situation das beste machte.
Schade, daß außer uns Pernesern keiner von diesem Exodus erfahren wird, dachte er. Die Zweite Auswanderung, in vielerlei Hinsicht bemerkenswerter als der fünfzehn Lichtjahre dauernde interstellare Flug in drei alten, aber immer noch tauglichen Raumschiffen, um in diesen abgelegenen Winkel des Sagittarius-Sektors zu gelangen.
An diesem Tag gab es noch zwei weitere Krisen. Die erste war eine marginale Begegnung mit den Fäden. Ezra erspähte die mittlerweile vertraute graue Wolke am Horizont, und sie standen vor der Wahl, entweder beizudrehen oder ihre neue Schutzausrüstung auszuprobieren.
Jim und Ezra berieten sich mit den Schiffen, die sie über Funk erreichen konnten, und man beschloß einmütig, die Fahrt fortzusetzen und einfach die Effektivität der jüngsten Erfindung zu testen. Besser jetzt, da der Fädenschauer höchstens eine halbe Stunde lang dauern würde, als in einer echten Katastrophensituation.
Die Delphine und die Delphineure gaben das Kommando an alle Boote ohne Funkverbindung weiter. Die Segel wurden geborgen und mit Plastik abgedeckt. Man schickte zahme Feuerechsen aus, damit sie ihre wilden Artgenossen zu Hilfe holen konnten, und auf einmal schaukelten überall Kunststoffkegel auf den Wellen.
Jim, seine fünf Mann Besatzung und die vier Delphineure hätten den Fädenfall in der Kajüte aussitzen können, doch sie wollten den ängstlicheren Gemütern ein gutes Beispiel geben. Ausgestattet mit Kulihüten und am Boot befestigten Sicherheitsleinen aus Plastik, sprangen sie ins Wasser. Ihre Rechnung ging auf, und etliche der noch Zaudernden taten es ihnen nach. Die vier Delphine blieben so lange es ging untergetaucht, um dann laut prustend und quietschend Luftsprünge zu vollführen.
»Bald können wir schlemmen!« freute sich Dart.
»Daß es nur nicht in Völlerei ausartet, du Vielfraß!« warnte Theo. »Ihr schmecken die Fäden am besten, wenn sie sich mit Wasser vollgesogen haben«, erklärte sie den anderen.
Jim schüttelte sich vor Ekel, doch das sah niemand, weil der Rand des Kulihutes bis an die Wasserfläche reichte und sein Gesicht verbarg. Einmal schob er den Hut nach oben, um die Lage zu peilen, doch energisch zog Theo ihn wieder herunter.
»Wenn die Fäden deinen langen Zinken verbrennen, verlierst du dein gutes Aussehen«, hänselte sie ihn, wobei ihre Stimme unter ihrem eigenen Hut gedämpft klang.
Jim befühlte seine Nase, die ihm noch nie besonders lang vorgekommen war.
»Man sieht ohnehin nur Kulihüte und Fäden«, erklärte Theo.
»Woher weißt du das?«
»Ich hab selbst mal einen Blick riskiert. Ein Jammer, daß ich hier festsitze. Es hat Spaß
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