Die Drachenreiter von Pern 14 - Drachenauge
die Lippen zusammen. »Ich werde noch einmal mit ihm sprechen. Irgendwie müssen wir es schaffen, meinen Mann zu einem Kuraufenthalt zu überreden. Es wäre für ihn das Beste, und für die armen Bitraner auch. Ich könnte es nicht mit meinem Gewissen vereinbaren, in dieser Angelegenheit nicht Partei zu ergreifen.«
Gallian blickte unsicher drein.
»Keine Sorge, Gallian«, beruhigte Paulin ihn. »Bei mir finden Sie immer Halt und Stütze. Solange ich Vorsitzender der Ratsversammlung bin, habe ich für Ihre Probleme stets ein offenes Ohr. Das Konklave braucht sich nicht unbedingt an die Wünsche eines verstorbenen Burgherrn zu halten, wenn es um dessen Amtsnachfolge geht. Aber es ist wichtig, dass wir Chalkin sofort die Stirn bieten. Wir dürfen nicht einmal mehr das Ende des Planetenumlaufs abwarten, es wäre viel zu gefährlich. Wir haben Chalkins Pächter gerettet, ein ordentliches Gericht hat Recht gesprochen, und darüber ist Chalkin sehr aufgebracht.« Paulin setzte ein bitteres Lächeln auf. »Wir dürfen es nicht zulassen, dass er sich dafür an seinen Untertanen rächt, andernfalls hätten wir mit unserem Eingreifen rein gar nichts bewirkt. Sobald der Schnee abtaut, kann er sich in seiner Provinz über Land frei bewegen. Und es steht zu befürchten, dass er seine Wut über die öffentliche Schmach an unschuldigen Menschen auslässt.«
Thea erschauerte, und ihr fülliger Körper bebte unter den wattierten Gewändern. »Mit dieser Schuld kann ich nicht leben, egal, was Jamson dazu sagt.« Sie stand auf. »Jamson hat eine unruhige Nacht hinter sich. Ich werde gleich mit ihm reden, ehe es ihm wieder besser geht und er nichts von einer Kurmaßnahme wissen will. Eines ist sicher, er will nicht sterben.« Sie dachte kurz nach. »Mit Richud kommt er besser aus als mit Franco. Also werde ich Burg Ista für einen Urlaub vorschlagen. Im Übrigen wäre ich selbst nicht abgeneigt, dort zu überwintern. Wenn ich es mir recht überlege …« Sie drückte die Schultern durch. »Mir scheint, ich habe mich erkältet.« Auffällig zog sie die Nase hoch. »Mir zuliebe wird er nach Ista reisen, auch wenn er selbst Raubbau mit seiner Gesundheit treibt. Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen wollen …«
Beide Männer erhoben sich gleichzeitig mit ihr, und Gallian hielt seiner Mutter die Tür auf, als sie eiligen Schrittes an ihm vorbeirauschte, auf dem Gesicht einen verschmitzten Ausdruck. Kopfschüttelnd kehrte Gallian zu Paulin zurück.
»Das wäre das erste Mal, dass ich mich gegen meinen Vater stelle«, erklärte er unglücklich.
»Ich will Sie nicht zu etwas verführen, das Ihnen wie ein Unrecht vorkommt«, erwiderte Paulin. »Selbstverständlich respektiere ich Ihr Zögern, aber dürfen wir tatenlos zusehen, wenn Chalkin Menschen schindet?«
»Nein, das dürfen wir nicht.« Gallian seufzte und sah den Burgherrn von Fort mit entschlossener Miene an. »Ich sollte mich besser daran gewöhnen, meine eigenen Entscheidungen durchzusetzen, anstatt immer nur die Beschlüsse meines Vaters auszuführen.«
Ermutigend klopfte Paulin ihm auf die Schulter. »Das haben Sie gut gesagt, Gallian. Eines kann ich Ihnen jetzt schon verraten, Sie werden immer wieder feststellen, dass Sie sich in bestimmten Dingen geirrt und eine falsche Entscheidung getroffen haben. Ein Burgherr ist nicht gegen Schnitzer und Fehlurteile gefeit. Man muss nur immer wieder Einsicht zeigen und seine Dummheiten zu korrigieren versuchen. Und ich versichere Ihnen, wenn Sie sich in diesem speziellen Fall auf die Seite der anderen Burgherren schlagen – auch gegen den erklärten Willen Ihres Vaters –, befinden Sie sich im Recht. Wir müssen Chalkin Einhalt gebieten, doch leider ist Ihr Vater nicht imstande, sich zu dieser Erkenntnis durchzuringen.«
Gallian nickte zustimmend. Dann fragte er in forschem Ton, als habe er seine Zweifel und Bedenken endgültig ausgeräumt: »Möchten Sie ein Glas Wein trinken, Paulin?«
Paulin bejahte. Dann fuhr er fort: »Sie kommen ganz auf Ihre Mutter heraus, Gallian. Das wird Ihnen zum Vorteil gereichen … Damit will ich allerdings nicht andeuten, dass Ihr Vater ein unangenehmer Charakter ist.«
»So hatte ich das auch nicht verstanden«, entgegnete Gallian. Dann räusperte er sich. »Was geschieht eigentlich mit Chalkin, nachdem man ihn aus seiner Burg entfernt hat? Man wird ihn doch nicht zu einer der südlichen Inseln deportieren, oder?«
»Wieso eigentlich nicht?«, versetzte Paulin. »Man würde ihn natürlich nicht
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