Die Drachenreiter von Pern 14 - Drachenauge
gegen Chalkin unternehmen?« fragte Iantine verblüfft. Burgherren waren innerhalb ihrer Gebietsgrenzen autonom. Dass man dies nicht als unabänderlich hinnehmen musste, verwunderte ihn über alle Maßen.
»Er ist emsig dabei, sich seine eigene Grube zu schaufeln«, versetzte Zulaya mit schmalen Lippen.
»Es wäre wirklich ein Segen, wenn man diesem Betrüger endlich einmal die Flügel stutzte«, entgegnete Iantine ernst. »Allerdings dürften ihm seine Vergehen schwer nachzuweisen sein. Wenn ich an meine persönliche Situation denke …«
»Unser eigener Künstler im Weyr mag vielleicht nicht Ihre Ausbildung haben«, fiel K'vin ihm ins Wort, »aber Waine versicherte mir, dass es keine sieben Wochen dauert, um vier Miniaturen zu malen.«
»Insgesamt malte ich zweiundzwanzig, um vier Bilder herzustellen, die den Burgherren gefielen«, erklärte Iantine und räusperte sich erbittert. »Der Haken im Vertrag war das Wort ›zufrieden stellend‹.«
»Aha!«, erwiderten Zulaya und K'vin im Chor.
»Mir gingen Farbe und Leinwand aus, weil ich nur mitgebracht hatte, was ich in meiner Ahnungslosigkeit für erforderlich hielt.« Er hob die Hände und rieb sie dann, weil sie wieder zu prickeln anfingen. »Zu guter Letzt erkrankten die Kinder an Masern, und ehe ich mir die Kosten für den Aufenthalt vom Honorar abziehen ließ, willigte ich lieber ein, die Wandgemälde zu restaurieren. Natürlich hatte ich diese speziellen Farben nicht dabei und musste mir erst selbst welche fabrizieren.«
»Mussten Sie für den Gebrauch von irgendwelchen Gegenständen eine Gebühr bezahlen?«, erkundigte sich Zulaya zu Iantines Erstaunen.
»Woher wissen Sie das?« Als sie nur lachte und ihm zu verstehen gab, er solle mit seinem Bericht fortfahren, erzählte Iantine weiter. »Im Abfallhaufen stöberte ich nach Dingen, die ich noch verwenden konnte.«
»Das war klug von Ihnen.« Zulaya freute sich sichtlich über seinen Einfallsreichtum.
»Zum Glück fand ich ausreichend Rohmaterial für die Pigmente. Und bei Meister Domaize hatte ich gelernt, wie man sich seine Farben selbst anfertigt.« Er schluckte und fuhr fort:
»Zum Schluss fanden die Miniaturen – die in Wirklichkeit keine Miniaturen mehr waren – Gefallen; doch dann schlug der erste Blizzard zu, und wir waren eingeschneit.« Iantine lief rot an. Es war ihm peinlich, seine Torheit eingestehen zu müssen.
»Ach was! Und wie ging es dann weiter?« Zulaya bedachte K'vin mit einem wissenden Blick.
»Mittlerweile war ich ein bisschen gewitzter geworden. Jedenfalls bildete ich mir das ein«, fuhr er Grimassen schneidend fort und schilderte, mit welchen vertraglichen Klauseln er sich zu retten versucht hatte.
»Wie, er ließ Sie im Gesindetrakt hausen?«, empörte sich Zulaya. »Sie, einen Künstler mit akademischem Titel? Dagegen hätten Sie sich wehren müssen. Gewisse Annehmlichkeiten ist man einem fahrenden Handwerksgesellen und erst recht einem diplomierten Kunstschöpfer schuldig. Und die meisten Weyr und Burgen halten sich daran.«
Iantine zuckte resigniert die Achseln. »Als Lord Chalkin dann endlich sein Porträt akzeptierte, machte ich mich schleunigst auf und davon.«
K'vin klopfte ihm auf die Schulter und schmunzelte angesichts der Erleichterung, die sich auf Iantines Zügen spiegelte. »Dabei kam ich vom Regen in die Traufe und wäre vermutlich erfroren, wenn P'tero mich nicht gefunden hätte.« Seine Kehle schnürte sich zusammen, und er musste sich räuspern. »Dafür werde ich ihm ewig dankbar sein. Hoffentlich wurde er durch meine Rettung nicht von dringlichen Pflichten abgehalten.«
»Ganz und gar nicht«, versicherte K'vin. »Ich habe zwar keine Ahnung, was er drüben in Bitra zu suchen hatte, aber dieser Abstecher hat sich allemal gelohnt.«
»Was ist mit Ihren Händen?«, fragte Zulaya, der auffiel, dass er ständig die Finger gegeneinander rieb.
»Die Haut ist fürchterlich gereizt.«
»Leopol, lauf und hol etwas Taubkraut für Iantine, bitte«, rief Zulaya über die Schulter.
Der junge Künstler hatte nicht gemerkt, dass Leopol in der Nähe herumlungerte, und er war froh, dass er nicht selbst zu seiner Kammer laufen musste, um sich die Salbe zu besorgen.
»Das sind bloß die Nachwirkungen der Kälte«, meinte er und blickte auf seine Finger. Dabei bemerkte auch er die Farbreste unter den Nägeln. Er ballte die Fäuste, beschämt, mit schmutzigen Händen am Tisch zu sitzen. Plötzlich lief ihm ein kalter Schauer über den Rücken.
»Ich überlege
Weitere Kostenlose Bücher