Die Drachenreiter von Pern 15 - Drachenklänge
ihm abnahm und Lobirn reichte. Immer noch glucksend und prustend, nahm Lobirn einen großen Schluck. Das schien sein Gleichgewicht wieder herzustellen. Sich die Tränen aus den Augen wischend, winkte er die Umstehenden zu sich. Dann tippte er mit der Hand auf die Notenblätter.
»Robinton, unser jüngster Geselle, hat die meisten Lieder und Stücke komponiert, die ich euch – beim Ersten Ei! – beigebracht habe …«
»Hast du sie wirklich geschrieben, Junge?« vergewisserte sich Lotricia mit leuchtenden Augen. »Ich habe immer gesagt, nicht wahr, Lobirn, er ist ein guter und intelligenter Junge. Und dabei so bescheiden! Aber wieso steht dein Name auf keinem Blatt?«
»Ein Lehrling darf nicht mit seiner Unterschrift signieren …«
»Verstehst du jetzt, was an der Sache so komisch ist, Lotricia?«
»Nein, Lobirn, ich gebe zu, dass ich daran nichts Lächerliches finden kann. Im Gegenteil, ich halte diese Musik für unglaublich schön. Die Melodien sind so eingängig …«
»Genau das ist es! Darin besteht ja der Witz!« räumte Lobirn ein und tätschelte die Hand seiner Frau.
Lotricia blickte verständnislos drein.
»Die Musik, die Robintons Vater schreibt, wird nicht kopiert und an sämtliche Burgen und Hallen verteilt«, erläuterte Lobirn. »Robintons Musik, die er bereits im Alter von drei Planetenumläufen komponierte, kennt hingegen jeder. Verstehst du jetzt?«
Der Umstand, dass seine Gemahlin die Pointe nicht begriff, regte Lobirn dermaßen auf, dass sein Hals wieder anschwoll und sich rötete. »Der Witz geht auf Petirons Kosten. Er ist es, über den ich lache. Dieser eingebildete, hochnäsige Perfektionist besitzt nicht halb so viel Talent wie sein Sohn!«
Lobirn sprang auf, gluckste vor Lachen und schlug Robinton kumpelhaft auf die Schulter. Dann raffte er die Notenblätter zusammen, die auf dem Tisch lagen, und wollte gehen. Auf der Türschwelle merkte er, dass er Robintons angefangene Komposition in der Eile mitgenommen hatte. Kichernd gab er sie dem Jungen zurück. »Du musst mir dein neuestes Werk unbedingt zeigen, wenn es fertig ist. Ich bestehe darauf.«
Er lachte noch, als er in seinem eigenen Quartier verschwand.
»Was hatte das Ganze zu bedeuten?« wollte einer der Gesellen, ein angehender Holzschnitzer, von Rob wissen.
»Ach, das war ein Witz unter Harfnern«, winkte Robinton ab.
Der junge Holzschnitzer zuckte die Achseln und wandte sich zum Gehen.
Robinton war froh, als sich die Tür zu seinem Quartier schloss und er wieder allein war.
***
Nach diesem Vorfall änderte sich Robintons Beziehung zu Meister Lobirn drastisch. Von nun an behandelte der Meisterharfner ihn als Gleichgestellten und zollte ihm den Respekt, den er einem Harfner seines Ranges entgegengebracht hätte. Dieses Kompliment erfreute Robinton, machte ihn jedoch auch verlegen. Seine Instruktoren in der Harfnerhalle waren gütige Lehrmeister gewesen, hatten ihn stets ermutigt und unterstützt, doch immer war er ihr Schüler geblieben.
Und nun betrachtete Meister Lobirn ihn trotz des Altersunterschiedes und seiner großen Erfahrung als einen ebenbürtigen Partner. Diese Behandlung gab Robinton einen gewaltigen Auftrieb, und er nahm sich vor, niemals diesen Status auszunutzen. Im Gegenteil, er arbeitete härter als je zuvor, in dem Bestreben, Lobirn nicht zu enttäuschen.
Aber dieser Aspekt führte ihm auch überdeutlich vor Augen, wie sein Verhältnis zu Petiron beschaffen war, ließ ihn klar erkennen, was er als Kind vermisst hatte. In seiner Verbitterung nannte Rob seinen Erzeuger in Gedanken nur noch Petiron, er gewöhnte es sich systematisch ab, von ihm als seinem Vater zu denken.
Vielleicht konnte er eines Tages die schmerzlichen Kränkungen verzeihen, mit denen Petiron ihn ständig brüskiert hatte, doch bis dahin würde eine lange Zeit vergehen. Derweil sonnte er sich in der Gewissheit, von Meister Lobirn die Anerkennung zu erfahren, die Petiron ihm hartnäckig verweigert hatte. Und ganz allmählich begannen die unangenehmen Erinnerungen zu verblassen.
Nachdem der Winter im Hochland noch einmal mit Schneestürmen und klirrender Kälte kräftig angezogen hatte, setzte die Frühlingsschmelze ein und verwandelte die Wege und Berghänge in Schlammströme. An den Bäumen sprossen die ersten Knospen, und im Tal bestellten die Bauern ihre Äcker und Felder. Meister Lobirn arbeitete die Dienstpläne für seine Gesellen aus.
Bei dieser Gelegenheit entdeckte Robinton, dass es im gesamten Südwesten des Hochlands
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