Die Drachenschwestern (Die Drachenschwestern Trilogie) (German Edition)
als sie sah, dass sich bereits eine Mail von Thea in ihrem Posteingang befand.
„Habe gehört, dich hat’s jetzt auch erwischt? Warte auf Details. M. schon erreicht?“, stand da im Telegrammstil.
Wieso wundere ich mich eigentlich, Thea weiß doch immer alles als erste. Sie schrieb kurz eine Antwort im Stehen und schlug vor, am nächsten Montag zusammen Mittagessen zu gehen. Dann schmierte sie sich noch ein Erdnussbutter-Senf-Sandwich, welches sie mit Salat, Gurken, Schmelzkäse und Schinken belegte.
„Meins“, sagte sie scharf, als sie aus dem Augenwinkel heraus sah, wie sich Lance mit begehrlichem Blick ihrem Brötchen näherte.
„Spielverderber“, maulte er.
„Ich glaube kaum, dass es zu deinen Aufgaben gehört, mir permanent das Essen zu klauen.“
Sie füllte noch eine alte Vittel-Flasche mit Leitungswasser, als das Telefon klingelte. Sie warf einen Blick auf das Display um die Nummer zu sehen. 0033 – Frankreich… Wer konnte denn das sein? Mémés Nummer war es nicht, nicht mal eine Nummer aus der Nähe, was zum Glück die Möglichkeit, dass Mémé etwas zugestoßen war und man sie deshalb zu erreichen versuchte, auch ziemlich einschränkte. Eigentlich wollte ich gerade gehen, dachte sie, hin und her gerissen, ob sie rangehen sollte. Schließlich siegte doch die Neugier. „Meyer?“
„Kaja, hier spricht deine Mutter.“
„Oh, hallo Maman“, antwortete Kaja mit wenig Begeisterung. „Von wo rufst du denn an? Ich dachte, ihr seid irgendwo im Indischen Ozean?“ und ergänzte im Stillen: oder anderswo weit weg, so weit weg wie möglich.
„Wir wurden eingeladen auf diesen Empfang in Paris bei...“, ihre Mutter ratterte irgendwelche Namen herunter, die Kaja nicht das Geringste sagten.
Als es in dem Redeschwall ihrer Mutter eine klitzekleine Unterbrechung gab, schaltete sich Kaja blitzschnell dazwischen und unterbrach sie abrupt: „Und weshalb rufst du mich an?“
„Ich werde mich doch wohl noch erkundigen dürfen, wie es meiner einzigen Tochter geht! Und nachdem du uns nicht mehr anrufst, habe eben ich zum Hörer gegriffen.“
Das war Maman live. Immer die ganze Situation umdrehen und versuchen, Schuldgefühle zu wecken. Kaja hatte das so satt. Früher hatte sie oft angerufen. Ihre Eltern hatten ihr jedoch mehr als einmal zu verstehen gegeben, dass sie zu beschäftigt seien, Zeit mit ihrem Kind am Telefon zu verplempern.
Deshalb antwortete sie jetzt nur knapp und mit ein klein wenig boshafter Befriedigung in der Stimmung: „Mir geht’s gut, allerdings wurde ich heute gerade fristlos entlassen und weiß noch nicht genau, was ich jetzt machen werde.“
Was einen erneuten Monolog ihrer Mutter startete, in dem es vor allem darum ging, was Kaja alles falsch gemacht haben musste, dass es so weit kommen konnte. Kaja hielt den Hörer einen Meter weg vom Ohr. Das meiste, was ihre Mutter sagte, kannte sie schließlich schon und sie hatte nicht vor, sich das alles noch einmal anzuhören. Lance blickte sie mitfühlend an und sie schnitt ihm eine Grimasse.
In der nächsten Sekundenpause schaltete sie sich wieder dazwischen und sagte kurz: „Mémé lässt dich grüssen und danke fürs Anrufen, aber ich muss jetzt leider los.“ Sie wartete die Antwort gar nicht erst ab und hängte auf. „Puh, geschafft. Das hätte ich heute nicht auch noch gebraucht.“ Niemand, nicht einmal der Abteilungsleiter, schaffte es, sie in kürzester Zeit so runterzuziehen, wie ihre Mutter. „So, jetzt können wir endlich los.“ Sie schnappte sich ihren Proviant, wunderte sich kurz, wie ihr Brötchen so lange überlebt hatte mit diesem gefrässigen Drachen an ihrer Seite.
„Na hör mal“, wehrte er sich, „ich klau doch nicht dein Sandwich, wenn diese, diese…“ er suchte nach einem Wort.
„Rabenmutter?“, half Kaja ihm weiter, schon ein wenig besser gelaunt. Erleichtert stimmte er ihr zu.
„Ja, Rabenmutter. Das ist glaube ich das Wort, dass ihr Menschen dafür benutzt. Auch wenn ich nicht weiß, was ihr Menschen gegen Raben und ihre Eltern haben. Aber ich schweife wieder einmal ab. Wenn diese Rabenmutter dich nervt, klaue ich nicht auch noch dein Essen“, schloss der Drache verlegen.
Kaja ging auf ihn zu und drückte ihn ganz fest. „Wenn du dir Mühe gibst, wie gerade eben, bist du richtig süss!“
„Süss, ich doch nicht! “ wehrte Lance prompt entsetzt ab und fauchte furchterregend, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen. „Gehen wir jetzt endlich?“
Am Türlersee angekommen, ließ Kaja
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