Die Drachenschwestern
würde und sehr
wahrscheinlich dem Geheimnis von Sierra auf die Spur käme. Mit Tim hatte das
gar nichts zu tun. Überhaupt nichts.
„Weißt du, wenn Selbstbetrug eine olympische Disziplin wäre, würdest du
glatt die Goldmedaille gewinnen“, spottete Lance. Sie war dann doch klug genug,
nicht auf seine Bemerkung einzugehen.
Was ziehe ich denn
morgen an, überlegte sie hektisch.
„Das ist wirklich eine Frage von ausserordentlicher Wichtigkeit, wenn
man bedenkt, dass du morgen eine Securityfirma besuchst und ein bedeutungsloses
Abendessen mit Tim hast“, ließ sich Lance vernehmen. Er fläzte sich auf Kajas
Bett und beobachtete sie, wie sie ratlos vor ihrem Kleiderschrank stand.
„Ach du, sei doch still. So bist du mir keine große Hilfe.“ Ist ja
auch idiotisch, von einem Drachen eine Modeberatung zu erwarten, sonst sehe ich
am Ende noch aus, wie ein mittelalterliches Burgfräulein.
„Das habe ich gehört“, ertönte Lance‘ Stimme belustigt.
„Ich rufe jetzt Miri an. Das bringt wahrscheinlich mehr“, beschloss
Kaja.
„Kannst du vorbei
kommen? Es ist sozusagen ein Notfall“, bat Kaja am Telefon.
„Ja klar, mache
ich. Ich muss später einfach nochmal weg.“
„Nochmal weg?“ Verwirrt blickte Kaja auf ihre Armbanduhr. Fast acht
Uhr. „Du bist wohl wirklich eine Nachteule.“
„Mm“, gab Miri
unbestimmt zur Antwort. „Soll ich jetzt kommen oder nicht?“
„Ja gerne, du bist
ein Schatz!“, meinte Kaja erleichtert.
Schon eine Viertelstunde später stand Miri vor der Tür. „Das war ja
schnell“, begrüßte Kaja sie erfreut.
„So, wo brennt’s
denn?“, wollte Miri wissen und folgte Kaja in die Wohnung.
„Ach, am besten kommst du gleich mit in mein Schlafzimmer. Ich hoffe,
dass ich morgen von Tim zum Essen eingeladen werde.“
„Was heißt denn, du
hoffst?“
„Na ja, ich habe mich quasi selber eingeladen, per SMS – aber bis
jetzt habe ich noch keine Antwort bekommen.“
„Dabei hat sie ihn vor Urzeiten angefragt. Es ist mindestens schon
eine halbe Stunde her…“, stichelte Lance, der immer noch auf ihrem Bett lag.
Kaja streckte ihm die Zunge raus und Miri musste sich ein Schmunzeln
verkneifen.
„Was machst du
denn morgen in Bern?“
„Ach, das habe ich
dir vor lauter Aufregung noch gar nicht erzählt“
„Ach was, du bist
aufgeregt?“, mischte sich Lance wieder ein.
„Okay, okay, ich bin aufgeregt. Und das ist alles nur deine Schuld“,
behauptete sie und tippte Lance vorwurfsvoll an die Brust.
„Meine? Weshalb
denn?“, entrüstete sich dieser.
„Du hast mir doch
den Tipp gegeben, das Ganze einfach zu genießen.“
„Das vielleicht schon. Aber da hattest du dich ja schon verguckt in
diesen Tim. So was nennt man Schadensbegrenzung“, verteidigte er sich.
„Könnt ihr zwei Streithähne jetzt vielleicht mal aufhören“, ging Miri
dazwischen. „Dann könnten wir uns nämlich endlich unserer Kleiderfrage hier
widmen.“ Sie zog eine dunkelblaue Jeans aus dem Schrank und ein silbergraues
langärmliges Oberteil, das einen weiten Halsausschnitt besaß. „Versuchs mal
damit“, meinte sie und hielt Kaja die beiden Kleidungsstücke hin.
Zweifelnd sah sie auf die beiden Kleidungsstücke in ihrer Hand. „Ich weiß
gar nicht, ob ich dieses T-Shirt überhaupt schon einmal getragen habe.“
„Na, dann wird’s
ja wohl Zeit“, meinte Miri resolut und schob sie ins Badezimmer.
„Und? Wie findest du es?“ Kaja drehte sich einmal um ihre eigene
Achse. Der Halsausschnitt reichte beinahe von Schulter zu Schulter und ließ einen
schönen Ausblick auf Kajas Hals und ihre Schlüsselbeinpartie frei. Der weiche
Stoff fiel locker bis zur Taille und schmiegt sich schimmernd an die sanften
Kurven von ihrem Körper. Die Jeans saß tief auf der Hüfte und betonte ihr gut
trainiertes Hinterteil, ohne es platt zu drücken.
„Also ich würde dich auf jeden Fall auf der Stelle ins Bett zerren
wollen, wenn ich ein Mann wäre. Hast du noch hochhackige Schuhe dazu?“
„Ich dachte an meine hohen Stiefel. Mit denen kann ich notfalls auch
eine längere Strecke gehen, wenn‘s denn sein muss.“
„Ich dachte, du
wolltest Abendessen gehen und nicht schon wieder Wanderferien machen?“
„Ich bin gerne auf alle Eventualitäten vorbereitet“, antwortete Kaja
verlegen. Miri hatte inzwischen aus den Tiefen von Kajas Schrank noch einen
ellenlangen und dünnen, blaugrünen Schal gefischt, den sie ihr jetzt um den
Hals wickelte. „So, und jetzt hol noch deine Stiefel, damit wir uns
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