Die Drachenschwestern
ungewöhnlich
zurückhaltend. Sie hatte ihn eben ziemlich beeindruckt. So entschlossen und
entscheidungsfreudig kannte er seinen Schützling gar nicht. Kaja warf ihm wegen
dieser ungewöhnlichen Ansage einen ungläubigen Blick zu der so viel heißen
sollte wie: wer’s glaubt wird selig, äußerte sich aber nicht dazu. Auf dem Weg
zurück ins Büro, meinte Lance stichelnd: „Vielleicht solltest du diesen Michael
ein wenig in der Nähe behalten, er bringt offensichtlich nur das Beste in dir
zum Vorschein.“ Anstelle einer Antwort zersprang eine Neonröhre über ihren
Köpfen.
„So so, nur das Beste“, antwortete Kaja. Ihre Mundwinkel
zuckten, während sie sich bemühte einen ernsten Gesichtsausdruck beizubehalten.
„Aha“, stellte Lance fest. „Nachdem du jetzt den Dreh
raus hast, wie du die Zerstörung im Rahmen behalten kannst, fängt es dir an, Spaß
zu machen.“
Kaja streckte ihm die Zunge raus, konnte aber nicht
verhindern, dass sich ein zufriedenes Lächeln auf ihr Gesicht stahl.
„Du siehst aus, als wärst du eine Katze, die gerade den
Schlüssel zum Wagen des Milchmanns gefunden hat.“
Kaja verbesserte ihn kichernd: „Wie eine Katze, die
gerade Sahne geleckt hat. Ich sollte deine Sprüche sammeln und veröffentlichen.
Die würden weggehen wie warme Semmeln.“
„Was hat jetzt Brot mit Büchern zu tun?“ Lance wirkte
sichtlich irritiert. Kritik war noch nie seine Stärke gewesen.
Kaja, die das inzwischen auch schon gemerkt hatte,
winkte nur lachend ab und meinte: „Schmoll jetzt nicht, wir haben Wichtigeres zu
tun. Zumindest ich. Ich muss herausfinden, wo Max steckt, was hier bezüglich
meiner Anstellung läuft und dann treffe ich mich ja auch schon mit Thea.“
Frustriert legte Kaja den Telefonhörer auf. Sie hatte
versucht, Max anzurufen. Aber offensichtlich war es unmöglich, Max zu
lokalisieren. Wie vom Erdboden verschluckt. Weiterbildung als Abwesenheitsgrund
war ja schön und gut. Nur, was für eine Weiterbildung? Wo sollte die
stattfinden? Und wann war wieder mit ihm zu rechnen? Auf alle diese Fragen
konnte, oder treffender gesagt: wollte ihr keiner eine Antwort geben.
Zusätzlich hatte sie das Gefühl, absichtlich hingehalten zu werden. Nachdem sie
sich endlich überwunden hatte, auch Frentzen anzurufen, hatte die doofe Kuh von
einer Sekretärin sie mit der Auskunft, ihr Chef sei den ganzen Tag bei
wichtigen Sitzungen, abgewimmelt. Und den Nerv, einfach in sein Büro zu platzen,
um selber festzustellen, ob diese Aussage den Tatsachen entsprach, hatte sie
momentan einfach nicht. Sie seufzte. Und als ob das noch nicht genug wäre,
schlichen sich immer wieder Tim und der Kuss in ihr Gedächtnis. Der Kuss?!? Da
war ja noch gar kein Kuss gewesen! Mal abgesehen von dem kleinen, den er sich
an ihrem ersten Abend in Frankreich gestohlen hatte. Und dieser nicht ganz
ernstzunehmende, fast schon unschuldige Versuch hatte nun so gar nichts gemein
mit den Bildern in ihrem Kopf und den Gefühlen, die dabei in ihrem Bauch und an
anderen Stellen ihres Körpers ausgelöst wurden. Sie seufzte. Jetzt hatte sie schon
erotisch angehauchte Tagträume, die Tim einschlossen. Das wurde ja immer
besser. War sie womöglich unbewusst zu einem schwärmenden Teenie mutiert, der
keine Kontrolle über sich selbst hatte? fragte sie sich angewidert.
„Das ist ja schon bald nicht mehr jugendfrei, was in deinem
Kopf vorgeht…“ machte Lance sich denn auch prompt lustig.
„Wirst
du wohl still sein und vor allem raus aus meinem Kopf!“
Sie spürte, wie ihre Ohren heiß anliefen. Na toll, jetzt
wurde sie auch noch rot und das nur, weil ein Fabelwesen, das es eigentlich gar
nicht geben durfte, sie auf den Arm nahm. Schwups, befand sie sich in
eineinhalb Metern Höhe über dem Boden.
„Hey,
was soll das? Lass mich sofort runter!“
Worauf
sie prompt ziemlich unsanft auf ihrem Hinterteil landete. „Sag mal, spinnst du?!“
„Du hast doch gesagt, ich soll dich auf den Arm nehmen
und dann willst du gleich wieder runter“, verteidigte Lance sich.
Zorro schien die ganze Situation als eine Aufforderung
zum Spielen zu verstehen und beeilte sich mit Anlauf auf Kajas Bauch zu
springen, um ihr begeistert das Gesicht zu lecken. „He, runter da!“
„Was ist denn hier los“, ließ sich eine amüsierte Stimme von der Tür
vernehmen.
„Oh, äh, Thea, komm doch rein.“ Kajas Wangen brannten.
„Zorro hatte nur eben seine verrückten fünf Minuten.
„Unfair“,
grummelte Zorro neben ihr. „Ich wollte doch bloß
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