Die drei !!!, 20, Beutejagd am Geistersee
habe ihn sehr geliebt. Sein Tod hat mir das Herz gebrochen.«
Marie setzte sich neben Vicky und legte ihr tröstend den Arm um die Schultern. Sie hatte ihre Mutter ebenfalls früh verloren und wusste, wie tief der Schmerz um einen geliebten Menschen saß. Er ließ einen nie ganz los. »Seit wann weißt du, dass dein Vater der dritte Bankräuber war?«, fragte sie sanft.
Vicky schluchzte auf, ehe sie antwortete. »Erst seit ein paar Wochen.« Sie zog einen zerknitterten Brief aus ihrer Hosentasche und reichte ihn Kim. »Den hab’ ich an meinem achtzehnten Geburtstag bekommen.«
Kim faltete den Brief auseinander. Er war handgeschrieben. An einigen Stellen war die Schrift verwischt. Es sah aus, als wären Tränen daraufgefallen. Als Kim einen Blick auf die Unterschrift warf, wurde ihr eiskalt. Dort stand: Dein Papa . Sie hielt den Brief eines Toten in der Hand! Halblaut begann sie zu lesen.
»Meine süße kleine Vicky, mein Goldschatz,
wenn Du diesen Brief bekommst, wirst Du schon fast erwachsen sein. Bestimmt bist Du eine wunderhübsche junge Frau geworden. Aber vielleicht erinnerst Du Dich trotzdem noch an die Legende von den Kobolden, die ihr Gold im See versenkten. Ich habe sie Dir oft erzählt. Natürlich bist Du inzwischen viel zu alt für solche Geschichten. Ich hoffe, Du hast Dir trotzdem ein wenig von Deinem kindlichen Glauben bewahrt. Denn die Legende ist wahr! Es befindet sich tatsächlich ein Goldschatz im See. Ich schreibe Dir das, weil ich möchte, dass es Dir gut geht und Du eine sorgenfreie Zukunft hast. Geh’ zur Bank im Ort und schau’ in das Schließfach, das ich dort gemietet habe. Ich hoffe, Du hast den Schlüssel gut aufgehoben. Wenn Du das Gold gefunden hast, geh’ fort und fang’ irgendwo ein neues Leben an.
Ich wünsche Dir alles, alles Gute, meine Süße. Mach’ mehr aus Deinem Leben, als ich es getan habe.
In ewiger Liebe,
Dein Papa«
Kim ließ den Brief sinken. Schweigen breitete sich im Gartenhäuschen aus. Die drei !!! waren völlig fassungslos. So etwas hatten sie bei allen neunzehn Fällen, die sie bisher gelöst hatten, noch nicht erlebt.
Marie erholte sich als Erste von dem Schock. Sie wischte sich verstohlen eine Träne aus dem Augenwinkel. »Wann hast du den Brief bekommen?«
Vicky atmete zitternd ein und wieder aus. »Vor zwei Wochen, an meinem achtzehnten Geburtstag. Ein Notar aus dem Nachbarort hat ihn mir geschickt. Papa hat ihn vor seinem Tod damit beauftragt. Der Notar hat für mich eine Vollmacht für das Schließfach, darum wurde es nach Papas Tod nicht geöffnet. Er hat auch die Zugangskarte und den Geheimcode beigelegt, damit ich an das Schließfach herankomme.«
Kim kam ein schrecklicher Gedanke. Sie wagte kaum, ihn auszusprechen. »Aber das heißt ja …«, begann sie.
Vicky sah ihr direkt in die Augen. Sie erriet, was Kim sagen wollte, und nickte. »Ja, das heißt, dass der Tod meines Vaters kein tragischer Unfall war. Es spricht alles dafür, dass er absichtlich ins Wasser gegangen ist. Und vorher hat er mir diesen Brief geschrieben.«
»Wie furchtbar!« Franzi war kreidebleich. »Warum hat er das getan?«
Vicky seufzte. »Wenn ich das wüsste! Ich hab’ mir schon endlos den Kopf deswegen zerbrochen, aber ich kann nur spekulieren. Offenbar war mein Vater in den Bankraub verwickelt. Ihr wisst vielleicht, dass ein Wachmann beidem Überfall schwer verletzt wurde. Ich nehme an, dass Papa die Sache nicht verkraftet hat. Er war ein durch und durch lieber und sehr sensibler Mensch, aber er konnte nicht nein sagen. Vermutlich hat Onkel Karl ihn mit Versprechungen gelockt und so zu dem Bankraub überredet.«
»Wusste deine Mutter davon?«, fragte Kim.
»Ich glaub’ schon.« Vicky wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. Ihre Augen waren immer noch gerötet, doch sie weinte nicht mehr. »Aber das Thema ist tabu. Mama hat sich kurz vor Papas Tod von ihm getrennt. Vermutlich macht sie sich heute noch Vorwürfe deswegen. Ich schätze, sie fühlt sich für seinen Tod verantwortlich.«
Kim versuchte, ihre Gedanken zu sortieren. Der Fall setzte ihr ganz schön zu, und ihre Gefühle fuhren Achterbahn. Vicky und Clarissa taten ihr wahnsinnig leid. Aber wenn sie den beiden helfen wollte, musste sie einen klaren Kopf behalten. Sie schloss kurz die Augen und ging den Inhalt des Briefes noch einmal durch.
Dann öffnete sie die Augen wieder. »Wenn ich das richtig verstehe, hat dein Vater das Gold aus dem Bankraub irgendwo auf dem Grund des Sees
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