Die drei Ehen der Grand Sophy
ein Chor, wie die alten Griechen ihn verwendeten, mißfällig?«
Als Lord Charlbury feststellte, daß sein Nebenbuhler auch nun, da der Vorwand der Erkundigung nach Amabels Befinden fortgefallen war, die Besuche auf Berkeley Square fortsetzte, wurde er unsicher und forderte von seiner Ratgeberin eine Erklärung. Er brachte sie gerade in seiner Karriole nach Merton, und als sie ihm offen sagte, was geschehen war, hielt er den Blick lange auf die Straße gerichtet und sprach nicht. Schließlich raffte er sich auf und sagte: »Ich verstehe. Wann ist also mit der Verlobung zu rechnen?«
»Überhaupt nicht«, erwiderte Sophy. »Machen Sie kein so unglückliches Gesicht, mein lieber Charlbury. Dazu haben Sie gar keine Veranlassung. Die arme Cecy hat in all diesen Wochen endgültig begriffen, daß sie ihr Herz mißverstanden hat.«
Mit einem Ruck wandte er sich ihr zu und starrte sie an. »Wirklich? Sophy, treiben Sie kein Spiel mit mir! Zugegeben, ich dachte … ich hoffte bereits … nun, dann will ich mein Glück noch einmal versuchen, bevor es zu spät ist.«
»Charlbury, für einen vernünftigen Menschen reden Sie ziemlich ungereimtes Zeug. Was stellen Sie sich wohl vor? Was soll die Arme, bitte, in ihrer Lage antworten?«
»Aber wenn sie Fawnhope nicht liebt – wenn sie vielleicht bedauert, mich abgewiesen zu haben –?«
»Das tut sie natürlich, aber solche Dinge scheinen einem nur einfach, solange man sie oberflächlich betrachtet. Blicken Sie tiefer! Wenn die Positionen umgekehrt wären – Sie der arme Poet, Augustus der Glücklichere –, vielleicht ließe sie sich dazu bringen, auf Sie zu hören. Aber dem ist nicht so! Auf der einen Seite der Poet, dem sie erklärt hat, daß sie ihn gegen den Willen der Familie heiraten will … und Sie müssen schließlich zugeben, daß er ihr eine ganz ungewöhnliche Treue bewahrt!«
»Der –! Wenn der überhaupt einen anderen Gedanken hat als seine gestelzten Verse, dann weiß ich nichts mehr!«
»Hat er nicht, aber Sie dürfen doch nicht erwarten, daß meine Kusine das begreift! Seit ich nach England gekommen bin, hängt er ihr an, gönnt keiner anderen Frau einen Blick, und das muß in den Augen der Welt als eine ganz ungewöhnliche Ergebenheit erscheinen! Sie dagegen, mein armer Charlbury, leiden an zwei Nachteilen – an Ihrem Rang und Ihrem Reichtum! Wie herzlos müßte Cecilia sein, den Poeten fortzuschicken und Sie zu heiraten! Verlassen Sie sich darauf, daß solche Dinge in ihrem Herzen Gewicht haben. Ihr Wesen ist der reine Zartsinn: ohne ernste Gründe wird sie nicht jemandem Schmerz zufügen, von dem sie glaubt, daß er mit seinem ganzen Herzen an ihr hängt. Da hilft nur etwas: wir müssen ihr ernste Gründe dazu liefern.«
Er begriff sie gut genug, um sich unbehaglich zu fühlen. »Wie sollen wir das anstellen, Sophy?«
»Nun, Cecy muß eben fühlen, daß gerade Sie des Mitleids würdig sind.«
Sein Unbehagen wurde zu düsterster Ahnung. »Du lieber Gott, aber wie?«
Sie lachte. »Ich glaube, es ist besser für Sie, wenn Sie das nicht wissen, Charlbury.«
»Nun hören Sie aber, Sophy –«
»Nein, warum sollte ich das? Sie äußern sich zu dieser Frage nicht, und überdies sind wir gerade am Ziel, es bleibt uns gar keine Zeit, sie zu erörtern. Sie müssen mir einfach vertrauen, das ist alles, bitte!«
Die Karriole bog eben in die Auffahrt ein. »Gott sei mein Zeuge«, rief er, »ich vertraue Ihnen nicht und hab es nie getan!«
Sie fanden die Marquesa allein und überraschend wach. Sie begrüßte Sophy herzlich, aber ein wenig gezwungen, und alsbald kam heraus, daß sie erst vor zwei Tagen aus Brighton zurückgekehrt war, wo sie zwei Wochen verbracht hatte.
»Brighton?« rief Sophy. »Davon hast du mir doch gar nichts gesagt, Sancia! Was hat dich plötzlich so dahin gezogen?«
»Aber, Sophy, wie hätte ich es dir denn sagen können, wenn du dich in ein Krankenzimmer einsperrst und mich gar nicht mehr besuchst? Immer auf einem Platz hocken – majadero!«
»Schön und gut, aber es war doch deine Absicht, bis zur Rückkehr Sir Horaces zurückgezogen zu leben! Hast du etwa Nachrichten von ihm bekommen –«
»Nein, bestimmt nicht! Kein Wort.«
»Oh«, sagte Sophy, ein wenig aus dem Konzept gebracht. »Nun, seine Reise war von Erfolg begleitet, und jetzt können wir ihn jeden Augenblick zurückerwarten. Es ist auch kaum wahrscheinlich, daß zu dieser Jahreszeit ungünstiges Reisewetter einsetzt. Hatte der Herzog von York den Besuch seines
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