Die drei Ehen der Grand Sophy
Bruders?«
Die Marquesa schlug weit die Augen auf. »Wie soll ich das wissen, Sophy? Die sehen einander alle gleich, die königlichen Prinzen: dick und – wie sagt man doch? – embotado! Ich kann den einen nicht vom andern unterscheiden.«
Sophy mußte sich damit zufriedengeben. Als sie wieder zurückfuhren, fragte ihr Begleiter ärgerlich: »Warum waren Sie so außer sich, Sophy? Darf die Marquesa nicht nach Brighton fahren, wenn alle Welt hinfährt?«
Sie seufzte. »Nicht, wenn Sir Vincent Talgarth gerade dort ist, und eben das befürchte ich. Ich sah sie nie so animiert!«
»Ein höchst enttäuschender Anblick! Sie hat mein Herz damit gewonnen, daß sie unter meinen Augen einschlief.«
Sie lachte, äußerte nichts dazu und blieb zerstreut, bis sie am Berkeley Square abgesetzt wurde, wo Mr. Rivenhall sie bereits in beträchtlicher Mißlaune erwartete. Dies belebte sie wieder, und ohne Zögern beantwortete sie seine Frage, wo sie gewesen sei.
»Du bist doch nicht allein gefahren?«
»Keineswegs. Charlbury brachte mich hin.«
»Ich verstehe! Erst bringst du dich mit Talgarth ins Gerede, und jetzt mit Charlbury! Prächtig!«
»Ich verstehe dich nicht ganz«, sagte Sophy, die reinste Unschuld, nur darauf bedacht, klar zu sehen. »Ich dachte immer, dein Einwand gegen Sir Vincent wäre, daß er für einen Schürzenjäger gilt. Dieser Argwohn kann doch Charlbury nicht treffen? Es hat doch sogar eine Zeit gegeben, da du deine Schwester mit ihm verheiraten wolltest!«
»Was ich noch mehr wollte, wäre, daß meine Kusine nicht in den Ruf der Leichtfertigkeit gerät!«
»Warum?« fragte Sophy und sah ihn scharf an. Da er nicht antwortete, fragte sie nach einer Pause: »Welches Recht hast du, Charles, Einspruch zu erheben gegen etwas, was mir zu tun beliebt?«
»Wenn der gute Geschmack dir nicht –«
»Welches Recht, Charles?«
»Gar keines! Tu, was du willst! Mir kann es gleich sein! An Everard hast du eine leichte Eroberung! Hätte ihn nicht für so flatterhaft gehalten. Aber gib acht, daß du nicht deinen anderen Anbeter verlierst, wenn du diesen Flirt zu weit treibst – denn mehr ist das doch wohl nicht!«
»Bromford? Wie skandalös das doch wäre! Du hast recht, mich zu warnen. Charlbury hat bereits Angst, von ihm gefordert zu werden.«
»Ich hätte mir denken können, daß ich von dir nur leichtfertige Antworten zu hören bekomme!«
»Das war nur die Antwort auf lächerlichen Tadel. Ich bin nicht immer so.«
»Sophy –«, er tat einen hastigen Schritt vor, hob die Hand, ließ sie aber sofort wieder fallen. »Wenn du doch nie zu uns gekommen wärst!« Er wandte sich ab, stützte den Arm auf den Kaminsims und starrte auf die leere Feuerstelle.
»Das ist unfreundlich, Charles!«
Er schwieg.
»Nun, du wirst mich jetzt ja bald los sein. Sir Horace kann jeden Augenblick eintreffen. Dann wirst du froh sein.«
»Ich muß froh sein.« Er sprach diese Worte fast unhörbar, hob auch nicht den Kopf oder versuchte sie zurückzuhalten, als sie das Zimmer verließ.
Dieser Wortwechsel hatte in der Bibliothek stattgefunden. Sophy trat in die Halle, eben als Dassett das Haustor öffnete und Mr. Wychbold einließ, der in seinem Radmantel mit unzähligen Pelerinen, seinen glänzenden Reitstiefeln und dem Sträußchen im Knopfloch über die Maßen schmuck aussah. Er war eben im Begriff, seinen hohen Biberhut auf das Marmortischchen zu legen, griff aber bei Sophys Anblick wieder danach, um seiner Reverenz Nachdruck zu verleihen. »Miss Stanton-Lacy! Ihr gehorsamster Diener!«
Sie war überrascht, ihn zu sehen, denn er war seit Wochen von London fern gewesen. »Was für eine Freude! Ich wußte gar nicht, daß Sie in London sind.«
»Eben heute eingetroffen, Gnädigste. Hörte von Charlbury, wie schlimm es Ihnen ergangen ist: war zeitlebens nicht so außer mir! Sofort hierher geeilt!«
»Das sieht Ihnen ähnlich! Danke, es geht ihr wieder gut, nur ist sie schrecklich mager, die arme Kleine, und abgezehrt! Gerade Sie habe ich mir gewünscht! Kutschieren Sie selbst? Müssen Sie meine Kusine gleich sehen oder fahren Sie mich eine Runde durch den Park?«
Er fuhr seinen Phaeton, und so gab es auf ihre Bitte nur eine Antwort. Galant komplimentierte er sie aus dem Hause, äußerte aber die Warnung, zu dieser Jahreszeit werde es im Park nur Volk zu sehen geben.
»Und was befehlen Sie, Sir, daß ich Mr. Rivenhall bestelle?« fragte Dassett und richtete sein mißbilligendes Auge auf einen Punkt über Mr. Wychbolds
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