Die drei Ehen der Grand Sophy
Pflaumenkuchen, an dem Sophy sich herzhaft ergötzte. Draußen ging jetzt ein starker Regen nieder, und der Himmel war so bleigrau, daß nur wenig Licht in die niedrigen Räume des Landhauses drang. Trotz lebhaftem Suchen fanden sich nur ein Paar Talgkerzen, aber Mrs. Clavering brachte eine Lampe in die Halle, die, nachdem man die Fenstervorhänge zugezogen, eine Atmosphäre der Gemütlichkeit verbreitete.
Es dauerte nicht lang, als das Geräusch eines vorfahrenden Wagens an ihre Ohren drang. Schon war Sophy aufgesprungen. »Sancia!« rief sie und warf ihrem Gast ein mutwilliges Lächeln zu. »Nun werden Sie sich gleich wohler fühlen!« Sie nahm die Lampe auf, trug sie zur Tür, die sie weit öffnete, um, auf der Schwelle stehend, mit der hochgehaltenen Lampe in die Nacht hinauszublicken. Im strömenden Regen gewahrte sie den Landauer der Marquesa und Sir Vincent Talgarth, der aus dem Wagen sprang, um der Marquesa behilflich zu sein. Im nächsten Augenblick wurde Mr. Fawnhope sichtbar, der verständnislos herüberblickte, während der Regen ungehindert auf seinen bloßen Kopf herabströmte.
»Ach, Sophy, was soll das nur?« jammerte die Marquesa, als sie sich unter das Vordach des Einganges geflüchtet hatte. »Dieser Regen! Mein Dinner! Das ist wirklich zu schlecht von dir!«
Sophy ging auf diese Klagen nicht ein, sondern wandte sich an Sir Vincent.
»Was zum Teufel, soll das? Wieso haben Sie Sancia begleitet, und warum in drei Teufels Namen, bringen Sie Augustus Fawnhope angeschleppt?«
Das Lachen drohte ihn zu ersticken. »Teuerste Juno, lassen Sie mich erst einmal aus der Nässe herauskommen! Und was Fawnhope betrifft, so haben Sie doch selber Erfahrung mit ihm – ihn bringt man nicht mit, er kommt! Als Ihre Botschaft eintraf, las er gerade Sancia die ersten zwei Akte seiner Tragödie vor. Auch auf der Fahrt hat er weitergelesen, bis es einfach zu dunkel wurde.« Er erhob seine Stimme und rief: »Ins Haus mit Euch, hingerissener Poet! Ihr werdet durchnäßt, wenn Ihr dort länger steht!«
Mr. Fawnhope erwachte aus seiner Versunkenheit und kam näher.
»Nun gut«, sagte Sophy, bereit, sich mit allem abzufinden, »herein muß ich ihn wohl lassen, aber es ist ein grausames Mißgeschick.«
»Also Sie sind es!« rief Mr. Fawnhope und starrte sie an. »Einen Moment lang glaubte ich, wie Sie so dastanden, die Lampe über Ihrem Haupt, eine Gottheit zu erschauen. Eine Gottheit! Oder eine jungfräuliche Vestalin.«
»Nun, an Ihrer Stelle«, unterbrach ihn Sir Vincent nüchtern, »würde ich erst einmal aus dem Regen hereinkommen und hier die Verwechslungen berichtigen.«
XVII
ALS LADY OMBERSLEY MIT ihren Töchtern am späten Nachmittag heim kam, fand sie Miss Wraxton im Hause wartend vor. Nachdem Miss Wraxton Lady Ombersley innig begrüßt hatte, erklärte sie, sie habe Platz genommen und gewartet, denn sie sei die Überbringerin einer Nachricht von Mama. Lady Ombersley war um Amabel besorgt, die müde aussah und auf dem Heimweg über leichte Kopfschmerzen geklagt hatte; so sagte sie nur geistesabwesend: »Dann bitte ich, der Frau Mama meinen Dank zu überbringen. Amabel, komm in den Salon hinauf, ich will dir die Stirn mit Essig einreiben! Du wirst sehen, Liebes, gleich wird dir besser!«
»Die liebe Kleine!« sagte Miss Wraxton. »Sie sieht noch recht angegriffen aus. Nun, um zu meiner Sache zu kommen, wir haben die schwarzen Handschuhe ausgezogen, und Mama möchte, da die Trauerzeit um ist, zu Ehren des bevorstehenden Ereignisses, einen Empfang geben – nur in engem Rahmen, keine große Affäre, denn es sind ja nicht viele Leute von Bedeutung in der Stadt – auf jeden Fall möchte sie das Datum so festlegen, daß es mit den Arrangements dieses Hauses in Einklang steht. Das ist also mein diplomatischer Auftrag.«
»Sehr lieb von ihr«, murmelte Ihre Ladyschaft. »Wir kommen natürlich sehr gern – jeder Tag ist uns recht, wir haben ja im Augenblick fast keine Verpflichtungen. Jetzt bitte ich aber um Entschuldigung, ich kann nicht bleiben, Amabel fühlt sich gar nicht wohl. Cecilia wird alles arrangieren. Komm, Liebste!«
Noch im Sprechen geleitete sie bereits die jüngste Tochter die Treppe hinauf und bemerkte dabei nicht, daß Cecilia, der Dassett wortlos Sophys Brief überreicht hatte, gar nicht zuhörte. Unter den gespannten Blicken des Kammerdieners las Cecilia mit fassungslosem Staunen den Brief, tödlich erblaßt. Nun blickte sie auf, trat einen Schritt vor und bewegte die Lippen, als wollte
Weitere Kostenlose Bücher