Die drei Ehen der Grand Sophy
ausgesprochen häßlich sein sollte, was ich keinen Augenblick für möglich halte, denn auch du wirst zugeben, daß Horace ein hübscher Mann ist, und die arme Marianne war überaus schön, wenn du dich ihrer auch nicht erinnern kannst … nun, selbst wenn sie häßlich wäre, müßte es doch die leichteste Sache von der Welt sein, eine standesgemäße Ehe für sie zu arrangieren.«
»Sehr leicht, aber du überläßt das doch lieber meinem Onkel.« Mehr äußerte er darüber nicht.
In diesem Augenblick hielt die Gesellschaft aus dem Kinderzimmer ihren Einzug im Salon, von Miss Adderbury geleitet, einem grauen Mäuschen, das ursprünglich engagiert worden war, Lady Ombersleys zahlreiche Kinder in ihre Obhut zu nehmen, als Charles und Maria alt genug befunden wurden, der eifersüchtigen Pflege der Amme entzogen zu werden. Ein zwanzigjähriges Leben in diesem Haushalt unter der Ägide einer wohlwollenden Herrin und überdies ermutigt durch die Zuneigung ihrer Zöglinge hätte seit langem genügen müssen, Miss Adderburys Nervosität zu heilen, aber diese hatte die Jahre überdauert. Alle ihre Fähigkeiten – und diese umfaßten außer einer hinreichenden Beschlagenheit im Lateinischen, um sogar kleine Jungen auf die höhere Schule vorzubereiten, die gründliche Kenntnis des Globus, eingehende Kenntnisse in der Musiktheorie, ausreichendes Können auf dem Klavier und der Harfe, um nicht unbescheidenen Ansprüchen zu genügen, und beträchtliches Talent im richtigen Gebrauch der Wasserfarben – all das zusammen gab ihr nicht genug Rückhalt, ohne inneres Erbeben den Salon zu betreten oder gar mit ihrer Dienstherrin auf ebenbürtiger Basis zu plaudern. Waren ihre Zöglinge ihr einmal entwachsen, so fanden sie diese Scheu und dieses Streben, zu Diensten zu sein, langweilig, vergaßen aber doch nie die Freundlichkeit, die sie im Kinderzimmer erfahren, und behandelten sie weiterhin mit etwas mehr als Höflichkeit. So lächelte Cecilia ihr jetzt zu, und Charles fragte: »Nun, Addy, wie geht es heute?« Soviel Aufmerksamkeit ließ sie vor Entzücken erröten und sich bei der Antwort mehrmals verhaspeln.
Ihrer Schützlinge waren jetzt nur mehr drei, denn Theodore, der jüngste Sohn des Hauses, war unlängst nach Eton geschickt worden. Selina, ein scharfäugiges Jüngferchen von sechzehn Jahren, setzte sich neben ihre Schwester auf die Klavierbank; Gertrude, die schon mit zwölf Jahren mit Cecilia an Schönheit wetteiferte, und Amabel, eine kräftige Zehnjährige, gruppierten sich um den Bruder, bekundeten laut ihre Freude, ihn zu sehen, und erinnerten ihn noch lauter an sein Versprechen, mit ihnen eine Partie Lotterie zu spielen, wenn er nächstens einmal einen Abend zu Hause verbrächte. Miss Adderbury, von Lady Ombersley freundlich eingeladen, zu ihr ans Feuer zu rücken, protestierte mit leisen, glucksenden Lauten gegen ein solches Übermaß an Auszeichnung. Sie durfte nicht hoffen, daß ihr nun weitere Aufmerksamkeit geschenkt würde, stellte aber aufatmend fest, daß Lady Ombersleys Blick mit wohlwollendem Lächeln auf der Gruppe um Charles ruhte. In der Tat hätte Lady Ombersley nur gewünscht, daß Charles, der mit den Kindern so gut auskam, sich ebenso freundlich zu dem Bruder und der Schwester einstellte, die ihm dem Alter nach näherstanden. Zu Weihnachten hatte es eine recht peinliche Szene gegeben, als des armen Hubert Oxforder Schulden ans Tageslicht kamen.
Der Kartentisch wurde aufgestellt, und Amabel zählte bereits die Perlmutterjetons auf die grüne Bespannung. Cecilia bat, dem Spiel fernbleiben zu dürfen, und Selina, die gern mitgespielt hätte, aber immer dem Beispiel der größeren Schwester folgte, behauptete, sie fände das Lotteriespiel todlangweilig. Charles schenkte dem keine Beachtung, neigte sich aber, als er hinter der Klavierbank vorbeikam, um die Spielkarten aus dem Marketerieschränkchen zu holen, zu Cecilias Ohr und murmelte etwas. Lady Ombersley, die ihn nicht aus den Augen ließ, verstand nicht, was es war, bemerkte aber – und ihr Herz sank –, daß es die Wirkung hatte, Cecilia bis zu den Haarwurzeln erröten zu machen. Trotzdem stand sie auf, kam an den Tisch und sagte, schön, eine kleine Weile könne sie ja mitspielen. Nun wurde auch Selina weich, und nach ein paar Minuten spielten die beiden jungen Ladies mit ebensoviel lärmendem Eifer wie ihre jüngeren Schwestern und lachten dabei so laut, daß ein unparteiischer Beobachter hätte meinen mögen, die eine hätte ihr
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