Die drei Ehen der Grand Sophy
die gerunzelte Stirn des Sohnes noch die geröteten Augenlider der Tochter die geringste Bemerkung. Er schien sogar ein gewisses Vergnügen daran zu finden, eine Mahlzeit in der Gesellschaft einer nervösen Frau, einer gekränkten Tochter und eines mürrischen Sohnes in die Länge zu ziehen. »Ja, ja«, sagte er, »das muß schon wahr sein, es ist wirklich ein Vergnügen, einmal en famille gemütlich zu speisen! Und die Köchin mag wissen, Lady Ombersley, daß ich ihre Art, eine Ente anzurichten, schätze. So gut bekomme ich eine Ente nicht einmal bei White.« Dann begann er Gesellschaftsklatsch zu erzählen und erkundigte sich wohlwollend, wie seine Kinder den Tag verbracht hatten.
»Wenn du mich meinst, Papa«, sagte Cecilia, »so habe ich den Tag so verbracht, wie ich eben jeden verbringe. Erst habe ich Mama bei ihren Einkäufen begleitet; dann war ich mit meinen Schwestern und Miss Adderbury im Park; und dann habe ich Klavier geübt.«
Ihr Ton suchte nicht vorzutäuschen, daß sie diese Amüsements aufheiternd gefunden habe, aber Lord Ombersley sagte »Kapital!« und wandte seine Aufmerksamkeit seiner Frau zu. Sie berichtete vom Besuch ihres Bruders und von seinem Vorschlag, Sophia ins Haus zu nehmen; sofort gab Lord Ombersley seine wohlmeinende Zustimmung. Nichts könne im Augenblick willkommener sein, und seine Tochter wäre nur zu beglückwünschen, daß sich ihr da eine reizende Gesellschaft böte. Charles war über all diesen leeren Unsinn so ärgerlich, daß er mürrisch bemerkte, es läge noch gar kein Grund vor anzunehmen, daß Sophia charmant sei. Doch darauf erwiderte Lord Ombersley, in dieser Beziehung hege er keinerlei Zweifel, und sie alle müßten es sich angelegen sein lassen, der Kusine den Aufenthalt angenehm zu machen. Dann erkundigte er sich, ob Charles die Absicht hätte, morgen zu den Rennen zu fahren. Charles, der genau wußte, daß das Rennen unter der Patronanz des Herzogs von York stattfand und daß dabei für die Freunde dieser jovialen Persönlichkeit mehrere Abende in Oatlands herausspringen würden, Abende, an denen Whist mit einem Pfund als Point gespielt wurde, sah abweisender drein als je und erklärte, daß er für einige Tage nach Ombersley Park fahren wolle.
»Natürlich doch!« stimmte der Vater freudig zu. »Habe ganz vergessen, daß da noch die Sache mit dem Waldstück zu erledigen ist. Gut, gut, ist mir nur recht, wenn du dich darum kümmerst, mein Junge.«
»Das werde ich tun«, erwiderte Mr. Rivenhall höflich. Dann warf er der Schwester über den Tisch einen Blick zu und fragte: »Möchtest du mich begleiten, Cecilia? Ich nehme dich sehr gern mit, wenn es dir recht ist.«
Sie zögerte. Das konnte eine Versöhnungsgeste sein, andererseits aber auch ein hinterhältiger Versuch, ihre Gedanken von Mr. Fawnhope abzulenken. Die Überlegung, daß Charles’ Abwesenheit, wenn man es nur ein bißchen schlau anstellte, eine Möglichkeit bieten würde, Mr. Fawnhope zu begegnen, entschied. »Nein«, sagte sie, »ich danke. Ich wüßte nicht, was ich um diese Zeit auf dem Land anfangen könnte.«
»Mit mir ausreiten«, gab Charles zu bedenken.
»Da reite ich lieber in den Park. Wenn du Gesellschaft haben willst, könntest du doch die Kinder einladen: die kämen sicher gern mit.«
»Wie du meinst«, erwiderte er gleichmütig.
Das Dinner war beendet, und Lord Ombersley zog sich aus dem Familienkreise zurück. Charles, der keine Verabredung für den Abend hatte, geleitete Mutter und Schwester in den Salon, und während Cecilia auf dem Klavier klimperte, plauderte er mit der Mutter über Sophias Besuch. Zu ihrer großen Beruhigung schien er sich mit der Notwendigkeit abgefunden zu haben, wenigstens eine, wenn auch bescheidene Gesellschaft zu Ehren Sophias zu geben, aber er widerriet ihr aufs ernsteste, sich mit der Aufgabe zu belasten, einen passenden Gatten für die Nichte ausfindig zu machen.
»Nun, der Onkel hat zugesehen, wie sie das Alter von – zwanzig, nicht wahr? erreichte, und er hat sich um diese Sache nicht gekümmert. Jetzt setzt er es sich plötzlich in den Kopf, dir dieses Geschäft aufzuhalsen. Ich verstehe so etwas einfach nicht.«
»Es ist merkwürdig«, wandte Lady Ombersley ein, »aber ich könnte mir vorstellen, daß er einfach nicht bemerkt hat, wie die Zeit verfliegt. Zwanzig! Weiß Gott, sie ist beinahe schon an der Grenze! Zugegeben, Horace war da sehr nachlässig! Schwierig konnte es doch nicht sein, denn sie erbt eine Menge. Selbst wenn sie
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