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Die drei Ehen der Grand Sophy

Die drei Ehen der Grand Sophy

Titel: Die drei Ehen der Grand Sophy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgette Heyer
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überhaupt nur für die Jagd Gedanken, und wenn sie abends nicht gerade Gäste haben, geht er schlafen und schnarcht.«
    Von dieser Eröffnung eingeschüchtert, fand Lady Ombersley zunächst keine Erwiderung. Cecilia schneuzte sich und fügte hinzu: »Und Lord Charlbury ist noch älter als James.«
    »Gewiß, aber uns ist nicht bekannt, daß er auch schnarcht, meine Liebe«, machte Lady Ombersley geltend. »Wir können sogar beinahe sicher sein, daß er es nicht tut, denn er hat die Manieren eines vollendeten Gentleman.«
    »Einem Mann, der Mumps bekommt, ist alles zuzutrauen«, erklärte Cecilia.
    Lady Ombersley fand an dieser Behauptung nichts Unvernünftiges, war auch nicht eigentlich überrascht, daß Seiner Lordschaft unromantisches Wesen Cecilia Widerwillen eingeflößt hatte. Sie selbst hatte eine bittere Enttäuschung erlitten, denn auch sie hatte ihn für einen vernünftigen Menschen gehalten und nicht für einen Mann, der im allerunpassendsten Moment eine Kinderkrankheit bekam. So fand sie nicht die richtigen Worte, seinen Verstoß zu entschuldigen, und da Cecilia offenbar nichts weiter zur Sache zu bemerken hatte, herrschte eine Weile lang unbehagliches Schweigen. Cecilia brach es erst, um ziemlich gleichmütig zu fragen, ob es wahr wäre, daß ihr Onkel nachmittags hier gewesen sei. Lady Ombersley atmete auf, einen erfreulicheren Gesprächsgegenstand zu finden, und berichtete ihr sogleich von der Annehmlichkeit, die ihr hier geboten wurde; und sie sah mit Befriedigung, daß sich die Stirn ihrer Tochter ein wenig entwölkte. Es war nicht schwierig, Cecilias Sympathie für die Kusine zu gewinnen; gewiß konnte sich Cecilia kaum ein schrecklicheres Geschick vorstellen, als auf unbestimmte Zeit zu Verwandten gesandt zu werden, die man kaum kannte. Warmherzig versprach sie, alles mögliche zu tun, damit Sophia sich auf dem Berkeley Square zu Hause fühle. Zwar entsann sie sich ihrer Kusine nur sehr undeutlich, denn es war Jahre her, seit sie ihr begegnet war; doch hatte sie zuweilen gemeint, Europa so zu bereisen, müsse recht aufregend sein, zugleich aber geargwöhnt, daß es höchst unbequem sein möge; bestimmt, darin war sie mit Lady Ombersley einig, war ein so unkonventionelles Leben kaum die ideale Vorbereitung auf ein Londoner Debut. Der Gedanke, Sophias Kommen werde die fast klösterliche Enge lockern, die Charles’ Sparwut der Familie auferlegte, brachte sie zu dem Entschluß, sich, nun schon viel besserer Laune, zum Dinner umzukleiden.
    An diesem Abend waren viele Mitglieder der Familie um den Tisch versammelt, denn Seine Lordschaft hatte geruht, seine Gattin einer seiner so seltenen Anwesenheiten am Familientisch zu würdigen. Er war der einzige Unbefangene in dieser Gesellschaft, denn er erfreute sich der glücklichen Veranlagung, selbst die offenkundigsten Zeichen des Unbehagens seiner Tischgefährten übersehen zu können. Das gleiche Talent ermöglichte es ihm auch, mit erstaunlichem Geschick, ja mit Heiterkeit die Demütigung zu ertragen, daß er eigentlich kaum mehr als der Kostgänger seines Sohnes war. Das einzige, was er scheute, war der Zwang, in mißlaunige Gesichter zu blicken, und darum gestattete er sich selbst niemals, an Mißliches auch nur zu denken; das gelang ihm gut und verhalf ihm sogar in Zeiten unentrinnbarer Besorgnis dazu, sich einzureden, daß alle Peinlichkeit, die ihm durch seine eigenen Narrheiten oder durch die überlegene Willenskraft seines Sohnes aufgezwungen wurde, eigentlich das Ergebnis freien Entschlusses und kluger Berechnung sei. Solange Charles ihm den Respekt des Sohnes bezeigte, vermochte Seine Lordschaft mühelos zu vergessen, daß ihm die Zügel entwunden waren; ließ aber sogar der Respekt des Sohnes, wie es zuweilen geschah, zu wünschen übrig, so dauerten diese bedauerlichen Mängel nicht lang, und für einen Mann seines sanguinischen Temperaments war es nicht schwer, sie wieder zu vergessen. Er trug seinem Sohn nichts nach, obwohl er ihn für einen öden und witzlosen Burschen hielt. Solange das Glück ihm hold war, und es erwartete ja niemand von ihm, daß er sich in der Führung der Familie überanstrenge, schickte er sich recht wohl in sein Los.
    Es konnte ihm nicht ganz entgangen sein, daß es Zerwürfnisse in seinem Hause gab, denn das Verlangen seiner Frau, er solle seine väterliche Autorität gegenüber Cecilia geltend machen, hatte ihn vor knapp vierzehn Tagen zu einer übereilten Fahrt nach Newmarket bewogen. Doch entlockten ihm jetzt weder

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