Die Drei Federn - Joshuas Reise (German Edition)
nebelumhüllt und verschleiert zu sein. Dem Wolf entfuhr auf einmal ein herzzerreißendes Heulen und Krieg machte einen Satz und fiel in einen Galopp. Joshua glaubte etwas zu sehen, das weiter vorne aus dem Felsen in den Pfad hineinragte. Während Joshua über den Abgrund in die Nebelschwaden blickte und rechts von sich die Klippe wusste, hatte er das Gefühl, dass sie unweigerlich den Halt verlieren und abstürzen würden, wenn sie weiter so galoppierten. Er zwang sich, seine Konzentration darauf zu richten, sich an Kriegs Fell und Mähne festzuhalten. „Was könnte das sein?“, fragte er, wenn auch nur, um nicht mehr an den steilen Abhang links und die erdrückende Nähe des Felsens rechts denken zu müssen.
„Ich weiß es nicht“, antwortete Krieg.
„Die Sache kommt mir seltsam vor“, dachte der Wolf hinter ihnen. „Wir sollten vorsichtig sein.“
Plötzlich tauchte wie aus dem Nichts ein zweiter Pfad auf, der sich von dem abspaltete, auf dem sie sich befanden, und geradewegs die steilen Klippen hinaufführte. Es sah aus wie ein enges, ausgewaschenes und trockenes Flussbett. Sie blieben stehen.
„Der führt wahrscheinlich auf die Klippe hinauf“, dachte Grau. „Ich schlage vor, wir folgen ihm.“
„Von dort könnten wir einfach am Abgrund entlanglaufen und all das hier umgehen“, dachte Joshua. Krieg trat unruhig von einem Bein auf das andere. Joshua spürte, dass das Pferd auf ihrem Pfad bleiben wollte, bis sie gefunden hatten, was auch immer weiter unten auf sie warten mochte.
„Es liegt ganz an dir, Joshua“, dachte Krieg. „Wir können hier hinaufgehen. Es ist steil, aber wir schaffen es.“
Joshua spürte den inneren Konflikt des Pferdes und entschied sich, noch bevor Krieg einen weiteren Gedanken formen konnte.
„Lasst uns weiter hinuntergehen und herausfinden was dort unten ruht. Danach kommen wir zurück und nehmen diesen Weg nach oben.“
Er konnte die Zustimmung des Pferdes spüren und schweigend setzten sie ihren Weg fort.
„Seht ihr das? Dort ist etwas im Fels“, dachte Grau.
„Ich sehe es auch. Es scheint aus der Felswand herauszuragen“, antwortete Joshua.
„Wartet.“ Krieg hielt an.
„Was ist los?“, fragte Joshua.
„Lasst mich alleine gehen“, dachte Krieg.
„Warum?“, fragte Grau.
„Ich weiß es nicht, aber was auch immer es ist, das dort liegt – vielleicht sollte es nicht als Erstes einen Wolf zu Gesicht bekommen, wenn es erwacht.“
„Da hast du nicht ganz unrecht. Aber was, wenn es gefährlich ist?“, dachte Grau.
„Dann komme ich zurück und wir nehmen den anderen Weg“, antwortete das Pferd.
An der Stelle, an der die undefinierbare Gestalt aus der Felswand ragte, konnte Joshua ein kleines Plateau im Schatten erkennen. Er flatterte vom Rücken des Pferdes herunter. „Sei vorsichtig“, dachte er.
„Werde ich sein“, antwortete Krieg. „Haltet Abstand. Wenn wir fliehen müssen, solltet ihr diesem Ding nicht zu nahe kommen, was auch immer es ist.“
Damit trabte das Pferd los, den Pfad entlang. Als es ungefähr dreißig Meter zurückgelegt hatte, begannen Joshua und Grau, ihm langsam zu folgen. Krieg erreichte das Plateau und blieb vor einer Steinskulptur stehen, die halb in die Klippe hineingeschmolzen schien. In diesem Moment stieg die Sonne über den Horizont des Höhlentores und erleuchtete den Platz, auf dem Krieg stand. Und jetzt, als die Schatten verschwunden und alles hell war, sahen Joshua und Grau, was es war. Der Kopf war etwas kleiner als Kriegs, die Gesichtszüge weicher, weiblicher. Die Vorderhufe schwebten über dem Boden und der Rücken war mit der Steinwand verbunden. Die gewaltigen Flügel auf beiden Seiten verliehen dem Pegasus den Anschein, als würde er gerade abheben.
Die Sonne schien auf seine elfenbeinfarbene, steinerne Oberfläche. Als Joshua und Grau näher kamen, konnten sie den Ausdruck auf dem Gesicht des Pegasus sehen. Seine Augen waren friedlich geschlossen, als hätte er sich seinen Zustand und diesen Platz freiwillig ausgesucht. Joshua hatte Geschichten über die fliegenden Pferde gehört, die angeblich in einer Stadt tief unten im Höhlentor gelebt hatten. Aber das war schon sehr lange her. So lange, dass sie beinahe schon in Vergessenheit geraten waren.
Kriegs Kopf war nur Zentimeter entfernt von dem der Pegasus-Stute. Beinahe wagte er nicht zu atmen, aus Angst, das Geschöpf zu belästigen. Joshua und Grau standen nun links und rechts von ihm. Joshua empfand... er war sich nicht sicher, aber sein
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