Die Drei Federn - Joshuas Reise (German Edition)
wieder auf vertrautem Grund stehen, nie wieder die Deinen berühren wirst. Das alles wird für immer unerreichbar für dich sein. Und der Tod wird dich erst dann holen, wenn dir klar geworden ist, dass du nicht einmal dann Frieden finden wirst. Selbst im Jenseits wirst du ewig danach suchen.“
Der Geier flatterte von seinem Platz herunter und landete direkt vor ihr. Selbst jetzt war er noch einen Kopf größer als Wind.
„Ich werde deine Seele mit dem Mal des Todes zeichnen und sie damit verätzen. Das Gift wird tief in sie eindringen und dort wird es w üten und sie zu seiner Heimat machen.“
Der Kopf des Geiers war nun ganz nah. Sein eines totes Auge starrte sie an und plötzlich stieß er einen lauten Schrei aus. Gleichzeitig schrie er Wind in seinen Gedanken an. Sie wich zurück und versuchte, seinem Blick zu entkommen. Einen Moment lang dachte sie, sie hätte ein winziges Anzeichen von Angst in dem Geier entdeckt.
„ICH WERDE DIR DEN GANG DURCH DAS TOR ERLEICHTERN!“, kreischte der Geier. Damit sprang er auf den Rücken des Pegasus und trieb seine Krallen tief in ihre Haut. Winds Schreie hallten durch die Höhle. Weiter hinaus kamen sie nicht.
* * *
Joshua musste ziemlich lange geschlafen haben, denn als er seine Augen öffnete, waren seine Federn beinahe trocken. Krieg stand einige Meter entfernt und sah auf ihn herab. Grau saß auf der anderen Seite.
„Wie lange habe ich geschlafen?“ Joshua schüttelte sich. Abgesehen von der Kälte, die ihm immer noch in den Knochen steckte, fühlte er sich überraschend gut.
„Eine Weile“, erwiderte Grau. „Das haben wir alle. Und jetzt sollten wir hier raus.“
„Gut gesprochen“, fügte Krieg hinzu.
Sie wanderten den leicht aufwärts führenden Tunnel hinauf und ließen das Wasser hinter sich. Joshua sah, dass die Wunden, die der Geier Krieg zugefügt hatte, viel besser aussahen. Die Infektion schien vollkommen verschwunden zu sein und die Schnitte begannen zu heilen.
„Das scheint gut zu verheilen“, dachte er zu dem Pferd.
„Ja, ich fühle mich schon viel besser. Die Schmerzen sind fast ganz verschwunden“, antwortete Krieg.
„Irgendetwas in dem Wasser muss dem Gift des Geiers entgegengewirkt haben“, bemerkte der Wolf. Graus Gedanke brachte die düstere Erinnerung an ihre gefangene Freundin in ihnen zurück. Sie hatten jeder auf seine Weise versucht, den Gedanken an Winds Schicksal zu verdrängen. Der Ort, an den er sie führen würde, war zu dunkel, die Sorge, was aus ihr werden würde, zu groß. Doch so sehr sie es auch versuchten, den grauenhaften Bildern, die ihre Einbildungskraft heraufbeschwor, entkamen sie nicht. Joshua konnte nur hoffen, dass die Bilder nichts mit der Wahrheit zu tun hatten und nur ein grausamer Streich waren, den ihm seine Fantasie spielte. Krieg, der immerhin selbst Bekanntschaft mit den messerscharfen Krallen des Geiers gemacht hatte, ging es besonders schlecht.
Eine Zeit lang gingen sie schweigend nebeneinanderher, bis das Licht langsam heller wurde. Seine Quelle schien sich am Ende des Tunnels zu befinden. Sie lag immer noch in der Ferne, war jetzt aber als kleine Öffnung sichtbar, die immer größer wurde, je näher sie ihr kamen. Als sie sie erreicht hatten und durch sie hindurch auf ein kleines, mit dichtem Moos bedecktes Plateau traten, trauten sie ihren Augen nicht.
Die Plattform, auf der sie standen, schwebte über einer tiefen Schlucht. Zu ihrer Rechten befand sich ein Wasserfall, der weit unten in der Dunkelheit verschwand. Das Wasser glitzerte in einem Lichtstrahl, der von oben herableuchtete. Auf der anderen Seite der Schlucht sahen sie ebenfalls eine Plattform und dahinter eine Öffnung, die weiter in den Berg hineinführte. Beide Plattformen waren durch eine enge Steinbrücke miteinander verbunden. In der Mitte jedoch fehlte ein Stück. Die Lücke war mindestens fünfzig Meter breit.
Die drei Freunde standen am Abgrund und sahen hinüber, leicht schwindlig von der endlosen Tiefe unter ihnen. Der Boden der Schlucht war nicht zu sehen. Joshua schätzte, dass er es ziemlich wahrscheinlich auf die andere Seite schaffen könnte. Seine Flügel waren viel kräftiger geworden, seit er den Stall verlassen hatte. Krieg sollte es auch schaffen. Aber der Wolf hatte keine Chance.
„Warum geht ihr nicht los? Ich bleibe hier“, dachte Grau zu ihnen.
„Wir können dich nicht hier zurücklassen“, erwiderte Krieg.
„Ihr könnt auch nicht mit mir hierbleiben. Das würde niemandem
Weitere Kostenlose Bücher