Die Drei Federn - Joshuas Reise (German Edition)
versuchte, näher zu kommen, aber es war unmöglich. „Krieg, ist alles in Ordnung?“, fragte er. Keine Antwort. Kein Laut, kein Gedanke, nicht einmal die kleinste Bewegung. Er hätte genauso gut tot sein können.
„Pass auf, Joshua!“ Graus Gedanken erreichten ihn im selben Moment, als der Geier herabstürzte und ihn packte. Er hob ihn hoch in die Luft und krallte sich in sein Fleisch. Während er weiter nach oben stieg, sah er den Hahn an.
„Du hast verloren, Joshua Aylong, und jetzt gehörst du mir.“ Damit ließ er ihn fallen. Er fiel aus einer Höhe von mindestens fünfzehn Metern geradewegs nach unten. Einige schwache Flügelschläge bremsten seinen Sturz ein wenig ab, aber als er auf dem Boden aufschlug, fühlte es sich an, als zerspringe sein Körper in tausend Teile. Er überschlug sich immer wieder, bis er liegen blieb. Alles um ihn herum drehte sich. Er konnte keinen festen Punkt fixieren. Übelkeit stieg in ihm auf und er wusste, dass irgendetwas in ihm gebrochen war. Er versuchte, den Kopf zu heben, konnte sich aber nicht bewegen. Die Spinnen waren aus seiner unmittelbaren Nähe verschwunden und er konnte Grau und das Pferd sehen. Trotz des Schmerzes, den er in seinem ganzen Körper spürte, war es sein Herz, das am meisten wehtat, als er sie ansah. Und dann fühlte er das Ende aller Dinge auf sie zukommen, als der Geier neben ihm landete.
Eine Frage hatte Joshua noch auf dem Herzen. Um zu verstehen. Um ihn begreifen zu lassen, was mit ihm passiert war, mit seinen Freunden passiert war. Da war einmal ein Traum gewesen. Ein Traum von drei Federn auf einem schwarzen Stein. Er konnte immer noch nicht sagen, warum er nach ihnen gesucht hatte. Aber er hatte es getan und es hatte ihn alles gekostet und nicht nur ihn, sondern auch seine Gefährten. Die, die ihm am nächsten waren, hatten am meisten gelitten. Ein zu hoher Preis für einen Traum, dachte er. Es war besser, dass es jetzt endete. Doch er musste seine Frage stellen. Seine Neugier besiegte seine Angst und er drehte seinen Kopf und sah den Geier direkt an. Es war, als starrte er in einen Abgrund unvorstellbaren Entsetzens.
„Warum?“, fragte er trotz allem.
Der Geier legte seinen Kopf schief, als ob er nicht glauben konnte, dass Joshua diese Frage stellte.
„Warum? Es gibt kein Warum“, antwortete er schlicht. „Du hast die Tür geöffnet und ich bin hindurchgegangen. Und was von jetzt an passiert, ist deine Schuld. Dein Traum hat mich erweckt. Du hast das Spiegellabyrinth überwunden, das erschaffen wurde, um niemals überwunden zu werden. Es hat die Lichtsäule aktiviert, die diese Welt mit einer anderen verbindet und von dort wiederum mit einer anderen und vielen weiteren über diese hinaus. Bald wird das ganze Höhlentor erwachen. Und alle werden mir dienen, werden meine Legionen nähren und ihnen Kraft verleihen. Und wenn wir genug sind, werde ich sie durch das Licht in die anderen Welten schicken und von dort wieder in andere. Und die Finsternis wird regieren bis in alle Ewigkeit.“
Joshua war geschockt. Die Einsicht, dass er derjenige gewesen war, der diese Lawine ausgelöst hatte, die zur Auslöschung von... allem führen würde, war zu viel für ihn. Er schloss die Augen. Einen Moment lang hörte er den winzigen Bruchteil einer Melodie.
„SIEH MICH AN!“ Der Geier schrie in Gedanken. Joshua wagte nicht, sich seinem Befehl zu widersetzen. Als er seine Augen öffnete, befand sich das Gesicht des Geiers ganz nah an seinem eigenen. „Du hast mir Leben geschenkt, Joshua. Und durch deinen Tod wird dieses Leben jetzt unendlich. Nichts kann mich aufhalten.“ Der Geier sah auf, breitete seine Flügel aus und stieß einen Schrei aus, als wolle er den Himmel für seine Zwecke anrufen. Joshua schloss die Augen wieder. Die Melodie war wie ein Flüstern, das langsam stärker wurde.
Der Geier drehte Joshua auf den Rücken und trat auf seine Flügel, um ihn am Boden zu halten. Sein Schnabel war erhoben, bereit, zuzustoßen und Joshua das Leben zu nehmen, um sein eigenes unsterblich zu machen. Tief in Joshua regte sich etwas. Es drang hervor und wollte an die Oberfläche. Flüssige Bewegungen, kräftige Kiefer und Beine, Augen, die tief in seine Seele eindrangen. Die Löwin war erwacht. Und Joshua ließ sie frei. Er stand nicht länger im Weg. Er trat beiseite und öffnete ein uraltes Tor, das viel zu lange geschlossen gewesen war. Sie war seinem Ruf gefolgt und er sah sie. Geduckt kam sie auf ihn zu, eine Mischung aus Schnelligkeit,
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