Die Drei Federn - Joshuas Reise (German Edition)
Zivilisationen. Zwei Suchende. Die erste kam, als gerade eine neue Kultur begonnen hatte. Sie brachte die Dinge in Bewegung. Die zweite kam am Ende, als der Pfad so neblig, so aufgespalten, zerteilt und nochmals aufgespalten war, dass der richtige Weg nicht mehr vom Rest zu unterscheiden war. Sie war die zweite Suchende, die die Richtung völlig umkehrte und so das beendete, was gewesen ist.“
„Das Himmelsvolk. War sie eine von ihnen?“ Joshua fiel es schwer, den Gedanken des Drachens zu folgen. Sie waren zu gewaltig, um sie komplett in sich aufzunehmen.
„Wir wissen es nicht. Ich war sehr jung, als es geschah, und ich habe keine Erinnerung mehr daran, was genau passiert ist“, antwortete der Drache. „Aber ich weiß, dass du der Dritte bist. Der Suchende, der am Anbruch einer neuen Zivilisation steht.“
Joshua war überwältigt. Er hatte so viele Fragen.
„Wie?“, war alles, was er hervorbrachte.
„Es ist eigentlich ganz einfach. Der Traum ist der Anfang. Viele hatten ihn bereits, Joshua. Wenige sind ihm gefolgt. Aber in den letzten tausend Jahren bist du der Einzige gewesen, der so weit gekommen ist, der ihm tatsächlich bis zum Ende gefolgt ist.“
„Aber ich habe es nicht selbst geschafft“, dachte Joshua. „Ich hatte Hilfe.“
„Ja, die hattest du, und mächtige Hilfe noch dazu. Die Gefährten, die der Träumende wählt, sagen viel darüber aus, wer er ist. Denk an den Wolf und das Kriegspferd. Bessere Freunde kann man nicht haben.“
„Ja“, dachte Joshua und sah zu Krieg hinüber. „Was ist mit der Löwin?“
„Was soll mit ihr sein?“, fragte der Drache zurück.
„Wer war sie?“
Alles war ruhig. Joshua sah sein Spiegelbild in den grünen Augen des riesigen Drachens. Konnte das sein? War das überhaupt möglich? Nein, wahrscheinlich nicht. Aber nachdem er es durchdacht hatte, konnte Joshua nicht anders, als die Wahrheit dessen zu erkennen, was er zunächst für unmöglich gehalten hatte.
„Sie war die zweite Suchende.“
„Gewissermaßen“, antwortete der Drache.
„Die zweite Suchende war eine Löwin?“, hakte Joshua nach.
„Ja und nein. Sie hat durch sie zu dir gesprochen. Das war die einzige Möglichkeit für dich, ihre Hilfe anzunehmen.“
Joshua dachte einen Moment darüber nach.
„Was geschieht jetzt?“, fragte er.
„Das liegt ganz an dir. Du entscheidest, wohin du von hier aus gehen willst“, antwortete der Drache.
„Kann ich sie treffen?“, wollte Joshua wissen.
„Du hast sie bereits getroffen, Joshua. Du hast ihre Macht und ihre Kraft in dir selbst akzeptiert. Was sonst könntest du treffen?“
Joshua dachte einen Augenblick lang, dass der Wolf gesprochen hätte. Die Logik der Worte erinnerte ihn an Grau. Er sah sich in der Höhle um. Er sah die Skulptur der Löwin und von ihr wanderte sein Blick zur Decke. Direkt über ihm befand sich eine Öffnung. Das Licht war zu hell und er konnte nicht erkennen, wohin sie führte.
„Was ist dort oben?“, fragte er.
„Warum findest du es nicht heraus?“, erwiderte der Drache. Und damit trat er wieder zurück. Joshua blickte zu Wind und von ihr zu Krieg und von ihm zu Alda.
„Werde ich sterben?“ Er war sich nicht sicher, woher diese Frage gekommen war.
Einen Moment schwiegen alle.
„Du kannst nicht sterben“, antwortete Wind. „Nicht mehr.“
„Und meine Grenzen?“, fragte er.
Wind lächelte in Gedanken. „Die hast du hinter dir gelassen, als du aus dem Stall geflogen bist. Und von diesem Moment an bist du weit über sie hinausgegangen.“
Joshua sah sie an, spürte ihre Umarmung und empfing ihre Wärme, die ihn vollkommen umgab. Er spürte die Liebe, die er gefühlt hatte, als er die Federn in seinem Traum zum ersten Mal gesehen hatte. Liebe zu dem Pegasus, Krieg, der Schildkröte und dem Drachen. Und zu Grau, der sein Herz nicht mehr verlassen hatte, seit er zu seinem Gefährten geworden war. Und er spürte eine Liebe zu dem Geier, zu den Spinnen und all den Bestien des Höhlentores und weit darüber hinaus an der Oberfläche. Er liebte seine Hennen und ihre Küken und sogar den Bauern. Hatte er ihm nicht den Ort gegeben, von dem aus er seine Reise beginnen konnte?
„Ich werde keinen von euch jemals vergessen“, dachte er. „Ich wünschte, jeder könnte wenigstens einmal in seinem Leben erfahren, was es bedeutet, Freunde wie euch zu haben.“
„Es war uns eine Ehre“, antwortete Krieg.
Joshua sah von einem zum anderen, dann wieder hinauf zur Decke. Einen Moment lang überlegte
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