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Die drei Frauen von Westport

Titel: Die drei Frauen von Westport Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathleen Schine
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als sie in ihren nebeneinanderstehenden Betten lagen.
    »Aber wieso? Hier in der Gegend gibt’s doch massenhaft Bäckereien.«
    »Diese Leute kommen nie aus Manhattan raus. R ed Hook ist völlig exotisch für die. Das macht dann den Eindruck, als hätte ich mir riesige Mühe gemacht.«
    »Hast du doch auch.«
    »Man muss in seine Zukunft investieren, Crystal. Schaust du nie Suze Orman?«
    Vielleicht waren es die Massagen, die schließlich die Barrows endgültig für Amber einnahmen – denn sie war tatsächlich eine so begabte Masseurin, wie ihre Schwester behauptet hatte. Und sie massierte die Frauen der Barrow-Familie bereitwillig und kostenlos – eineVersuchung, der sie nicht widerstehen konnten. Auch Evan fand sich immer häufiger in der großenWohnung am Central ParkWest ein, gab kleine ächzende Laute von sich und wackelte mit den Schultern (einmal brachte er sogar seine neueste Freundin, eine Tänzerin, mit), bis Amber den Wink verstand und ihre Hilfe anbot.
    Gwen und Felicity pflegten einen vertrauten Umgang mit den Frauen, die für ihre privaten und kosmetischen Belange zuständig waren. Die Frauen, die ihnen die Haare schnitten und färbten, ihre Nägel manikürten und ihr Fitnessprogramm erstellten, gehörten zu einer verschworenen Gemeinde von Personen, mit denen man nicht privat verkehren musste, die aber dennoch wieVertraute behandelt wurden.Von diesen Umgangsformen profitierte auch Amber. Sie fügte sich in die Familie, ohne Ansprüche auf Gleichbehandlung zu erheben – was bedrohlich gewesen wäre –, rangierte jedoch auf der sozialen Leiter höher als die Hausangestellten.
    Gwen begann, sich mit Amber zum Mittagsimbiss zu treffen und sie zum Einkauf von Umstandskleidern mitzunehmen. Amber vertrat R on ein paar Mal bei Gwens Geburtsvorbereitungskurs. Einmal fuhren sie sogar übersWochenende auf eineWellnessfarm. Crystal begleitete sie manchmal, war aber meist damit beschäftigt, einenVersicherungsmakler zu beackern, den sie in einem Club kennen gelernt hatte.
    »Crystal, der Typ ist echt prollig, ja? Sieh bitte zu, dass er den Barrows fernbleibt, okay?«
    »Warum? Meinst du, sie würden ihn nicht mögen?«
    Amber lachte.
    »Ja, verstehe schon«, sagte Crystal. »Hey, hast du gemerkt, dass Evan mir ziemlich Augen macht? Scheint irgendwie auf mich scharf zu sein.«
    Amber verdrehte die Augen. »Ja, träum schön weiter. Aber mit dem Prol bist du eh besser dran.«
    »Stimmt. Wir gehen in supertolle Clubs. Aber da du ja jetzt verlobt bist, interessiert dich das bestimmt nicht mehr.«
    »Stimmt«, bestätigte Amber. »Ich muss Prioritäten setzen.« Dann: »Was denn für Clubs?«

17
    An einem warmen Frühlingstag, an dem sogar die harte, rissige Erde vor dem Cottage fruchtbar und viel versprechend wirkte, bekam Miranda die Nachricht, dass sie nun offiziell bankrott war.
    Sie erhielt den Anruf von ihrem Anwalt, als sie mit einerTasse auf derVerandatreppe in der Sonne saß. Ihr Handy piepte und vibrierte in der Gesäßtasche ihrer Jeans.
    »Hallo, Brian.«
    »Hallo, Miranda«, sagte ihr Anwalt.
    Schweigen. Ein R otkehlchen, das in einem Grasbüschel hockte, wandte den Kopf und blickte mit seinen Knopfaugen zu ihr herüber.
    »Schlechte Nachrichten?«, fragte Miranda.
    »Tut mir leid, Miranda.«
    »Die MirandaWeissmann Literary Agency ist nun offiziell bankrott?«
    »Tut mir wirklich ganz furchtbar leid.«
    »Es ist also aus?«
    »Na ja, nicht ganz. Ich habe es dir doch erklärt. Du hast ja immer noch Gläubiger. Jegliche Einnahmen aus bisherigen …«
    Miranda hörte nicht mehr zu. Es war aus.
    »Danke, Brian. Danke für deine Hilfe.« Miranda unterbrach dieVerbindung und starrte mit trockenen Augen auf das R otkehlchen. Als Kind hatte sie R otkehlchen immer mit leuchtend blauem Gefieder und knallroter Brust gemalt. Aber eigentlich waren R otkehlchen braun. Ihre Brust hat einen rostroten Farbton. Bis zu diesem Augenblick hatte Miranda nie darüber nachgedacht. Wie war sie damals nur auf die Idee verfallen, dass R otkehlchen königsblau und scharlachrot waren?Vermutlich aus Bilderbüchern. Sie liebt Bücher zu sehr. Das hat ihr das Hirn verdreht. Tja nun. Das wahre Leben. Es war an der Zeit, ein neues wahres Leben zu beginnen. Noch einmal von vorne anzufangen.
    Miranda wartete auf die Sturzflut selbstmitleidigerTränen.Wenn ich mich schon nicht bemitleide, wer dann?, dachte sie. Und wenn nicht jetzt, wann dann?
    Aber dieTränen blieben aus. Miranda empfand nur Ungeduld. Noch mal von vorne anfangen.

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