Die drei Frauen von Westport
dass er seinen Mittagsschlaf bekam, und kochte für sie drei Mittagessen.
»Ich komme mir vor, als würde ich dich ausnützen«, sagte Leanne.
»Du kannst mich zum Ausgleich beraten, wenn ich an einer Epidemie erkranke«, erwiderte Miranda, erinnerte sich dann an dieWarnung ihrer Mutter, sich nicht von Kit ausnutzen zu lassen, und lachte.
Manchmal kochte sie jetzt auch im Cottage. Das war eigentlich ganz einfach, hatte sie festgestellt. Gut zu kochen nicht unbedingt, aber jedenfalls überhaupt. Man las die Anweisungen im R ezept durch und führte sie aus. Das war ungeheuer beruhigend. EinTeelöffel war einTeelöffel, weiter nichts.
Sie hatte auch einen Lebenslauf verfasst, was sie deprimiert, aber auch seelisch gestärkt hatte. Danach suchte sie nach Headhuntern und begann Briefe zu verfassen, die sie ihnen schicken wollte.
»Aber ich bin zum Kindermädchen geboren«, sagte sie.
Manchmal kam R oberts abends vorbei, und dann zogen Leanne und ihreTante sich mit dem Anwalt zurück und besprachen Geschäftliches. Dann oblag es Miranda, Henry sein Bad einzulassen. An anderenTagen wollteTante Charlotte, dass Leanne sich vor dem Schlafengehen um sie kümmerte, und Miranda freute sich, dass sie Henry zu Bett bringen durfte. »Das geht weg«, pflegte Charlotte zu sagen und deutete auf ein Gemälde, wenn Leanne ihr dieTreppe hinaufhalf. »Du wirst versteigert!« Im Bett deutete Henry dann auf seine Plüschtiere und sagte: »Du wirst versteigert!Was ist das, versteigert?«
Wenn ihre Mündel beide schliefen, setzten Leanne und Miranda sich insWohnzimmer und tranken. Sie tranken gerne gemeinsam ein paar Gläser; manchmal leerten sie zusammen eine FlascheWein, manchmal tranken sie auch Bourbon oder Gin. Sie tranken und redeten. Aber sie sprachen nie über Kit. Das war eine Art stillschweigende Übereinkunft.
Und nun hatte Miranda dummerweise Kits Schilderungen seiner Kindheit erwähnt. Diese ganzen vertrauten und schönen Gespräche über Kits sonnige Jugend – das musste Leanne zwangsläufig missfallen.
»Maine, wie?«, fragte Leanne. Sie schien noch mehr sagen zu wollen, stieß dann jedoch nur ein angewidertes Seufzen aus.
»Maine? In Maine gibt es rein gar nichts, was wir hier inWestport nicht auch hätten«, verkündete Cousin Lou. »Maine können Sie vergessen. Kommen Sie einfach auch zu unserer Party. Sie sind ja Henrys Mutter … damit gehören sie quasi zur Familie …«
»Die Saison«, sagte Annie nach der dritten Essenseinladung müde, »ist in vollem Gange.«
Betty verweigerte sich diesen Einladungen häufig und verabschiedete erleichtert ihre Töchter. »Sucht euch nette, reiche Ehemänner«, rief sie ihnen dann noch nach, um sich einmal mehr die empörten Erwiderungen anzuhören. Dann, zu guter Letzt: R uhe und Frieden. Alleinsein und Zeit, um interessante Erfindungen zu bestellen, die im Fernsehen angepriesen wurden. Mit OxiClean – von dem Annie zugeben musste, dass esWunder bewirkte – hatte es angefangen. Doch inzwischen hatte Betty ferner eine Fleecedecke mit Ärmeln angeschafft, die man wie einen hinten zu schließenden Bademantel trug, sowie einen tragbaren Dampfreiniger und eine großartige Bürste, die man gleichermaßen für Hunde wie Katzen benutzen konnte und die mit einer Gratisschere zum Abschneiden von Kletten und verfilzten Haaren geliefert wurde.
»Aber wir haben keinen Hund«, hatte Annie gesagt, als die Schere eintraf.
»Und auch keine Katze«, hatte Miranda ergänzt.
»Man weiß nie, was kommt, ihr Lieben«, hatte Betty erwidert. »Man weiß nie, was kommt.«
Jetzt schaltete sie den Fernseher ein und suchte den Sender, auf dem Wiederholungen von Serien liefen.Von Zeit zu Zeit schaute sie sich gerne Kit an. Sie fand es aufregend, jemanden zu kennen, der im Fernsehen war, was sie allerdings ihren Töchtern gegenüber niemals zugegeben hätte. Die waren bei solchen Themen so überheblich. Das musste daran liegen, dass sie in New York groß geworden waren. Die konnte man mit nichts mehr beeindrucken.
»Aber das ist nicht richtig«, sagte Kit zu seinem Lover.
Nicht richtig, dachte Betty. So vieles in dieserWelt war nicht richtig. Wieso machten sich diese beiden gesunden, schönen jungen Männer Sorgen über etwas so Harmloses wie einen Kuss? Sie dachte daran, wie Joseph sie zum ersten Mal geküsst hatte. Die Erinnerung war so lebhaft, als sei es erst an diesem Morgen geschehen. Doch es hatte sich an einem Morgen vor vielen Jahren ereignet. Sie hatten sich eineWoche zuvor bei
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