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Die drei Frauen von Westport

Titel: Die drei Frauen von Westport Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathleen Schine
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einer Party kennen gelernt, und Joseph hatte sie gefragt, ob sie mit ihm in eine Ausstellung im Metropolitan Museum gehen wolle. Betty erinnerte sich nicht mehr an die Ausstellung – spanische Malerei vielleicht? Danach waren sie im Central Park spazieren gegangen. Annie und Miranda, die damals noch sehr klein waren, wurden unterdessen zuhause von einem jungen Mädchen beaufsichtigt, das nebenan wohnte. Betty wusste noch, dass sie sich damals besorgt gefragt hatte, ob das Mädchen womöglich mit einem pickligen Jüngling telefonierte, anstatt mit Puppen zu spielen oder Guck-guck-Spiel für die Kleinen zu machen. Hauptsache, das Mädchen ließ ihre Töchter nicht in der Badewanne ertrinken, hatte Betty damals gedacht. Dann nahm Joseph sie unvermittelt an der Hand und führte sie in ein Dickicht aus Bäumen und Sträuchern. Betty hörte denVerkehr von der Fifth Avenue; sie hörte einen Hund bellen, hörte eine Mutter, die ihr Kind anhielt, nicht zu weit vorauszulaufen; hörte ein Martinshorn in der Ferne, ein Eichhörnchen, das in Blättern raschelte, oder war es eine Ratte … Und dann blickte Joseph mit halb geschlossenen Augen auf sie herunter und küsste sie.
    Betty bekam heute noch weiche Knie, wenn sie daran dachte. Sie hatte sich Hals über Kopf in Joseph verliebt, als sie bei dieser grässlich verqualmten Party in Downtown die erstenWorte wechselten. Liebe auf den ersten Blick konnte sich als Irrtum erweisen – sogar die Liebe auf den zweiten oder dritten Blick. Aber das war kein Irrtum, dachte Betty. Ein Jammer, dass er nun alles zerstören musste.
    Sie schaltete den Fernseher aus und ordnete einige Papiere. Als dasTelefon klingelte, sah sie auf dem Display, dass ihr Anwalt dran war, und nahm sofort ab.
    »Was macht mein ›Fall‹?«
    »Sie werden es kaum glauben, Betty, aber es scheint wirklich, als ob … nun, ich habe den Eindruck, wir machen Fortschritte! Die Anwälte von JosephWeissmann, die sich bislang sogar geweigert haben, meine Anrufe anzunehmen, melden sich jetzt plötzlich und bitten um Gesprächstermine zwecks ›Klärung‹.«
    Betty wurde von einerWelle der Erleichterung erfasst, die ihr zuwider war, denn sie machte ihr schlagartig bewusst, wie bedroht und verängstigt und verletzlich sie war. Dann packte sie eine ohnmächtigeWut. Und darauf folgte seltsamerweise ein Anflug von Mitleid für Joseph.
    »Ich weiß nicht, was passiert ist«, fuhr ihr Anwalt fort. »Vielleicht haben Sie die ganze Sache einfach ausgesessen. Das können sich die wenigsten Frauen erlauben. Die lassen sich dann auf Angebote ein, weil sie nicht mehr wissen, wovon sie einkaufen sollen.«
    »So was würde Joseph niemals machen«, erwiderte Betty.
    »Aber nur, weil wir es verhindert haben. Dafür können Sie Ihrer Familie dankbar sein.«
    Joseph gehört zu meiner Familie, hätte Betty am liebsten gesagt.
    »Wir haben’s geschafft, wir haben’s geschafft!«, jubelte Miranda und tanzte durchs Zimmer, als sie die Neuigkeiten erfuhr.
    »Vielleicht!«, pflichtete ihr Annie etwas gemäßigter bei. »Vielleicht haben wir es geschafft!«
    Betty fand dieVorstellung einesTriumphs schmerzhaft ernüchternd.Weshalb freuten sich die beiden nur so? Betty blickte sich imWohnzimmer um, betrachtete die Möbel und denTeppich, die Gemälde undVasen, und versuchte sich die Gegenstände in ihrem ursprünglichen Ambiente vorzustellen. Würde sie das Cottage vermissen, falls sie nun wirklich in ihre alteWohnung zurückkehrte? Sie war nicht sicher, hoffte aber, dass es so sein würde. Sie wollte die Zeit hier nicht als vergeudet betrachten müssen. Doch der Gedanke an die R ückkehr bereitete ihr keine Freude. Alleine in dieserWohnung zu leben würde sich anfühlen, als treibe man in einem kleinen Boot auf dem Ozean. Kein Ziel und keine Hoffnung, jemals irgendwo anzukommen.

18
    An einem Nachmittag, an dem Leanne in der Bibliothek des Herrenhauses an der Beachside Avenue arbeitete, suchten Henry und Miranda auf dem Rasen im hinteren Garten nach Würmern.Vor ihnen erstreckte sich der Long Island Sound. Der Himmel war leuchtend blau und der Wind frisch.Tante Charlotte hatte sich nach der Operation so weit erholt, dass sie mit einem R ollstuhl nach draußen gefahren werden konnte. Sie trug eine der Fleecedecken mit Ärmeln, die Betty bestellt hatte. »Die zweite hat nur die Hälfte gekostet«, hatte sie der aufgebrachten Annie erklärt. Dann hatte sie die zweite Decke Charlotte Maybank geschenkt, die sie nun unablässig trug, draußen wie

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