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Die drei Frauen von Westport

Titel: Die drei Frauen von Westport Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathleen Schine
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General trug eine rosa Blümchenbluse, strahlte aber dennoch etwas Kriegerisches aus. Amber stieg von dem Golfcart, die sorgfältig gezupften Augenbrauen nachdenklich zusammengezogen. »Du bist die Einzige, der ich vertrauen kann.«
    »Danke«, erwiderte Annie unsicher und sehnte sich eine Kopfbedeckung herbei. Sie beschattete die Augen. »Können wir uns in den Golfwagen setzen, um aus der Sonne zu kommen?«
    Amber nickte gewichtig und schritt voraus.
    »So«, sagte Annie, der Ambers angestrengt gerunzelte Stirn nicht entging. Annie dachte an ihre eigene unglückliche Schwester, ihre unglückliche Mutter, ihr unglückliches Selbst und empfand heftiges Mitgefühl für dieses Mädchen, das ganz offensichtlich ein massives Problem hatte. »Worum geht es denn?«
    Ein Golfcart mit einem älteren Paar zockelte vorbei. Die beiden schienen sich im Spaß zu zanken und deuteten lachend aufeinander.
    »Wir haben einen gemeinsamen Freund«, begann Amber.
    »Nicht nur einen.«
    »Nein, ich meine noch jemand anderen.«
    Das Gras glitzerte in der Sonne. Annie wartete ab. Amber hatte wunderhübsche Hände mit kurzen erlesen manikürten Nägeln, was Annie dazu bewog, ihre eigenen stumpfen Fingernägel zu betrachten.
    »Kennst du Gwendolyn Barrow?«, fragte Amber.
    »Gwendolyn Barrow?«Was konnte FredericksTochter wohl mit Amber zu schaffen haben? »Na ja, ich habe sie ein-, zweimal zufällig getroffen.«
    »Was hältst du von ihr?«
    »Das kann ich wirklich nicht sagen, Amber. Wie gesagt, ich hatte nicht viel mit ihr zu tun. Kennst du Gwendolyn?«
    »Nicht sie selbst, aber jemanden, der ihr sehr nahe steht. Und den kenne ich sehr gut.« Sie presste die Lippen zusammen und warf Annie einen durchtriebenen Blick zu.
    »Ach so, du bist mit ihrem Bruder Evan befreundet«, sagte Annie.
    »Nein, nein, nicht mit Evan«, erwiderte Amber. »Mit Freddie .«
    Amber hatte ziemlich feuchte Augen, fiel Annie auf. Große feuchte, braune Augen. Wie ein Tier, ein Tier mit Hufen. »Freddie?«
    »Dem Vater . Frederick, Freddie.«
    Annie versuchte, nicht rot zu werden. »Ach, Frederick. Ja, den kenne ich. Ich wusste nicht, dass du ihn auch kennst.«
    Amber verzog den Mund zu einem einfältigen Lächeln, legte den Kopf schief und sah Annie an. »Ich kenne ihn gut«, sagte sie.
    Unter dem Segeltuchdach des Golfcarts staute sich die Hitze, und die Luft draußen war unbarmherzig klar. Sogar die Wolken, scharf umrissen vor dem blauen Himmel, wirkten hart.
    »Ich wusste, dass ich dir vertrauen kann. Er sagt so viel Gutes über dich.«
    »Ach ja?« Annie spürte, dass Amber sie beobachtete, abschätzte, nach Anhaltspunkten suchte. Sie atmete so ruhig wie möglich und sah Amber direkt an. Freddie, wahrhaftig. »Nun, ich habe auch eine sehr hohe Meinung von Frederick.«
    Amber biss sich auf ihre üppige Unterlippe und nickte wie jemand, der etwas besitzt und sich einverstanden erklärt, dass andere es auch gut finden. Sie bot Annie Kaugummi aus einer Blisterverpackung an und schob sich selbst drei Stück in den Mund, als Annie ablehnte. Der Geruch von künstlichen Fruchtaromen, den Annie mit Raumsprays aus öffentlichenToiletten verband, verbreitete sich.
    »Woher kennst du Frederick?Wenn ich das fragen darf.«
    »Natürlich, kein Problem. Ich muss es ja ohnehin erzählen. Es war so: Crystal und ich haben sein Haus gehütet. Er hat dieses fantastische Haus in Massachusetts. AmWasser und so. Aber dann war Crystal bei diesem Seminar.«
    Amber unterbrach sich. Sie wirkte leicht peinlich berührt.
    »Ist sie auch noch in der Ausbildung?«, fragte Annie. Sie hatte keine Ahnung, worauf dieses Geheimtreffen in der gleißenden Sonne hinauslaufen sollte, aber sie wollte die Sache beschleunigen.
    »Crystal? Ja. Sie will Lebenshilfe-Coach werden und arbeitet auf ihren Abschluss hin. Sie war jedenfalls weg, ja? Und dann kam Freddie unerwartet nach Hause, und es ist eben irgendwie einfach passiert.« Sie verstummte, und ihr Gesicht nahm einen träumerischen Ausdruck an.
    Annie hörte wie gebannt und aus weiter Ferne zu. Sie konnte dieWorte, die über Ambers hübsche Lippen kamen, kaum verstehen, geschweige denn glauben, aber ihr war dennoch klar, dass es sich um dieWahrheit handelte. Frederick, ihr Frederick – obwohl er nur in ihrer Erinnerung und in ihren Fantasien ihr gehörte – und dieses Mädchen. »Ich weiß nicht recht, warum du mir das erzählst«, sagte sie so höflich wie möglich. Obwohl ihr ein Grund deutlich bewusst war. Annie meldete ihre Ansprüche an,

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