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Die drei Frauen von Westport

Titel: Die drei Frauen von Westport Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathleen Schine
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Scheidung ausgelassen, und das war auch nicht nötig – ein Blick auf Betty hatte Frederick genügt, um die Lage zu erfassen. Er hatte Hunderte oder garTausende solcher Frauen gesehen. Sie kamen in Scharen zu seinen Lesungen, zu seinenWorkshops und Kursen, die er gelegentlich anbot. Sie bildeten eine ganze amerikanische Gesellschaftsschicht, diese verlorenen Seelen, ähnlich wie die verlorenen Jungen aus Sudan. Doch sie waren keine Jungen, sondern ältere Frauen, noch immer auf ihre Art schön und lebendig, nur mit dieser einen Sache konfrontiert, die jegliche Schönheit und Lebendigkeit zunichtemacht – Bedeutungslosigkeit. Ja, Joseph schien ein netter Kerl zu sein. Und er hatte getan, was eben auch nette Kerle manchmal tun. Frederick hätte JosephWeissmann gerne verurteilt, doch das wagte er nicht. Bedrückt gestand Frederick sich ein, dass er sich nun auf Josephs Seite schlagen musste, denn sie waren Kameraden und gehörten derselbenVerbindung an, derVerbindung der Schürzenjäger.
    »Er ist wie ausgewechselt«, sagte Felicity. »Gott sei Dank.«
    »Den alten Joseph mochtest du nicht?«
    »Sei doch nicht blöd, Frederick.«
    »Nun, da hast du aber eine echte Vision gehabt, wenn du schon vorher den neuen Mann im alten erkennen konntest.«
    Felicity warf ihm ein kurzes bissiges Lächeln zu. »Wir haben uns verliebt. Er brauchte mich.«
    »Und das Schicksal wollte es, dass du dann auch da warst.«
    Felicity putzte sich die Nase. »Es ist eiskalt in diesem Haus hier.«
    »Ich mag seineTochter, Annie. Es war nett von dir, dass du uns zu dieser Lesung zusammengebracht hast, Felicity.«
    »Ach so, das. Ich dachte, das macht es ihr vielleicht leichter. Dann bist du wenigstens mal zu was nutze.« Sie tätschelte ihrem Bruder den Arm. Er war etwas älter als sie, aber so unglaublich weltfremd. Dieser ausgefransteWollpullover zum Beispiel. Sie zupfte an einem losen Faden.
    »Und wie heißt die andereTochter?«, fragte Frederick.
    »Stieftochter.Trotzdem liebt der Mann sie so heiß und innig, als wären sie seine leiblichen Töchter. Hat sie nach Strich und Faden verwöhnt. Aber wenn Kinder älter werden, muss man auch mal streng sein. Stark, jedenfalls wenn es darauf ankommt. Ich glaube, das merkt er jetzt, der arme, liebe, großzügige Mann. Für mich ist die ganze Geschichte natürlich sehr schmerzhaft. Mit der Stiefmutter und alldem.«
    »Und alldem«, wiederholte Frederick gedankenverloren.
    AmTag nachWeihnachten sollten Crystal und Amber an die Ostküste zurückfliegen. Ihre Haushüterzeit in Palm Springs war zu Ende, das Haus am Golfplatz wieder bewohnt.
    »Ihr seid wie zwei Zigeunerinnen, ihr beide«, sagte R osalyn neidvoll. »Oder wie zwei Vögel, die mal hierhin, mal dorthin ziehen. Immer unterwegs.«
    Annie sann müßig über Albatrosse nach. Blieben die nicht manchmal ein Jahr lang nur in der Luft?Von anderen komischen Angewohnheiten abgesehen.
    Die beiden kehrten in ein Haus zurück, das sie schon einmal gehütet hatten: das Haus auf Cape Cod. »Da fühlen wir uns so zuhause«, sagte Amber und sah Annie an. »Es ist ein zauberhaftes altes Haus.«
    »Bisschen zu alt für meinen Geschmack«, bemerkte Crystal mit einem Kichern.
    »Aber dich hat ja keiner gefragt, oder, Crystal?«
    Mich auch nicht, dachte Annie, als sie den beiden jungen Frauen zum Abschied zuwinkte und der gelbe Golfcart mit fröhlich flatternden Fransen zwischen den grellgrünen Grashügeln davongondelte.
    »Mein neues Zuhause«, raunte Amber Crystal zu, als sie mit ihrem Mietwagen auf die Zufahrt einbogen. »Sommerhaus, sollte ich wohl sagen. Unter keinen Umständen werd ich hier das ganze Jahr über leben.«
    Felicity hörte denWagen als Erste.
    »Wer mag das denn wohl sein.« Sie zog denVorhang beiseite.
    »Oh«, sagte Frederick so beiläufig wie möglich, »nur zwei Freundinnen, die ein paarTage hierbleiben. Die Mädchen, die manchmal für mich das Haus hüten.«
    »Deine Haushüterinnen?«, sagte Evan. »AnWeihnachten?«
    »Wenn wir alle hier sind?«, fragte Gwen.
    »Na ja«, sagte Frederick, »ich wollte, dass ihr euch mal kennen lernt.«
    Evan und Gwen sahen sich an.
    »Versuchst du mich zu verkuppeln oder so was, Dad?«, sagte Evan. »Weil, weißt du, ich kann mir selbst Mädchen suchen, und auf diese obdachlosen Haushüterinnen bin ich sowieso nicht scharf.«
    »Nein, Evan, ich will dich nicht verkuppeln, das kannst du mir glauben.«
    »Super, Sie kennen zu lernen«, sagte Amber, als Frederick die Schwestern seinen Kindern vorstellte.

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