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Die drei Hellwang-Kinder

Die drei Hellwang-Kinder

Titel: Die drei Hellwang-Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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behandelten Erinnerungsschatz des Fräuleins. Es waren Dinge, die sie von Stellung zu Stellung begleiteten, und an jedem Stück hing die Geschichte von einem braven, ungemein fleißigen Kinde, das sich unter Fräulein Zöglings Obhut zu einem prächtigen Menschen entwickelt hatte. Da waren Porzellanfigürchen, Stickereien, Bilder, Bücher und Sammeltassen, vieles mit sorgfältig gemalten Widmungen wie »Meinem lieben Fräulein Linda< oder >Zum Andenken an Bimbo<; das Hauptstück aber, dem Fräulein Zögling den Ehrenplatz auf der kleinen Wäschekommode bestimmte, war ein vierteiliges Teeservice. Auf der silbernen Platte stand in zierlichen Buchstaben eingraviert: >Fräulein Zögling in Dank und Anerkennung ihrer großen Verdienste um mein Haus! Idell-Idell.<
    »Das Abschiedsgeschenk des Grafen Idell-Idell!« sagte Fräulein Zögling mit feierlicher Stimme, und es war dabei etwas wie ein überirdischer Glanz um sie, der sie erhöhte.
    »Waren da die Kinder auch Grafen und Gräfinnen?« fragte Britta interessiert.
    »Die Knaben waren Grafen, die Töchter des Hauses waren Komtessen«, antwortete Fräulein Zögling mit einer Stimme, die hoch von der Decke zu kommen schien.
    »Auch die ganz kleinen Kinder?« forschte Britta unentwegt weiter, während Lydia sich in dem Tablett spiegelte und Fratzen schnitt. Fräulein Zögling hob die Brauen ein wenig empor, sie lächelte mild: »Mein Kind, Adel ist etwas, was man mit der Geburt mitbekommt. Man kann ihn nicht kaufen oder erwerben.«
    »Ich kenn auch einen Graf, den Graf Franzi aus der Gluckstraße, aber dem sein Vater ist Postschaffner.«
    »Ach, Kind...!« lächelte das Fräulein.
    Lydia untersuchte derweil die Teekanne, die Zuckerdose und das Sahnekännchen: »Is dees alles auch echt, Fräulein?«
    »Erstens, liebe Lydia, heißt es: Fräulein Zögling, verstanden? Ein gebildeter Mensch spricht eine Dame niemals mit >Fräulein< an, sondern sagt Fräulein und nennt den Namen dazu! Fräulein Zögling also, merk es dir. Fräulein allein sagt man allenfalls zu Dienstmädchen und Kellnerinnen. Und diesen wollen wir auch den Dialekt überlassen — es heißt das und nicht dees oder dös. — Und nun zu deiner Frage, mein Kind, sie ist wirklich köstlich. Ein Graf Idell-Idell schenkt keinen Tand!«
    »Wir haben aber auch silberne Löffel«, sagte Lydia hartnäckig, »und da ist ein Stempel drauf — 800 —, und der Konni hat gesagt, alles, was Silber ist, muß mit 800 gestempelt sein, sonst ist es nicht echtes Silber. Und auf der Kanne ist keine Zahl nicht oben, sondern bloß Buchstaben, und auf den anderen Sachen auch!«
    Fräulein Zögling griff mit einer ungeduldigen Bewegung nach dem Sahnekännchen und trat damit näher ans Fenster heran. Als sie sich wieder umwandte, war ihr Gesicht dunkler gefärbt und ihre Stimme klang schrill: »Der Graf hat das Service aus Afrika mitgebracht — jawohl, aus Südafrika! Und dort wird alles Silber mit Buchstaben gestempelt, verstanden! — Aber nun Schluß mit der Einräumerei! Wie steht es mit euren Schulaufgaben? Daran habt ihr natürlich noch mit keinem Gedanken gedacht...«
    »Wir haben nur ein bißchen Rechnen auf und ein paar Vokabeln«, sagte Britta betroffen. Der plötzliche Stimmungsumschwung von Fräulein Zögling war ihr ein Rätsel. Was hatte sie nur auf einmal, daß sie so spitz aussah?
    »Und du, Lydia, was habt ihr auf?«
    »Nix«, antwortete Lydia mit einem Schulterzucken.
    Fräulein Zögling sah sie ungläubig an: »So, wirklich nichts? Das finde ich aber sehr merkwürdig. Zeige mir doch einmal dein Aufgabenhaft.«
    »Wir haben keine Aufgabenhefte«, erklärte Lydia seelenruhig und schaute Fräulein Zögling mit einem veilchenblauen Blick treu in die Augen.
    »Na klar haben die Aufgabenhefte!« rief Britta empört; weniger, um zu petzen, als um nicht allein an die Bücher geschickt zu werden.
    »Deinen Schulranzen, bitte!« befahl Fräulein Zögling scharf und bestimmt. Lydia blieb nichts anderes übrig, als ihren Schulranzen zu öffnen. In ihm fand sich das Aufgabenheft, und in diesem Heft stand verzeichnet: >1 Fers von o Haupt voll Bluht und Wunden, mal mit 6 for und rückwertz, Seite vom Hasen und vom Igel lesen.<
    »Weshalb hast du mich angelogen, Lydia?« fragte Fräulein Zögling vorwurfsvoll und traurig: »So etwas ist mir noch bei keinem von allen den vielen Kindern begegnet, die ich je unterrichtet habe, nein, wirklich nicht! Schäm dich!«
    Lydia schämte sich durchaus nicht, und sie ließ sich auch deutlich

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