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Die drei Hellwang-Kinder

Die drei Hellwang-Kinder

Titel: Die drei Hellwang-Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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ihren Händen verschwunden, sie stak wohlverwahrt über dem Gummizug ihrer Schlupfhose.
    Kathi ließ sich durch die Anwesenheit von Fräulein Zögling nicht in ihrer wichtigen Beschäftigung stören. Sie schnitt den letzten Bogen zurecht und legte ihn in das unterste Schubfach. Fräulein Zögling bemerkte den klappernden Kochtopfdeckel und die rot glühende Platte.
    »Oh, Sie bereiten wohl gerade den Kaffee...«
    »Vorläufig lege ich einmal den Schrank aus«, antwortete Kathi auf Hochdeutsch und mit wohllautenden Diphtongen, die ans griechische Lautbild erinnerten. Fräulein Zögling befeuchtete sich die spröden Lippen, ihre Nasenflügel zitterten ein wenig, sie holte tief Luft...
    Aber nein! Sie wollte und mußte es mit Güte versuchen — mit beschämender Güte und Sanftmut! Sie trat zum Elektroherd hin und stellte die Kochplatte auf den Sparbrenner ein. Dann schnippte sie mit der Spitze des Mittelfingers ein Stäubchen von! ihrem Kleid und hob den Blick freundlich zu Kathi empor. Allerdings senkte sie ihn bald, da sie zwei eiseskühlen Augen begegnete, auf Kathis Busen und von dort, da dessen weiche Fülle und übermenschliches Format sie verwirrten, in tiefere Regionen.
    »Ich weiß, Kathi«, sagte sie sanft, »wie sehr Sie an Frau Hellwang gehangen haben und wie schmerzlich auch Sie ihr Verlust berührt. Sie ist nicht mehr. Aber ihre Aufgaben sind geblieben und auf uns gefallen. Nun, ich meine, wir werden unsere Pflichten am besten erfüllen und am meisten im Sinne der Ihnen so teuren Entschlafenen handeln, wenn wir in Eintracht und voller Verständnis füreinander Zusammenwirken. Ich bin jederzeit und gern bereit — und ich hoffe von Ihnen das gleiche.«
    Sie nickte Kathi zu, drehte sich um und schloß die Tür hinter sich. Kathi atmete auf, als hätte sie während der ganzen Zeit, in der Fräulein Zöglings friedfertige Worte auf sie einströmten, das Atmen vergessen. Plötzlich saugte sie die Luft mit jenem enervierenden Geräusch zwischen Schneide- und Eckzahn in sich hinein und murmelte: »Krampfhenne — falsche, vadruckte!« Und das war alles, was sie zu dem Appell von Fräulein Zögling für ein
    einträchtiges und verständnisvolles Zusammenwirken zu bemerken hatte. Und es klang, weiß Gott, nicht gerade verheißungsvoll für die Hausdame. —
    Konrad Hellwang merkte nichts davon, daß in dem Hause eine Lunte schwelte, die von dem Zimmer Fräulein Zöglings über die Treppe zur Küche lief, eine Lunte, die von zwei Seiten gleichzeitig brannte und an ein großes Pulverfaß angeschlossen war. Es fragte sich nur, welches Ende rascher abbrennen und das Faß zur Explosion bringen würde. Nein, es wurde nichts aus dem Frieden und aus der Eintracht im Haus >Gode Wind<, wovon Fräulein Zögling so schön und wohlgesetzt gesprochen hatte. Zwar kam es nie zu irgendwelchen lauten Auftritten, aber ständig gab es Reibungen, die Elektrizität von hoher Spannung erzeugten. Es waren im Grunde lächerliche Dinge, die zu diesen Reibungen führten; nur durch die Hartnäckigkeit von Fräulein Zögling, die den Pfad der Güte bald verließ, und durch die Sturheit von Kathi, die auf ihre älteren Rechte pochte und sich von >der Neuen< nichts bieten lassen wollte, wuchsen sie und plusterten sich bösartig auf.
    Kathi ging mit dem Strom nicht gerade sparsam um. Es kam mehr als einmal vor, daß sie die Birnen im Keller brennen ließ und sich auf diese Weise den mühseligen Handgriff zum Schalter ersparte, wenn sie am nächsten Tag wieder Kartoffeln oder Bier aus dem Keller holen mußte. Fräulein Zögling hatte den verständlichen Ehrgeiz, die erschreckend hohen Lichtrechnungen herunterzudrücken. Kathi stellte die Schuhe der Kinder zum Trocknen auf die Zentralheizungskörper. Fräulein Zögling nahm Sie von dort herunter, weil die trockene Wärme die Sohlen dörrte und das Oberleder brüchig werden ließ. Kathi verbrauchte ungeheure Mengen an Hausputzmitteln, Bohnerwachs, Schuhcreme und Seife. Fräulein Zögling schränkte den Verbrauch ein und wurde bis in die Lippen blaß, als Kathi ihr erklärte, >daß sie eine solche Sau nicht sei, die wo mit Seife und mit Putzmitteln spare...< Vielleicht war das der Grund für den schlimmsten Tort, den Fräulein Zögling Kathi antat. Kathi zerschlug Geschirr, sie zerschlug ziemlich viel Geschirr; für ihre mächtigen Pratzen waren diese dünnen Tassen und Teller einfach zu zerbrechlich. Fräulein Zögling setzte am Monatsersten die Hälfte des Wertes von dem, was Kathi zertrümmert

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