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Die drei Hellwang-Kinder

Die drei Hellwang-Kinder

Titel: Die drei Hellwang-Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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auch nötig haben. Mir san de Knie ganz woach.«
    Er drehte sich um: »Ja, Kathi, das ist eine gute Idee — bringen Sie mir die kleine Kanne auf mein Zimmer.« Und er ging an ihr vorbei und die Treppe zu seinem Arbeitszimmer empor. Kathi faltete hinter ihm die Hände. Ihr Schutzheiliger war der Bruder Konrad von Parzham. Bis jetzt hatte sie ihn, was Hellwang und den Kognak anbetraf, vergeblich angerufen, so daß sie schon gemeint hatte, er sei für solche Sachen nicht zuständig. Aber nun schien er sich um Hellwang doch bemüht zu haben.
    Im Haunerschen Kinderspital wurde Britta zu einem Mädchen ihres Alters gelegt, einer kleinen Pasingerin namens Helga Hafner, die gestern eingeliefert worden war. Daß sie nicht allein zu liegen brauchte, erleichterte sie sichtlich, und der Abschied von Trix, vor dem diese sich ein wenig gefürchtet hatte, ging mit ein paar rasch getrockneten Tranchen ab. Natürlich mußte Trix ihr versprechen, sie täglich zu besuchen. Dr. Lechner ging voran und erwartete sie unten im Wagen.
    »Zu dämlich, daß Hellwang mir nicht gleich gesagt hat, daß wir Kollegen sind«, sagte er, als sie zu ihm ins Auto stieg, »sonst hätte ich Ihnen womöglich jetzt noch erzählt, daß Sie sich daheim die Hände waschen und die Kleider wechseln sollen, bevor Sie den beiden Kleinen begegnen.«
    »Er war ein bißchen durchgedreht, der gute Konrad.«
    »Kein Wunder — ich weiß nicht, wie es mir an seiner Stelle ergangen wäre.«
    »Und ich wage nicht, daran zu denken, was im Haus los wäre, wenn er Kathi nicht hätte.«
    »Ein Diamant«, grinste der Doktor, »ein Rohdiamant sozusagen.«
    »Gott sei Dank! Wahrscheinlich gingen in diesem Falle beim Schliff die besten Eigenschaften verloren.«
    »Da können Sie recht haben.« Er blinzelte sie von der Seite an: »Ich kann mir gar nicht vorstellen, daß Sie den Facharzt schon hinter sich haben. Sie sehen unglaublich jung aus.«
    »Danke, ich höre es gern, aber im Dezember werde ich dreißig — da beißt keine Maus einen Faden ab.«
    »Trotzdem haben Sie es früh geschafft — Respekt!«
    »Es lag nur am Geburtsdatum. Ich war noch nicht sechs, als ich in die Schule kam und noch nicht achtzehn, als ich mein Abitur machte.«
    »Jetzt haben Sie es mir ganz genau erklärt«, lachte er, »es liegt nur am Geburtsdatum! — Wie kamen Sie übrigens auf die Röntgenologie?«
    »Wollen Sie es genau wissen? Ich verliebte mich in meinen klinischen Semestern in den Röntgenologen. Ein eleganter Mann, ein homme aux femmes mit maßgeschneiderten Laborkitteln, grauen Schläfen und einer Stimme wie Haaröl.«
    »Brrrrrrr...«, machte der Doktor.
    »Leider übersah er mich vollständig.«
    »Und da wollten Sie es ihm zeigen, wie?«
    »Vielleicht...«
    »Haben Sie nun in Ihrem Fach gefunden, was Sie gesucht haben? Ich meine natürlich nicht den fabelhaften Mann mit den grauen Schläfen.«
    »Ich weiß es nicht«, antwortete sie mit einem kleinen Achselzucken; »haben Sie in Ihrer Praxis das gefunden, was Sie gesucht haben?«
    Er zögerte mit der Antwort: »Teils — teils...«, sagte er schließlich, »es sind zu viel Hustenrezepte dabei, wenn Sie verstehen, was ich damit sagen will.«
    »Natürlich verstehe ich Sie. Aber wo ist schon der Beruf, der einen ganz erfüllt und ganz ausfüllt.«
    »Vielleicht bei Hellwang«, sagte er und schaltete die Scheinwerfer ein, denn sie fuhren durch eine flache Nebelmulde, »manchmal beneide ich ihn.«
    »Um seine Freiheit?«
    »Freiheit? Lieber Gott...ich glaube, daß hinter diesen künstlerischen Berufen mehr Zwang steckt, als wir ahnen. Aber er schafft doch etwas Ganzes. Und was tue ich? Ich flicke.«
    »Und ich schaue sozusagen in die Röhre«, sagte sie amüsiert.

ENDE UND ANFANG

    Trix arbeitete im Garten. Lydia und Söhnchen halfen ihr dabei. Sie schnitt die verwucherten Ananaserdbeeren zurück. Das lange Beet, das den Rasen vom Küchengarten trennte, war völlig verfilzt. Den ganzen Sommer über hatte sich kein Mensch darum gekümmert. Die alten Pflanzen, die jetzt im dritten Fruchtjahr standen, waren von Ausläufern so übersponnen, daß es eine unendliche Geduld erforderte, sie wieder freizulegen. Trix arbeitete mit Messer und Häuel. Lydia und Söhnchen trugen die abgeschnittenen und ausgehackten Ableger in runden Weidenkörben auf den Komposthaufen. Für gewöhnlich erlahmte ihr Eifer bei solchen Beschäftigungen sehr rasch. Aber da Trix für je drei fortgeschaffte Körbe ein Karamellgutti als Belohnung ausgesetzt hatte, war es

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