Die drei !!! Kuss-Alarm (Ausrufezeichen) - Wich, H: drei !!! Kuss-Alarm
schönsten Lächeln an und redete leidenschaftlich auf sie ein. Und was tat die Verkäuferin? Sie lächelte zurück und hing völlig verzückt an seinen Lippen. Als er eine kurze Pause machte, lachte sie plötzlich und sah ihn bewundernd an. Herr Grevenbroich schien seine Wirkung voll zu genießen und redete sofort weiter. Undwieder hing die Verkäuferin an seinen Lippen. Nein, das war kein normales Verkaufsgespräch, das war nichts anderes als ein offensiver, schamloser, heftiger Flirt!
Marie vergaß alles, woran sie gerade noch gedacht hatte: Sie vergaß Holger und die Valentins-Überraschung, sie vergaß sogar für einen Augenblick ihre Mutter und den Unfall. Sie dachte nur noch eins: Bitte, das darf jetzt nicht wahr sein! Hat Papa etwa eine neue Freundin?
Auf einmal hatte sie einen Schleier vor den Augen und konnte fast nichts mehr sehen. Trotzdem machte sie auf dem Absatz kehrt und rannte, so schnell sie konnte, davon. Keine Sekunde länger hielt sie es aus, mit anzusehen, wie ihr Vater alles zerstörte.
Wie konnte er ihr das antun? Und vor allem: Wie konnte er Mama das antun? Hatte er sie völlig vergessen? Er hatte doch immer davon gesprochen, dass es in seinem Leben nie wieder eine Frau geben würde, die er so lieben würde wie seine verstorbene Frau. Galt das jetzt alles auf einmal nicht mehr? Was war passiert?
Marie bekam Seitenstechen und musste stehen bleiben. Keuchend stützte sie ihre Hände in die Hüften und starrte in das Schaufenster eines Fotoladens. Da kam ihr auf einmal ein furchtbarer Verdacht: War ihr Vater etwa schon länger mit der Verkäuferin zusammen? So wie sie sich gerade verhalten hatten, schienen sie ja sehr vertraut miteinander zu sein, als würden sie sich schon lange kennen. Hatte er die ganze Zeit Geheimnisse vor ihr? Wollte er neulich Marie schonend auf seine neue Freundin vorbereiten, als er ihr sagte, sie solle in der Gegenwart leben? Maries Knie fingen an zu schwanken. Sie musste sich an der Hauswand festhalten, um nicht umzukippen. Plötzlich hatte sie solche Angst: Angst, ihren Vater für immer zu verlieren. Marie schloss die Augen. Wenn ihr Vater wirklich eine Freundinhatte, dann wäre sie ja noch mehr allein als bisher. Wie sollte sie das bloß aushalten? Marie war so verzweifelt, dass sie nicht mehr weiterwusste.
»Entschuldigung«, sagte ein junger Mann, der aus dem Fotoladen kam und sein Handy am Ohr hatte. »Kann ich mal vorbei?«
Wortlos rückte Marie ein Stück zur Seite, da fiel ihr ein, dass ihr Vater sie zwar im Stich gelassen und verraten hatte, aber dass sie doch nicht ganz alleine war. Es gab ja noch Franzi und Kim! Marie zögerte kurz, und dann wusste sie, wen sie anrufen würde: Kim. Sie hatte immer so eine beruhigende Art, wenn es jemandem schlecht ging. Sie gab nicht tausend schlaue Tipps, sondern hörte einfach nur zu.
Wie eine Ertrinkende suchte Marie ihr Handy und wählte die eingespeicherte Nummer.
»Hier Jülich«, meldete sich Kims Mutter.
»Hallo ... hier ist Marie«, brachte Marie mit letzter Kraft heraus. »Ist Kim da?«
»Nein«, sagte Frau Jülich. »Ich dachte, du wüsstest es. Sie hat doch heute ihren ersten Termin für die Foto-Love-Story. Hat sie dir das nicht erzählt?«
Marie hätte am liebsten laut aufgestöhnt, aber sie konnte sich gerade noch zusammenreißen. »Doch, klar hat sie das erzählt«, antwortete sie.
»Soll ich ihr irgendwas ausrichten?«, fragte Frau Jülich.
Marie nickte, obwohl Kims Mutter das natürlich nicht sehen konnte. »Ja, bitte. Richten Sie ihr aus, sie soll mich zurückrufen, sobald sie wieder zu Hause ist.«
»Mach ich«, sagte Frau Jülich. »Dir noch einen schönen Tag, Marie. Bis bald mal!«
»Bis bald«, murmelte Marie und ließ ihr Handy zurück in die Tasche gleiten.
Kims Fototermin hatte sie völlig vergessen. Dabei war das der Grund gewesen, warum sie die Recherche der Zeugenadresse auf den nächsten Tag verschoben hatten. Außerdem hatte Kim dauernd davon gesprochen, wie schrecklich aufgeregt sie sei und wie froh, dass Franzi sie begleiten würde.
Also war Marie doch alleine, zumindest im Moment. Wie sollte sie bloß die nächsten Stunden bis zu Kims Anruf überstehen?
Es war der perfekte Tag für ein Fotoshooting im Freien. Am Morgen hatte es angefangen zu schneien, und jetzt, am frühen Nachmittag, lag eine dünne Schicht Glitzerschnee auf den Bäumen und Büschen im Jakobipark. Ein paar unerschrockene Enten, denen der Frost nichts ausmachte, schwammen elegant auf dem Teich hin und her.
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