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Die drei Leben der Tomomi Ishikawa (German Edition)

Die drei Leben der Tomomi Ishikawa (German Edition)

Titel: Die drei Leben der Tomomi Ishikawa (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benjamin Constable
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Butterfly?«
    »Sie ist eines Tages aufgetaucht, als ich auf dem College war. Sie war nett zu mir, wie eine große Schwester. Ich dachte immer, was für ein Zufall, jemanden kennenzulernen, der auf derselben Schule war wie ich, aber jetzt glaube ich, es war gar keiner.«
    »Warum?«
    »Ach na ja, weil mir in der Schule ein gewisser Lehrer ziemlich viel Aufmerksamkeit geschenkt hat.«
    »Oh Gott. Also bist du Jane.«
    »Ich bin Beatrice. Butterfly stellt sich eben gern alle Leute, die sie kennt, als Romanfiguren vor, nur dass sie sich dann ihre eigenen kranken Geschichten für sie ausdenkt.«
    »Hat sie ihn wirklich ermordet?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Ist er tot?«
    »Ich weiß es wirklich nicht. Ich habe keinen Kontakt mehr zu ihm. Er ist irgendwann einfach verschwunden.«
    »Hat er ein Buch über dich geschrieben?«
    »Das hat Butterfly mir zumindest erzählt.«
    »Was, und es hat dir keiner irgendwelche Fragen gestellt? Keine Polizei oder so?«
    »Doch, ich habe mit einer sehr netten Polizistin gesprochen. Sie wollte alles Mögliche von mir wissen. Und bot mir dann ein Gespräch mit dem Polizeipsychologen an, aber keiner hat mir gesagt, was passiert ist, und ich habe auch nie gefragt. Sie haben mir bloß erklärt, es sei alles vorbei, der Fall sei abgeschlossen, aber keiner hat mir gesagt, was passiert ist.«
    »Oh mein Gott. Also steckst du doch da mit drin.«
    »Aber das wollte ich überhaupt nicht; ich habe wirklich alles versucht, mich da nicht mit hineinziehen zu lassen. Ich kann es dir erklären. Es ist ziemlich kompliziert.«
    »Okay.«
    »Als ich auf dem College war, ist Butterfly zu mir gekommen und hat mir erzählt, ein Lehrer hätte ein Buch über mich geschrieben. Ich hatte sofort furchtbare Angst, weil ich dachte, meine Vergangenheit käme plötzlich ans Licht, und sie sagte, sie könnte dafür sorgen, dass das Buch nie gedruckt würde, aber dass sie dafür meine Hilfe bräuchte, und ich habe Ja gesagt. Das war alles und als Nächstes kam die Polizei und ich habe die ganzen Fragen genauso beantwortet, wie sie es wollte …«
    »Butterfly hat dir gesagt, wie du die Fragen beantworten sollst?«
    »Ja, irgendwie schon. Ich war damals fast noch ein Kind. Danach haben wir uns regelmäßig getroffen und beim Trinken die verrücktesten Gespräche geführt. Es war, als sei sie der einzige Mensch auf der Welt, der wirklich wusste, wer ich bin. Sie wurde meine neue beste Freundin. Sie war meine große Schwester, meine Heldin. Ich habe sie vergöttert, sie über alles geliebt. Ich weiß gar nicht mehr genau, wie es dazu gekommen ist, aber irgendwann im Jahr 2001 beschlossen wir, nach Paris zu ziehen, und, keine Ahnung, kaum zwei Wochen später waren wir da. Wir haben uns ein Jahr lang eine Wohnung geteilt, bis wir beide anfingen, unser eigenes Leben zu führen. Wir haben uns immer seltener gesehen, aber wir sind trotzdem noch oft zusammen Kaffee trinken gegangen oder haben uns abends auf ein paar Drinks getroffen. Ich war sogar mal auf einer Party in ihrer Wohnung, auf der du auch warst. Wir haben uns unterhalten.«
    »Was? Du und ich?«
    »Nicht lange. Du bist erst total spät gekommen und ich wollte gerade gehen. Aber ich erinnere mich noch. Erst habe ich mir Sorgen gemacht, dass du mich erkennen könntest, wenn du mich hier siehst, aber Butterfly hat mir versichert, dass das kein Problem sein würde, weil du so was wie eine Störung hast, aufgrund derer du Leute nicht wiedererkennst, wenn sie in einem anderen Kontext auftauchen.«
    »Prosopagnosie.«
    »Genau.«
    »Also ich würde es ja eher eine Art Superkraft als eine Störung nennen, aber ich kann echt nicht glauben, dass wir uns schon mal in Paris begegnet sind.«
    »Du hattest auch ziemlich einen im Kahn. Wir haben uns nur eine Minute oder so unterhalten. Ich wollte gerade gehen und du hast irgendetwas zu mir gesagt. Ich weiß nicht mehr, was es war, aber wir haben gelacht. Ich erinnere mich, dass ich dich ziemlich lustig fand. Ich habe sogar kurz überlegt, noch zu bleiben, um herauszufinden, wer du bist.«
    »Ich weiß trotzdem nicht, wie Butterfly so sicher sein konnte, dass ich dich nicht erkennen würde.«
    »Mir kam das auch komisch vor, aber sie meinte, ich hätte ja jetzt eine andere Frisur, und solange ich dir nicht erzählen würde, dass ich dich kenne, sei das alles kein Problem. Und anscheinend hatte sie ja recht. Aber ich bin schon wieder abgeschweift. Zuerst hat sie mich nur gefragt, ob ich etwas für sie verstecken könnte. Es sollte

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