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Die drei Leben der Tomomi Ishikawa (German Edition)

Die drei Leben der Tomomi Ishikawa (German Edition)

Titel: Die drei Leben der Tomomi Ishikawa (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benjamin Constable
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aufgegessen und fuhr nun mit dem Finger durch den Becher, um auch noch den letzten Rest zu erwischen. Jetzt hatte ich erst recht Hunger. »Und was ist dann schiefgegangen?« Ich fühlte mich wie betrunken nach dem Joghurt.
    »Das versuche ich ja gerade zu erklären. Ich wollte mich umbringen, weil ich todunglücklich war. Ich war dazu erzogen worden, Dinge zu tun, die ich jede Sekunde meines restlichen Lebens bereuen würde, und irgendwann begann ich langsam zu verstehen, dass ich, egal, wie weit ich wegrannte oder wie sehr ich versuchte, mein Denken zu ändern oder jemand anderes zu sein, immer an meine Vergangenheit gekettet sein würde. Sie würde nie verblassen. Nichts und niemand würde mich je von dieser Bürde befreien können. Für mich gab es einfach keine Hoffnung, jemals ehrlich glücklich zu werden.«
    »Ich dachte, du wärst glücklich gewesen, manchmal, wenn wir geredet haben. Wir haben so viel gelacht.«
    »Ja, das haben wir. Und das sind schöne Erinnerungen. Aber es waren immer nur kleine Zwischenspiele, die mich kurz von der grenzenlosen Widerwärtigkeit meiner Existenz abgelenkt haben. Und darum beschloss ich zu sterben.«
    Ich fühlte, wie mir die Kehle eng wurde. Sie irrte sich. Depressionen lassen einen so denken, aber es gibt immer auch einen anderen Weg. Wir sind nicht an unsere Vergangenheit gekettet. Ihre Vergangenheit bestand aus nichts als Geschichten, die sie sich ausgedacht hatte – das heißt, natürlich hatte sie auch eine echte Vergangenheit, aber eben nicht diese Geschichten. Sie stellten nur eine Option dar, etwas ganz anderes auszudrücken. Denn das war der Sinn von Geschichten.
    »Also habe ich angefangen, meinen Tod zu planen und alles Mögliche zu organisieren, vor allem die Schatzsuche, und irgendwann hat sie mein gesamtes Denken eingenommen. Ich habe an nichts anderes mehr gedacht. Im Schlaf habe ich davon geträumt, und wenn ich aufgewacht bin, wollte ich am liebsten sofort aufstehen und weitermachen. Ich habe dir jeden Tag Briefe geschrieben, sie wieder zerknüllt und von vorne angefangen, ich habe meine Tagebücher nach interessantem Stoff durchforstet und peinliche Passagen aussortiert. Und ich war glücklich dabei. Das Spiel mit dir hat so viel Spaß gemacht. Zum ersten Mal in meinem Leben wollte ich, dass etwas ewig weitergeht. So ein Gefühl kannte ich bis dahin überhaupt nicht.«
    Ich wollte nach ihrer Hand greifen und sie drücken, aber gleichzeitig wollte ich es doch nicht. Ich trank mein Wasser und zündete mir eine Zigarette an. Sie sah mir neidisch dabei zu.
    »Darf ich vielleicht auch eine haben?«
    »Bedien dich.« Ich schob das Päckchen zu ihr rüber.
    Sie steckte sich ebenfalls eine an und hielt sie unbeholfen zwischen den Fingern, während sie einen tiefen, zittrigen Zug nahm. Sie bemerkte meinen Blick. »Nikotinflash«, erklärte sie. »Ich rauche eigentlich gar nicht mehr.«
    »Okay, du hast also festgestellt, dass dir noch nie etwas so viel Spaß gemacht hat, wie deinen eigenen Tod zu planen.« Das klang nicht, als würde ich ihr glauben. Ich weiß auch nicht, ob ich ihr glaubte.
    »Ja.« Sie sah zu Boden.
    »Und darum hast du mir erzählt, du hättest dich umgebracht.«
    Sie schwieg.
    »Kannst du dir eigentlich vorstellen, wie sehr man darunter leidet, wenn jemand anderes Selbstmord begeht? Kannst du dir vorstellen, was den Leuten da alles durch den Kopf geht?«
    »Ich muss es mir gar nicht vorstellen.«
    »So was sagt man nicht einfach aus Spaß. Das ist krank. Das ist die grausamste Lüge, die ich mir nur vorstellen kann.«
    Sie erwiderte zunächst nichts, sondern blickte mich bloß mit Tränen in den Augen an, und ich sah die Schatten an ihrer Kehle, dort, wo sie sich zuschnürte.
    »Ich liebe dich.«
    »Sagst du das immer, wenn du irgendwen milde stimmen willst?«
    »Das sage ich zu dir und vielleicht noch zu ein paar anderen Leuten. Nur zu besonderen Leuten – sonst zu niemandem.«
    So hatte ich sie schon einmal erlebt. Ich konnte nicht zulassen, dass sie sich hinter ihrem wie auch immer gearteten Selbstschutzmechanismus versteckte. Ich wollte sie kleinkriegen und dafür sorgen, dass sie endlich alles ausspuckte, damit sie danach ganz von vorne anfangen konnte.
    »Und das war die einzige Möglichkeit, mich loszuwerden – mir zu sagen, dass du tot bist?«
    »Irgendwie schon, ja. Du bist nun mal ein ziemlich hartnäckiger Mistkerl. Du lässt nicht locker. Ich habe ja versucht, es anders zu machen.«
    »Was anders zu machen?«
    »Mich nicht

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