Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die drei Leben der Tomomi Ishikawa (German Edition)

Die drei Leben der Tomomi Ishikawa (German Edition)

Titel: Die drei Leben der Tomomi Ishikawa (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benjamin Constable
Vom Netzwerk:
es vielleicht noch mehr zu sagen, doch keiner von uns machte einen Anfang. Vielleicht war es auch besser, nicht darüber zu reden.
    »Darf ich lesen, was du gefunden hast?«, fragte sie schließlich.
    »Klar.« Ich gab ihr das neueste Notizbuch und sah aus dem Fenster, während sie las.
    »Tut mir leid, wie unhöflich von mir«, sagte sie dann. »Ich sollte es nicht jetzt lesen.«
    »Mich stört es nicht«, antwortete ich wahrheitsgemäß. »Ich würde gern deine Meinung dazu hören.«
    Also las sie die Geschichte über Guy Bastide und verzog hin und wieder unbehaglich das Gesicht.
    »Und, was denkst du?«, fragte ich schließlich.
    »Das ist echt verrückt.«
    »Ich glaube das alles nicht mehr«, sagte ich. »Irgendetwas hat sich verändert. Wie du schon gesagt hast, das sind keine wahren Begebenheiten.«
    »Ich denke, du hast recht. Du solltest die Bücher nicht als Dokumentation einer Mordserie betrachten. Sondern als eine Serie von Geschichten.« Beatrice wirkte nachdenklich.
    »Mehr wie Gewaltfantasien«, stimmte ich ihr zu.
    Ich zeigte ihr die E-Mail, die mich zur Jefferson Market Library geführt hatte.
    »Sie muss dich wirklich sehr mögen«, bemerkte sie.
    »Scheint so, ja.«
    »Vielleicht ist sie ja von dir besessen.«
    »Ich finde es gruselig, wenn du im Präsens von ihr redest.«
    »Tja, du kennst ja meine Meinung dazu«, entgegnete sie. »Sag mal, wo ist denn eigentlich dein Kater?«
    Ich warf einen Blick unter den Tisch und sah mich im Café um. »Ich weiß nicht. Vielleicht ist er gegangen.«
    »Ich musste heute Morgen an dich denken, als ich zehn Minuten damit zugebracht habe, Katzenhaare von meinen Klamotten zu zupfen.«
    »Oh Mann, ja. Cat hat ganz schön lange Haare. Die bleiben einfach überall hängen.«
    »Er heißt Cat?«
    »Ja.«
    »Ziemlich einfallslos«, stellte sie nüchtern fest und ich war ein bisschen gekränkt.
    »Er gehört mir ja nicht. Er ist einfach irgendein Kater. Es ist nicht meine Aufgabe, mir einen Namen für ihn auszudenken«, verteidigte ich mich. »Aber irgendwie muss ich ihn schließlich nennen.«
    »Hat ihn schon mal irgendjemand sonst gesehen?«
    »Ich hoffe nicht. Das würde nämlich heißen, dass dieser Jemand Gedanken lesen kann, und dann könnte ich nichts mehr geheim halten. Es wäre, als liefe man nackt durch die Straßen. Man fühlt sich entblößt, unzulänglich und würde vor Scham am liebsten im Boden versinken.«
    Zwei Bier später schlenderten wir die Straße hinunter, ohne groß darauf zu achten, wohin.
    Plötzlich war ich müde und hatte außerdem Hunger. »Sollen wir irgendwo was essen gehen?«
    »Ja, können wir machen.«
    »Kennst du einen Laden, in dem es Sushi gibt?«
    Beatrice lächelte. »Klar, komm mit.«
    Nach ein paar Minuten erreichten wir ein kleines japanisches Restaurant, bestellten Maki und Sashimi und tranken Flaschenbier.
    »Maki erinnern mich immer an kleine Bäume und die französische Résistance«, sagte ich.
    »Wieso das denn?«
    »Weil die französischen Deserteure und die Widerstandskämpfer immer in so niedrige Wäldchen namens maquis geflohen sind, wo die Bäume so dicht standen, dass sie dort niemand gefunden hat, darum wird das Wort maquis heute auch oft synonym für eine Untergrundbewegung benutzt.«
    »Und was meinst du mit niedrig? Wie Brokkoli? Oder Bonsai-Bäume?«
    »Nein, so in etwa drei Meter hoch. Vielleicht auch vier. Keine Ahnung, ich bin noch nie in so einem maquis gewesen. Das ist auch ziemlich gefährlich, weil man sich leicht verlaufen kann und die außerdem wahrscheinlich voller Wildschweine sind. Wie ein Dschungel, nur mit kleineren Bäumen.«
    »Klein, aber größer als Brokkoli.«
    »Genau.«
    »Okay. Ich hatte irgendwie Probleme, mir Leute vorzustellen, die sich auf der Flucht zwischen Brokkoliköpfen verstecken. Wo gibt es denn solche Wälder?«
    »In Südfrankreich. In der Nähe von Avignon oder so. Ich habe sie mal vom Zug aus gesehen. Wie ein weites grünes Meer.«
    Beatrice dachte einen Moment darüber nach.
    »Ich will noch mal in die Charles Street«, verkündete ich.
    Beatrice’ Gesicht veränderte sich kein bisschen. »Wie bitte?«
    »Ich will noch mal in die Charles Street Nummer 15. Ich will mit dem Mann da reden.«
    »Welchem Mann?«
    »Dem Pförtner. Willst du nicht mitkommen? Ich finde, du hast eine beruhigende Ausstrahlung und verleihst Gesprächen einen angenehmen Hauch Skurrilität. Irgendwie ist es dadurch immer ein bisschen weniger seltsam, als wenn ich allein bin.«
    »Tut mir leid, ich

Weitere Kostenlose Bücher