Die drei Musketiere 2
wir es hoffentlich nur noch mit Männern zu tun.« – »Inzwischen«, sagte Athos, »hebe ich meine Einsperrung auf und verlasse Euch nicht. Ihr müßt nach der Rue des Fossoyeurs zurückkehren, ich werde Euch begleiten.«
»Aber wenn es auch noch so nahe ist«, versetzte d’Artagnan,
»so kann ich doch nicht hingehen.« – »Das ist wahr«, erwiderte 65
Athos und zog die Glocke. Grimaud trat ein. Athos gab ihm durch ein Zeichen zu verstehen, in der Wohnung d’Artagnans Kleider zu holen. Grimaud erwiderte ebenfalls durch ein Zeichen, daß er vorzüglich verstanden habe, und ging fort. »So!
Das alles bringt uns aber nicht um einen Schritt weiter in unserer Ausrüstung, lieber Freund« sagte Athos. »Denn wenn ich recht verstehe, habt Ihr alles bei Mylady zurückgelassen, und diese wird wohl kaum so aufmerksam gegen Euch sein, Euch Eure Sachen zurückzusenden. Zum Glück habt Ihr den Saphir.«
»Der Saphir gehört Euch, mein lieber Athos! Habt Ihr mir nicht gesagt, daß er ein Familienkleinod war?«
»Ja, das ist richtig.« – »Gut, nehmt den Ring zurück.« – »Ich den Ring zurücknehmen, nachdem er durch die Hände dieser Schändlichen gegangen ist? Nie, dieser Ring ist beschmutzt, d’Artagnan.« – »Dann verkauft ihn!« – »Ein Kleinod verkaufen, das von meiner Mutter kommt? Ich gestehe, daß ich das als eine Entweihung betrachten würde.« – »Dann versetzt ihn, man wird Euch wohl dreihundert Pistolen darauf leihen. Diese Summe reicht für Euren jetzigen Bedarf. Mit dem ersten Geld, das Ihr einnehmt, löst Ihr ihn dann wieder ein und nehmt ihn, von seinen alten Flecken gereinigt, zurück, denn er ist durch die Hände von Wucherern gegangen.«
Athos lächelte.
»Ihr seid ein entzückender Junge, mein lieber d’Artagnan«, sagte er. »Ihr richtet durch Eure nie versiegende Heiterkeit die vom Kummer gedrückten Geister auf. Gut, verpfänden wir diesen Ring, der mir gehört, aber unter einer Bedingung.« –
»Unter welcher?« – »Daß hundertfünfzig Pistolen für Euch und hundertfünfzig für mich sind.« – »Was denkt Ihr, Athos? Ich bedarf nicht des vierten Teils dieser Summe, da ich bei den Garden stehe, und wenn ich meinen Sattel verkaufe, so habe ich, was ich brauche.«
»Nein, Ihr müßt die Hälfte der Summe, die man Euch auf meinen Ring leihen wird, annehmen, oder ich werfe ihn in die 66
Seine.« – »Gut, ich nehme an.«
In diesem Augenblick kam Grimaud, von Planchet begleitet, zurück; der letztere, voll Unruhe wegen seines Herrn und neugierig zu erfahren, was ihm zugestoßen war, hatte die Gelegenheit benützt und brachte selbst die Kleider.
D’Artagnan kleidete sich an, Athos tat desgleichen, und als dann beide zum Ausgehen fertig waren, machte Athos, zu Grimaud gewandt, die Bewegung eines Mannes, der ein Gewehr anlegt. Der Diener nahm sofort seine Muskete he runter und schickte sich an, seinem Herrn zu folgen.
D’Artagnan und Athos gelangten ohne irgendeinen Unfall in die Rue des Fossoyeurs. Monsieur Bonacieux stand an seiner Tür und schaute d’Artagnan frech und spöttisch an.
»Eh! Mein lieber Mieter«, sagte er, »beeilt Euch, es wartet ein hübsches Mädchen in Eurem Zimmer, und Ihr wißt, die Frauen lieben es nicht, daß man sie warten läßt.«
»Es ist Kitty«, rief d’Artagnan und lief in den Gang.
Vor seinem Zimmer fand er das arme Kind, das sich zitternd an die Tür lehnte. Sobald sie ihn erblickte, sagte sie:
»Ihr habt mir Euren Schutz versprochen, Ihr habt mir gelobt, mich vor ihrem Zorn zu retten. Denkt daran, daß Ihr mich zugrunde gerichtet habt.«
»Ja«, erwiderte d’Artagnan, »sei ruhig Kitty. Aber was ist denn nach meinem Weggehen vorgefallen?«
»Weiß ich es? Auf ihr Geschrei liefen alle Lakaien herbei, sie war furchtbar aufgebracht und spie alle Verwünschungen der Welt gegen Euch aus. Dann dachte ich, sie würde sich erinnern, daß Ihr durch mein Zimmer in das ihrige gedrungen wart, und sie würde in mir Eure Mitschuldige erkennen. Ich nahm das wenige Geld, das ich besaß, sowie meine besten
Kleidungsstücke und flüchtete.«
»Armes Kind, aber was soll ich mit dir machen? Ich reise übermorgen ab.«
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»Alles, was Ihr wollt, Che valier. Macht, daß ich Paris, daß ich Frankreich verlasse.«
»Ich kann dich doch nicht mit zur Belagerung von La Rochelle nehmen.«
»Nein, aber Ihr könnt mich in der Provinz unterbringen, bei irgendeiner Dame Eurer Bekanntschaft, in Eurer Heimat zum Beispiel.«
»Oh, meine liebe Freundin, in
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