Die drei Musketiere 2
Vergnügen gönnen«, versetzte Aramis mit seiner sanften, gleichgültigen Miene. – »Wie Ihr wollt«, sagte Athos. – »Meine Herren«, rief d’Artagnan, »es ist halb fünf Uhr, und wir haben kaum Zeit, uns auf den Weg nach Chaillot zu machen.« –
»Wenn wir zu spät ritten«, sagte Porthos, »so würde man uns nicht mehr sehen, und das wäre sehr schade. Vorwärts also, meine Herren!« – »Aber Ihr vergeßt den zweiten Brief«, rief Athos. »Das Siegel scheint mir anzudeuten, daß er geöffnet zu werden verdient. Ich meinesteils muß Euch erklären, daß er mir viel wichtiger scheint als der kleine Wisch, den Ihr so liebevoll in Euren Busen gesteckt habt.«
D’Artagnan errötete.
»Nun wohl«, sagte der junge Mann, »sehen wir, meine Herren, was Seine Eminenz von mir will.«
D’Artagnan entsiegelte und las:
»Monsieur d’Artagnan, Garde des Königs, Kompanie des Essarts, wird heute abend um acht Uhr im Palais des Kardinals erwartet.
La Houdinière, Kapitän der Leibwache.«
»Zum Teufel!« rief Athos, »das ist ein Stelldichein, das viel mehr beunruhigen muß als alles andere.«
»Ich gehe zum zweiten, wenn ich vom ersten zurückkomme«, sagte d’Artagnan. »Das eine soll um sieben, das andere um acht Uhr stattfinden. Es reicht zu beiden!«
»Hm! Ich ginge nicht«, entgegnete Aramis.
»Ich denke wie Aramis«, fügte Porthos hinzu.
»Messieurs«, sagte d’Artagnan, »ich habe bereits durch Monsieur de Cavois eine ähnliche Einladung erhalten. Ich bin ihr nicht gefolgt, und am anderen Tage begegnete mir ein großes 73
Unglück, Constance verschwand. Was auch daraus werden mag, ich gehe in jedem Fall hin.«
»Wenn dies Euer fester Entschluß ist, so führt ihn aus«, sagte Athos.
»Aber die Bastille?« sagte Aramis.
»Bah! Ihr bringt mich wieder heraus.«
»Allerdings«, versetzten Aramis und Porthos mit
bewunderungswürdiger Bestimmtheit, als ob dies die einfachste Sache von der Welt wäre. »Allerdings, wir holen Euch heraus, aber da wir übermorgen abreisen, tätet Ihr besser, Euch der Gefahr nicht auszusetzen.«
»Tun wir, was in unseren Kräften liegt«, sagte Athos,
»verlassen wir ihn heute abend nicht. Erwarten wir ihn jeder an einer Tür des Palastes, mit je drei Musketieren hinter uns.
Bemerken wir, daß ein Wagen mit geschlossenem Schlag oder von verdächtigem Aussehen herauskommt, so fallen wir darüber her. Es ist schon lange her, daß wir keinen Strauß mehr mit den Leibwachen des Herrn Kardinals ausgefochten haben, und Monsieur de Treville muß uns für tot halten.«
»Ihr seid offenbar zum Heerführer geboren, Athos«, sagte Aramis. »Was sagt Ihr zu diesem Plan, Messieurs?«
»Vortrefflich!« wiederholten die jungen Leute im Chor.
»Nun«, sagte Porthos, »so eile ich in das Hôtel und sage meinen Kameraden, daß sie sich auf acht Uhr bereit halten. Ihr laßt unterdessen von den Dienern die Pferde satteln.«
»Ich habe aber kein Pferd«, sagte d’Artagnan, »ich werde mir jedoch eins bei Monsieur de Treville holen lassen.« – »Das ist nicht nötig!« sagte Aramis. »Ihr könnt eins von den meinigen nehmen.« – »Wieviele habt Ihr denn?« fragte d’Artagnan. –
»Drei«, erwiderte Aramis lächelnd. – »Mein Lieber«, sagte Athos, »Ihr seid sicherlich der bestberittene Dichter von Frankreich und Navarra.«
»Hört, mein lieber Aramis, was wollt Ihr denn mit drei 74
Pferden anfangen? Ich sehe nicht ein, wozu Ihr drei Pferde gekauft habt.« – »Gekauft? Nein. Das dritte hat mir erst heute früh ein Diener ohne Livree zugeführt; er hat mir nicht sagen wollen, in wessen Dienst er steht, und versicherte mir, daß er von seinem Herrn …« – »Oder von seiner Herrin«, warf d’Artagnan dazwischen. »Das ist Nebensache«, sagte Aramis,
»… und versicherte mir, daß er von seiner Herrin den bestimmten Auftrag erhalten habe, das Pferd in meinen Stall zu stellen, ohne mir zu sagen, woher es komme.«
»Nun, in diesem Fall können wir die Sache noch besser machen«, sagte d’Artagnan, »welches der zwei Pferde werdet Ihr reiten, das, welches Ihr gekauft oder das, welches Ihr geschenkt erhalten habt?«
»Natürlich das, welches man mir geschenkt hat. Ihr werdet wohl einsehen, mein lieber d’Artagnan, es wäre eine Beleidigung für …« – »Den unbekannten Geber«, unterbrach ihn d’Artagnan. »Oder die geheimnisvolle Geberin«, meinte Athos. »Das gekaufte Pferd wird Euch also entbehrlich?« – »So ziemlich.« – »Und Ihr habt es selbst
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