Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die drei Musketiere 2

Die drei Musketiere 2

Titel: Die drei Musketiere 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
Vom Netzwerk:
unausgesetzten, verführerischen Einflusses abhing.
    Eines jedoch war ihr eine Beruhigung: Feiton hatte nicht gesprochen.
    Sie wollte nicht den Eindruck erwecken, als ob die
    Drohungen Lord Winters sie erschreckt hätten, deshalb setzte sie sich zu Tisch und aß.
    Dann kniete sie, wie am Tag zuvor, nieder und wiederholte ganz laut ihre Gebete. Und wie am Tag zuvor blieb die Schildwache vor ihrer Tür stehen und lauschte.
    Bald vernahm sie leichtere Schritte als die des Soldaten, Schritte, die vom Hintergrund des Ganges herkamen und vor ihrer Tür anhielten.
    »Er ist es«, sagte sie und begann dasselbe religiöse Lied, das den Tag vorher Feiton so gewaltig bewegt hatte.
    Aber obgleich ihre süße, volle und helle Stimme schöner und ergreifender als je erklang, blieb die Tür doch geschlossen. In 197
    einem der flüchtigen Blicke, die sie auf das kleine Guckfenster an der Tür richtete, glaubte sie wohl die glühenden Augen des jungen Mannes wahrzunehmen, aber mochte dies nun der Wirklichkeit entsprechen oder nur Einbildung sein, jedenfalls hatte er diesmal Gewalt genug über sich gehabt, nicht einzutreten.
    Doch meinte Mylady einige Augenblicke nach Beendigung ihres Gesanges einen tiefen Seufzer zu vernehmen, dann entfernten sich dieselben Schritte, die sich zuvor genähert hatten, langsam und wie mit Bedauern.
    Als Feiton am andern Tag wieder bei Mylady eintrat, stand sie auf einem Stuhl und hielt einen Strick in der Hand, den sie aus mehreren in Streifen gerissenen Batisttaschentüchern geflochten hatte. Bei dem Geräusch, das Feiton durch das öffnen der Tür verursachte, sprang Mylady leise vom Stuhl herab und suchte den Strick hinter sich zu verbergen.
    Der junge Mann war noch bleicher als gewöhnlich, und seine von Schlaflosigkeit geröteten Augen verrieten, daß er eine fiebrige Nacht zugebracht hatte. Aber seine Stirn zeugte mehr als je von tiefem Ernst. Er ging langsam auf Mylady, die sich gesetzt hatte, zu, nahm das Geflecht, das sie aus Unachtsamkeit oder absichtlich hatte liegen lassen, an einem Ende auf und fragte kalt: »Was soll das bedeuten, Madame?«
    »Dies? Nichts«, erwiderte Mylady, indem sie mit jenem schmerzhaften Ausdruck, den sie ihren Zügen so gut zu geben wußte, lächelte. »Nichts plagt, wie Ihr wißt, den Gefangenen mehr, als die Langeweile. Ich langweilte mich und suchte mich durch das Flechten dieses Strickes zu zerstreuen.«
    Feiton schaute nach dem Punkt an der Wand, vor dem Mylady auf dem Stuhl gestanden hatte, und er gewahrte über ihrem Kopf eine vergoldete Krampe in der Mauer, die zum Aufhängen von Waffen oder Kleidern dienen sollte.
    »Und warum standet Ihr auf diesem Stuhl?« – »Was kümmert das Euch?« – »Aber ich wünsche es zu wissen.« – »Fragt mich 198
    nicht! Ihr wißt wohl, daß es wahren Christen verboten ist, zu lügen.« – »Nun, ich will Euch sagen, was Ihr tatet, oder was Ihr vielleicht tun wolltet. Ihr wolltet den unseligen Gedanken zur Ausführung bringen, den Ihr in Eurem Innern nährt. Wenn Euer Gott die Lüge verbietet, Madame, so verbietet er noch strenger den Selbstmord.« – »Wenn Gott eines von seinen Geschöpfen zwischen Selbstmord und Schande gestellt sieht«, antwortete Mylady im Ton tiefster Überzeugung, »glaubt mir, mein Herr, dann vergibt er den Selbstmord, denn der Selbstmord wird zum Märtyrertum.« – »Ihr sagt zuviel oder zuwenig. Sprecht, Madame, um Himmels willen, erklärt Euch!«
    »Soll ich Euch das Unglück meines Lebens erzählen, damit Ihr es für ein Märchen erklärt? Soll ich Euch meine Pläne sagen, damit Ihr sie meinem Verfolger angebt? Nein. Zudem, was liegt Euch am Leben oder Tod einer unglücklichen Verdammten! Ihr seid nur für meinen Leib verantwortlich, denn wenn Ihr einen Leichnam zeigt, der als der meinige erkannt wird, so wird man nichts weiter von Euch verlangen. Ja, vielleicht erhaltet Ihr doppelten Lohn dafür?«
    »Ich, Madame, ich!« rief Feiton. »Ihr könnt glauben, ich würde einen Preis für Euer Leben annehmen? Oh, ihr glaubt nicht, was Ihr sprecht.«
    »Laßt es gut sein, Feiton«, sagte Mylady voll Heftigkeit.
    »Jeder Soldat ist ehrgeizig, nicht wahr? Ihr seid Leutnant und werdet dann meinem Leichenzug als Kapitän folgen.«
    »Aber was habe ich Euch denn getan«, rief Feiton erschüttert,
    »daß Ihr mir eine solche Verantwortlichkeit vor Gott und den Menschen aufbürdet? In einigen Tagen seid Ihr fern von hier, Madame, Euer Leben steht nicht mehr unter meiner Bewachung, und dann«, fügte er

Weitere Kostenlose Bücher