Die drei Musketiere 2
Feiton,
»denn ich kann Euch jetzt verstehen.«
Ein Blitz furchtbarer Freude, aber rasch wie der Gedanke, sprang aus den Augen Myladys.
»Aber so sprecht doch«, rief der junge Offizier, »sprecht, sprecht!«
»Euch meine Schmach und meine Schande anvertrauen!« rief Mylady, mit Schamröte im Gesicht. »Oh! Nie, nie werde ich dies über mich vermögen!«
»Gut, so versprecht es wenigstens, Euch nichts anzutun, bis zu dem Augenblick, wo wir uns wiedergesehen haben. Besteht Ihr dann noch auf Eurer Absicht, dann möget Ihr tun nach Eurem Willen, und ich selbst will Euch die Waffe liefern, um die Ihr mich gebeten habt.«
»Nun gut«, sagte Mylady, »Euretwegen will ich warten.« –
»Schwört es.« – »Ich schwöre es bei unserem Gott. Seid Ihr jetzt zufrieden?« – »Ja«, sagte Feiton, »also auf heute nacht.«
Er stürzte aus dem Gemach, schloß die Tür wieder und wartete draußen, die Halbpike des Soldaten in der Hand, wie wenn er anstelle des letzteren die Wache bezogen hätte.
Als der Soldat zurückkam, übergab ihm Feiton seine Waffe wieder.
Durch das Guckfensterchen, dem sie sich genähert hatte, sah 202
Mylady dann, wie der junge Mann sich mit wahnwitziger Inbrunst bekreuzigte und ganz außer sich vor Erregung in dem Gang verschwand.
Mit einem wilden, verächtlichen Lächeln auf ihren Lippen kehrte sie auf ihren Platz zurück und wiederholte lästernd den furchtbaren Namen Gottes, bei dem sie geschworen hatte, ohne ihn je kennengelernt zu haben.
»Mein Gott!« sagte sie höhnend, »du fanatischer Narr! Dein Gott bin ich selbst, und du derjenige, welcher mir helfen wird, mich zu rächen.«
Mylady hatte bereits einen halben Sieg errungen, und der Erfolg verdoppelte ihre Kräfte.
Gut auf den Empfang Feitons vorbereitet, konnte Mylady ihre Waffen für den nächsten Tag schärfen; sie wußte, daß ihr nur noch zwei Tage übrig blieben, daß, wenn der Befehl einmal von Buckingham unterzeichnet war, Lord Winter sie sogleich einschiffen ließ.
Indessen verging die Zeit. Die Stunden schienen eine nach der anderen im langsamen Vorüberwandeln die Glocke zu
erwecken, und jeder Ton des ehernen Schlegels hallte in dem Herzen der Gefangenen wider.
Um zehn Uhr führte Feiton eine Wache auf, Mylady erkannte seinen Schritt; sie erriet ihn jetzt, wie eine Liebende den Geliebten ihres Herzens errät, und dennoch verachtete und verabscheute sie diesen schwachen Fanatiker.
»Höre«, sagte er zur Wache, »entferne dich unter keinem Vorwand von dieser Tür; denn du weißt, daß in der letzten Nacht ein Soldat von Mylady bestraft worden ist, weil er einen Augenblick seinen Posten verlassen hatte, und ich hielt doch während seiner kurzen Abwesenheit Wache.«
»Ja, ich weiß es«, sagte der Soldat.
»Ich empfehle dir also die pünktlichste Wachsamkeit; aber«, fügte er hinzu, »ich will hineingehen und zum zweitenmal das 203
Zimmer dieser Frau untersuchen, die, fürchte ich, Unseliges gegen sich selbst beabsichtigt, weshalb ich den Befehl erhalten habe, sie zu überwachen.«
Der Soldat begnügte sich zu lächeln.
»Zum Teufel«, sagte er, »das Unglück ist für Euch nicht groß, wenn man Euch einen solchen Auftrag gibt.«
Feiton errötete. Unter allen anderen Umständen würde er dem Soldaten, der sich einen solchen Scherz erlaubt, einen Verweis erteilt haben.
»Wenn ich rufe«, sagte er, »so komme, ebenso melde mir, wenn jemand kommt.« – »Jawohl, Leutnant«, erwiderte der Soldat.
Feiton trat bei Mylady ein. Mylady stand auf.
»Seid Ihr hier?« sagte sie. – »Ich hatte Euch zu kommen versprochen, und ich bin gekommen.«
»Ihr habt mir noch etwas anderes versprochen.« – »Was denn, mein Gott?« sagte der junge Mann, der trotz seiner Herrschaft über sich selbst seine Knie zittern und den Schweiß hervorbrechen fühlte.
»Ihr habt mir versprochen, mir ein Messer zu bringen und es mir nach unserer Unterredung zu lassen.« – »Sprecht nicht davon, Madame«, sagte Feiton, »es gibt keine Lage, wie schrecklich sie auch sei, die ein Geschöpf Gottes berechtigt, sich den Tod zu geben. Ich habe es mir überlegt, daß ich mich niemals einer solchen Sünde schuldig machen darf.«
»Ah, Ihr habt es Euch überlegt!« sagte die Gefangene, indem sie sich mit einem verächtlichen Lächeln auf ihren Sessel setzte,
»auch ich habe überlegt.« – »Was?« – »Daß ich einem Mann, der sein Wort nicht hält, nichts zu sagen habe.« – »O mein Gott«, murmelte Feiton. – »Ihr könnt gehen«, sagte
Weitere Kostenlose Bücher