Die drei Musketiere 2
fragte Feiton.
»Jawohl«, versetzte Mylady,»ich weiß, dieser Gedanke ist kein christlicher, aber dieser Gedanke stieg in mir auf und verließ mich nicht mehr. Und für diesen verbrecherischen Gedanken muß ich nun büßen.«
»Fahrt fort, fahrt fort«, erwiderte Feiton.
»Ich aß nur etwas Obst und stellte mich, als ob ich Wasser aus der Flasche nähme. Nach dem Abendessen heuchelte ich dieselben Anzeichen der Erstarrung wie am Abend vorher, und wie wenn ich der Ermüdung erläge, schleppte ich mich diesmal nach meinem Bett hin, ließ mein Gewand fallen und legte mich schlafen.
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Mein Messer hatte ich unter dem Kopfkissen wiedergefunden, und während ich mich schlafend stellte, hielt meine Hand dessen Griff krampfhaft umspannt. Zwei Stunden vergingen, ohne daß sich etwas zutrug.
Endlich sah ich, wie die Lampe sich sachte in die Höhe hob und in der Decke verschwand, es wurde dunkel in meinem Zimmer, aber ich bemühte mich, mit meinen Blicken die Finsternis zu durchdringen.
Endlich vernahm ich das bekannte Knarren der sich öffnenden und wieder schließenden Tür. Trotz des dicken Teppichs hörte ich einen Schritt, unter dem der Fußboden knarrte, trotz der Dunkelheit sah ich einen Schatten, der sich meinem Bett näherte.«
»Rasch, rasch!« sagte Feiton, »seht Ihr nicht, daß mich jedes Eurer Worte wie geschmolzenes Blei brennt?«
»Nun nahm ich alle Kraft zusammen«, fuhr Mylady fort, »ich war mir bewußt, daß der Augenblick gekommen war, ich betrachtete mich als zweite Judith, ich vertraute auf mich selbst, auf mein Messer, und wie ich ihn vor mir sah, die Arme ausstreckend, um sein Opfer zu suchen, da stieß ich es mit einem Schrei äußersten Schmerzes und der Verzweiflung mitten in die Brust.
Der Elende! Er hatte alles vorhergesehen, seine Brust war mit einem Panzerhemd bedeckt, das Messer glitt ab.
›Ei, ei!‹ rief er, mich am Arm packend und mir die Waffe entwindend, die mir so übel gedient hatte, ›Ihr habt es auf mein Leben abgesehen, schöne Puritanerin? Das ist ja schon mehr als Haß, das ist Undankbarkeit! Aber so beruhigt Euch doch, mein schönes Kind! Ich hatte geglaubt, Ihr wäret sanfter geworden.
Ich zähle nicht zu jenen Tyrannen, die Frauen mit Gewalt behalten. Ihr liebt mich nicht, ich zweifelte zuerst daran, aber jetzt bin ich davon überzeugt. Morgen sollt Ihr frei sein.‹
›Hütet Euch‹, erwiderte ich ihm, ›denn meine Freiheit 210
bedeutet Eure Schande.‹
›Sprecht Euch deutlicher aus, meine schöne Sibylle.‹
›Jawohl, sobald ich von hier fort bin, werde ich alles sagen, werde ich von der Gewalt reden, die Ihr mir angetan, und von der Gefangenschaft, in der Ihr mich gehalten habt. Ich werde dieses Haus der Schande anzeigen. Ihr seid zwar hoch gestellt, Mylord, aber zittert! Über Euch steht der König, über dem König steht Gott.‹
So sehr mein Verfolger auch Herr über sich selbst zu sein schien, so konnte er doch eine Bewegung des Zorns nicht unterdrücken. Den Ausdruck seines Gesichts konnte ich nicht wahrnehmen, aber ich fühlte seinen Arm, auf dem meine Hand lag, erzittern.
›Dann werdet Ihr nicht von hier fortkommen!‹ sagte er.
›Gut, gut!‹ rief ich, ›dann soll der Ort meiner Qual auch der meines Grabes werden. Sei es, ich werde hier sterben, und Ihr sollt dann sehen, ob eine Tote, die Anklage erhebt, nicht noch schrecklicher ist als eine Lebende, die droht.‹
›Man wird Euch keine Waffe lassen.‹
›Es gibt eine, welche die Verzweiflung jedem Wesen zur Verfügung gestellt hat, das den Mut besitzt, sich ihrer zu bedienen. Ich werde Hungers sterben.‹
›Je nun‹, versetzte mein Feind in spöttischem Ton, ›das ist etwas anderes. Schließlich befindet Ihr Euch ja ganz gut hier, es mangelt Euch an nichts, und wollt Ihr durchaus Hungers sterben, so ist das Eure eigene Sache.‹
Nach diesen Worten verließ er mich.
Der ganze folgende Tag und die Nacht vergingen, ohne daß ich ihn wiedersah. Ich aß und trank nicht. Den Tag und die Nacht verbrachte ich im Gebet, denn ich hoffte, daß mir Gott meinen Selbstmord verzeihen würde.
In der zweiten Nacht öffnete sich die Tür wieder. Ich lag hingestreckt auf dem Fußboden, die Kräfte begannen mir zu 211
versagen.
›Nun!‹ sagte eine Stimme zu mir, die zu furchtbar an mein Ohr schlug, als daß ich sie nicht wiedererkannt hätte, ›nun! Sind wir ein wenig sanfter geworden und wollen wir unsere Freiheit mit dem bloßen Versprechen der Verschwiegenheit bezahlen?
Ich bin ein guter
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