Die drei Musketiere Trilogie 03 - Zehn Jahre später
König. »Aber ich habe Ihnen noch etwas viel Wichtigeres zu sagen.« – »Als ich Ihnen?« unterbrach ihn Henriette. »Unmöglich! Denken Sie sich, mein Mann hat mich heute abend nicht vorgelassen.« – »Meine Frau mich auch nicht,« sagte Ludwig. »Statt ihrer empfing mich meine Mutter mit einer großen Gardinenpredigt. Der langen Rede kurzer Sinn ist: Monsieur ist jetzt eifersüchtig auf mich.« – »Wir haben doch gar keine Veranlassung gegeben,« antwortete die Herzogin. »Ich wenigstens nicht.« – »Monsieur bezichtigt Sie der Koketterie. Er scheint obendrein noch ungerecht zu sein,« sagte Ludwig. »Nun will er sich nicht mehr beruhigen lassen.« – »Er hätte besser getan, sich gar nicht erst zu beunruhigen,« sagte Madame. »Eine böse Welt, daß nicht einmal Bruder und Schwester miteinander umgehen können, ohne Verdacht zu erregen. Wir tun doch nichts Böses und haben auch gar nicht die Absicht.«
Sie warf dabei dem König den ihr eigenen halb unschuldigen, halb verführerischen Blick zu, der selbst den kältesten Mann bezaubert haben würde.
»Für mich sind Sie ein Bruder,« fuhr sie fort;»wenn ich Ihre Hand halte, empfinde ich dabei nicht wie eine Liebende, sondern eben nur –« – »O, schweigen Sie!« rief Ludwig, »Sie foltern mich unbarmherzig.« – »Wieso denn?« fragte sie harmlos. – »Sie sagen es ja gerade heraus, daß Sie nichts für mich fühlen. Glauben Sie, ich sei von Marmelstein wie Sie? O, Henriette! Alle unsere Gespräche, die heimlichen Blicke, der oft getauschte Händedruck – das alles sollte –« – »Vorsicht,« warnte Madame, »Ihr Hofmeister Saint-Aignan sieht auf uns.«
»Ja doch!« rief Ludwig zornig. »Nie Freiheit, nie Aufrichtigkeit! Man glaubt, man hat einen Freund, und es ist ein Spion – man glaubt, man hat eine Freundin, und es ist nur eine Schwester.« – »Aber Monsieur ist doch eifersüchtig!« lispelte sie und sah ihn mit einem glühenden Blicke an. »Gegen Sie freilich hegt niemand Argwohn. Die Ruhe Ihres Hauses wird nicht gestört.« – »Ich sagte Ihnen doch schon, meine Frau ist auch eifersüchtig!« rief Ludwig. »Ich werde das Vergnügen haben, fortwährend schmollende Lippen und rotgeweinte Augen zu sehen.« – »Arme Majestät!« sagte Henriette und streichelte die Hand des Königs.
Sie schwiegen beide. Ihre Haare berührten sich, ihr Atem verschmolz zu einem, ihre Hände hielten sich fest. So vergingen fünf Minuten. Lady Henriette sah Ludwig in die Augen und erblickte im Innersten seines Herzens die Liebe, gleichwie ein Taucher die Perle in der Tiefe des Meeres wahrnimmt.
»Es gibt nur zwei Wege,« sagte sie leise. »Entweder ich kehre nach England zurück –« – »Das ist unmöglich, nennen Sie den zweiten!« fiel Ludwig ihr ins Wort. – »Oder,« fuhr sie fort, »man führt den Eifersüchtigenirre. Man tut so, als ob man einer andern den Hof machte.« – »Das ist ein sinnreiches Mittel, Henriette,« antwortete Ludwig, »und ich soll nun also unter den Damen Ihres Hofes eine auswählen, die wir als Scheinpüppchen gut verwenden können? Wie denken Sie über Fräulein von Tonnay-Charente?« – »Sie ist ein wenig zu blond,« antwortete die Prinzessin und nannte damit den einzigen Fehler, den man an der sonst so vollkommenen Schönheit der späteren Madame von Montespan finden konnte.
»Ei, so wählen Sie selbst die Dame,« sagte Ludwig, »aber treffen Sie eine gute Wahl, damit ich meine Rolle auch einigermaßen glaubhaft spielen kann, damit ich nicht, während ich jene andere ansehen soll, doch nur nach Ihnen schaue, nicht zu Ihnen spreche, wenn ich mit jener reden soll, kurz damit ich nicht mit Herz, Mund und Augen doch nach wie vor an Ihnen allein hänge!« – Diese Worte entströmten wie eine Liebesflut den Lippen des jungen Königs, und die Prinzessin errötete wonnetrunken und fand keine Antwort; ihr Durst nach Huldigungen war befriedigt.
»Ich werde nicht nach Ihrem Wunsche wählen,« sagte Madame nach langem Schweigen; »denn aller Weihrauch, den Sie auf dem Altar einer andern Göttin opfern, würde mich eifersüchtig machen. Ich werde daher mit Ihrer Erlaubnis diejenige unter meinen Damen wählen, die mir am wenigsten geeignet erscheint, Eure Majestät zu zerstreuen und einen Schatten auf mein Bild zu werfen. Sehen Sie dort drüben am Rande des Gebüsches die einzelne Dame sitzen, die allein sich nicht an der Jagdbeteiligt?« – »Ganz recht, es ist die Lavallière,« antwortete Ludwig, »und sie jagt nicht mit,
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