Die drei Musketiere Trilogie 03 - Zehn Jahre später
einem stürmischen Auftritt zwischen Monsieur und Herrn von Guiche spricht,« antwortete Rudolf. »Und weil ein solcher Auftritt schlimme Folgen haben kann. Ich weiß, Monsieur hat gedroht,und Madame hat geweint.« – »Madame hat geweint!« rief Guiche, die Hände faltend, – »Das ist das Neueste, was ich höre,« rief Lorraine. »Herr Vicomte, da sind Sie ja besser unterrichtet als ich.« – »Und deshalb eben gebe ich Herrn von Guiche den Rat abzureisen. Er muß fort. Um des Königs willen! Denn der König hat sich dieser Sache angenommen.«
»Bah, der König ist dem Herrn Grafen sehr zugetan,« wandte der Chevalier ein. »Und überdies würde eine Abreise einem Bekenntnis der Schuld gleichkommen.«
»Man kann auch reisen aus Verdruß, aus Kränkung,« entgegnete Bragelonne. »Und wenn wir beide versichern, daß wir alles getan haben, Herrn von Guiche zurückzuhalten – Sie wenigstens können das ja mit bestem Gewissen sagen – dann wird man uns glauben, daß Graf Guiche sich verletzt gefühlt habe, weil er sich unschuldig wisse und sich trotzdem aber eine Verantwortung nicht erlauben dürfe. Seine freiwillige Verbannung wird überdies nur von kurzer Dauer sein, er kann zurückkehren, wann er will, und wird dann allseitig freudiges Entgegenkommen finden. Eine üble Laune des Königs aber kann ein Ungewitter herbeiführen, für dessen Folgen niemand einstehen kann.«
»Lieber Freund,« beendete nun Guiche selbst den Streit, »es ist bei mir fest beschlossen: ich bleibe!« – »Dann wehe dir, Guiche!« antwortete Rudolf. »Ich habe meine Pflicht getan.« – »Rudolf, heute abend ist Ballettprobe–« – »Liegt dir daran so viel?« – »Das nicht! ich meine damit nur, ein Hof, an dem so flott getanzt wird, ist nicht zu inneren Kriegen gerüstet.« – »Ich habe nichts mehr zu sagen,« erwiderte Bragelonne achselzuckend.– »Sie glauben gut unterrichtet zu sein, HerrVicomte,« sagte Lorraine, »aber wie wollen Sie es besser wissen als ich, der ich doch zu den vertrautesten Freunden Monsieurs gehöre?« – »Vor dieser Erklärung strecke ich das Gewehr,« antwortete Rudolf. »Sie müssen es besser wissen, das sehe ich ein. Und da ein Edelmann nichts anderes sagen kann, als was er weiß, und nicht anders sprechen kann, als wie er denkt, so erkläre ich mich für überwunden und räume Ihnen das Feld. Guiche, ob es nun gut oder böse abläuft, in jedem Falle dürfen Sie auf mich zählen. Adieu!«
Die Ballettprobe fand am Abend statt. Ludwig XIV. ließ die Herren und Damen, denen man Rollen bei der geplanten Tanzveranstaltung überwiesen hatte, in ihren verschiedenen Charakterkostümen Revue passieren. Monsieur allein hatte kein Kostüm angelegt. Er war noch in so verdrießlicher Stimmung, daß selbst eine Anprobe neuer kostbarer Gewänder an diesem Tage keinen Reiz für ihn hatte. Ludwig dagegen schien in bester Laune: er äußerte lachenden Mundes Beifall oder Tadel, lachenden Mundes machte er Glückliche und Unglückliche. Plötzlich fiel sein Blick auf den Grafen von Guiche, der in der Tracht eines Königs des Lenzes erschien. Ludwigs Lippen preßten sich zusammen – das Lachen verschwand, die heitere Stirn zog sich in Falten. – »Meine Herren und Damen!« rief er, sich abwendend. »Ich erhalte eben die Nachricht, daß zur Abreise nach Fontainebleau alles bereit ist. Morgen bricht der Hof auf. Sie alle sind eingeladen, mir zu folgen.« – Nach diesen Worten drehte er sich plötzlich um und trat einen Schritt auf Herrn von Guiche zu. – »Sieh da, Herr Graf,« rief er laut. »Ich hatte Sie noch nicht bemerkt. Es ist jetzt die Zeit der zweiten Aussaat. Ihre Pächter in der Normandie werdensich freuen, wenn Sie sich dort mal ein wenig um den Betrieb kümmern.« – Darauf wendete er dem Unglücklichen wieder den Rücken zu.
Von Guiche taumelte. Dann raffte er sich gewaltsam auf und trat auf den König zu. Hochaufgerichtet stand er vor ihm und begegnete stolz dem Blicke der Majestät. – »Habe ich recht verstanden?« stieß er hervor. – Ludwig sah über die Schulter mit jenem kalten, festen Ausdruck, der wie ein unbiegsames Schwert den in Ungnade Gefallenen ins Herz drang. »Ich sprach von Ihren Gütern,« wiederholte er langsam und scharf. – Dem Grafen trat der Schweiß auf die Stirn, der Hut entsank seinen zitternden Fingern. Er sah sich starren Auges um und erblickte Madame. Die Prinzessin plauderte lächelnd mit Frau von Noailles. Sie schien gar nichts gehört zu haben. Die Gesellschaft
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