Die drei Musketiere Trilogie 03 - Zehn Jahre später
bist ein schrecklicher Schwätzer,Saint-Aignan,« sagte der König mit gut gespieltem Verdruß. »Wehe dir aber, wenn du plauderst! Wenn ich erfahre, daß morgen schon alle Welt um meine Absichten auf die Lavallière weiß, dann werde auch ich wissen, wer mich verraten hat, denn niemand als dir habe ich etwas davon gesagt.«
»O, welche Heftigkeit, Sire!« – »Du begreifst doch, ich möchte das arme Kind nicht kompromittieren. Versprich mir also –« – »Mein Wort darauf!« – »Gut,« dachte Ludwig, »morgen weiß es der ganze Hof, daß ich heute nacht der Lavallière nachgelaufen bin. Und nun,« setzte er laut hinzu, »laß uns ein wenig Jagd auf diese Schönen machen. Ich muß gestehen, dieses naive Geständnis, diese ganz uneigennützige Vergötterung von seiten eines Mädchens, das vielleicht von mir niemals beachtet werden wird, mit einem Wort, das Geheimnisvolle dieses Abenteuers reizt mich, und wenn ich es nicht auf die Lavallière abgesehen hätte –« – »O, deshalb hätten Majestät immer noch zu einem kleinen Abstecher in der Liebe Zeit genug; man sagt, die Lavallière sei sehr spröde.« – »Du reizest mich noch mehr, Saint-Aignan. Ich würde sie gern finden!« rief der König. – Er log: es lag ihm nichts daran, aber er hatte eine Rolle zu spielen.
Sie eilten über den Rasen. Da schlugen plötzlich Hilferufe an ihr Ohr. Sie liefen nun schnell der Stelle zu und fanden drei Damen, von denen eine am Wege stand und rief, während die zweite neben der am Boden liegenden dritten kniete. Der König trat ohne Umstände herzu. – »Was gibt es, meine Damen?« rief er. – »O Gott, Seine Majestät!« rief die Montalais und ließ in ihrer Bestürzung den Kopf der Lavallière fallen, dienun vollends auf den Rasen sank. – »Ja, ich bin es, und ich will Ihnen helfen. Was ist Ihrer Freundin geschehen?« antwortete Ludwig. »Wer ist sie?« – »Das Fräulein von Lavallière, Sire. Sie ist in Ohnmacht gefallen.« – »Das arme Kind!« rief der König. »Saint-Aignan, eilen Sie, einen Arzt zu holen. Doch nein, ich will selbst gehen. Bleiben Sie so lange bei den Damen!« Der König sprach diese Worte zwar mit großer Besorgnis und entfernte sich auch in großer Hast, doch hatte Saint-Aignan dennoch das Gefühl, als käme ihm diese Teilnahme nicht von Herzen. Ton und Gebärde erschienen ihm kalt.
Saint-Aignan wartete nicht, sondern rief einige Parkhüter herbei, die die Ohnmächtige trugen. Sie kam jedoch schon unterwegs zur Besinnung und konnte den Weg zum Schlosse zu Fuße vollenden. Inzwischen eilte der König, froh, einen Anlaß zu einem Besuche zu haben, in die Gemächer der Herzogin von Orléans.
»Sire, das sieht nicht nach Gleichgültigkeit aus,« sagte Madame scherzend. – »Wir haben einen Vertrag abgeschlossen, der meine Kräfte übersteigt,« antwortete Ludwig. »Haben Sie schon von dem Unfall gehört? Doch nein, ich komme ja eben her, es Ihnen zu erzählen. Das Fräulein von Lavallière, unsere Marionette, wenn ich so sagen darf, hat im Park einen Ohnmachtsanfall erlitten.« – »Das arme Kind,« sagte die Herzogin. »Wie ist es zugegangen? Und Sie wollen eine feurige Liebe zu diesem Mädchen zur Schau tragen und sind bei mir, während sie ohnmächtig ist.« – »Sie denken an alles, Henriette,« antwortete der König, »Sie haben mehr Talent als ich, eine Rolle zu spielen. Gut, ich verlasseSie, um mich persönlich davon zu überzeugen, ob es der Kranken besser geht.«
Unterwegs begegnete der König dem Grafen von Saint-Aignan. – »Sire,« rief der Hofmeister, »denken Sie doch nur, die drei Damen, die wir getroffen haben, waren unsere drei Schwätzerinnen. Ich habe die Stimme derjenigen erkannt, die sich so lebhaft für meine Person interessierte. Es ist das Fräulein von Tonnay-Charente.« – »Entschieden eine Eroberung, Graf,« antwortete die Majestät. »Mich beschäftigt jetzt aber nur die Ohnmächtige. Wie geht es ihr? Führen Sie mich in das Zimmer, in das Sie sie gebracht haben.« – »Majestät werden Ihre Bewunderin auch leicht an der Stimme wiedererkennen,« sagte Saint-Aignan mit vielsagendem Lächeln.
Wenige Minuten später trat Ludwig XIV. bei Fräulein Luise von Lavallière ein. Sie ruhte in einem Armstuhle am offenen Fenster und atmete die würzige Nachtluft. Durch die zerdrückten Spitzen ihres Hemdes schimmerte das zarte Rosa des Busens; die blonden Locken fielen entfesselt auf die Schultern. In ihren schmachtenden Augen standen Tränen. Die Blässe ihres
Weitere Kostenlose Bücher