Die drei Musketiere Trilogie 03 - Zehn Jahre später
er mir bis jetzt gezahlt hat?« – »Das kann geschehen.« – »Ich werde mich zu trösten wissen,« sagte die Chevreuse. – »Es sind immerhin 48 000 Livres,« meinte der Bischof. »Und dann – Sie wissen, wenn man sich einmal mit dem Orden überworfen hat, so hat man einen schweren Stand. Wer Geheimnisse besitzt, die den Orden kompromittieren könnten, muß auf der Hut sein. Es gibt Gefängnisse, liebe Herzogin.«
Frau von Chevreuse heftete einen flammenden Blick auf Aramis. »Sehen Sie, das ist ernstlicher,« sagte sie nach kurzem Schweigen. »Ich werde mich in acht nehmen. Sagten Sie mir nicht auch, Herr Fouquet wäre schon jetzt sogut wie zugrunde gerichtet? Nach dem, was man spricht, wird er kaum zwei Monate noch Minister sein. Dennoch wäre eine Veröffentlichung der Briefe –« – »Herzogin,« schnitt Aramis ihr das Wort ab, »Sie kennen meine Meinung. Lassen Sie Gnade walten!«
Und er verneigte sich vor ihr und öffnete den Wagenschlag. Allein wenn er sie nun in der Ueberzeugung verließ, sie eingeschüchtert zu haben, so irrte er sich. Nur zum Schein hatte sie sich gefügig gezeigt. Die bejahrte Intrigantin ließ sich zu Herrn Colbert fahren. Man machte Schwierigkeiten, sie vorzulassen, denn der Bediente, der ihr ins Gesicht gesehen hatte, wußte, daß sein Herr keine alten Damen zu denjenigen Bekanntschaften zählte, von denen er Besuche in seinem Hause empfing. Da schrieb Frau von Chevreuse ihren Namen auf ein Blatt Papier – diesen Namen, der Ludwig XIII.und dem großen Kardinal oft unangenehm in den Ohren geklungen hatte. Sie schrieb ihn mit der großen schwerfälligen Schrift der vornehmen Gesellschaft jener Zeit und reichte dem Bedienten das Blatt mit so gebieterischer Miene, daß der Mann, gewohnt, feine Leute zu wittern, in ihr eine Prinzessin vermutete und sie einließ.
Als Colbert ihren Namen las, stieß er einen Schrei aus, der dem Diener verriet, daß es tatsächlich ein außergewöhnlicher Besuch sei. Er wartete daher auch nicht erst den Befehl seines Herrn ab, sondern öffnete ohne weiteres Frau von Chevreuse die Tür. Sie blieb an der Schwelle stehen und betrachtete den Mann, mit dem sie zum ersten Mal zusammenkam. Sie kannte ihn schon vom Hörensagen und fand ihn so, wie sie ihn sich nach allem, was man von ihm erzählte, vorstellte: vierschrötig, mit einem auffallend dicken, runden Kopf, dichten Brauen und einem grob geschnittnen Gesicht, das gleichwohl imponierend wirkte durch die gewaltigen Proportionen der leuchtenden Stirn. »Ich habe da meinen Mann gefunden,« das war der Eindruck, den sie von ihrer Musterung gewann.
Sie trat näher und setzte sich, von Colbert dazu eingeladen. – »Herr Colbert, Sie sind Finanz-Intendant?« begann sie. »Und trachten danach, Ober-Intendant zu werden?« – »Frau Herzogin!« verwahrte er sich. »Wie können Sie glauben, ich suchte meinen Vorgesetzten zu verdrängen!« – »Verdrängen? Habe ich das Wort gebraucht? Wir Diplomaten sagen: ersetzen. Sie suchen Herrn Fouquet zu ersetzen.« – »Nun, wenn der König Herrn Fouquet absetzen sollte,« erwiderte Colbert, »dann ja.« – »Und wenn Sie Herrn Fouquet bis jetzt noch nicht ersetzt haben,« fuhr Frau von Chevreuse fort, »sogeschah es, weil Sie es noch nicht konnten. Ich bin Frau von Chevreuse, dieselbe Frau, die mit Richelieu Politik gemacht hat, und Sie als Mann von Geist werden sich sogleich sagen, daß ich nur zu dem Zweck zu Ihnen komme, um Ihnen das zu geben, was Ihnen noch fehlt.«
»Madame,« antwortete Colbert gemessen, »ich muß Ihnen da im voraus sagen, es laufen seit zehn Jahren Anklagen über Anklagen gegen Herrn Fouquet ein, und doch hat man ihm noch nicht das Geringste anhaben können.« – »Aber Sie haben noch keine Anklage von Frau von Chevreuse erhalten,« entgegnete sie, »noch keine solchen Beweise, wie es die sechs Briefe des Kardinals Mazarin sind, die sich in meinen Händen befinden und in denen das Vergehen aufgedeckt wird–« – »Ein Vergehen, das Herr Fouquet begangen hat?« rief Colbert lauernd. – »Ein Verbrechen, wenn das besser lautet. Nichts anderes! Ei, Herr Colbert, Sie empfingen mich mit kalter, nichtssagender Miene – jetzt strahlt Ihr Gesicht. Ich bin entzückt, daß meine Eröffnung Sie so freudig erregt.« – »O, Madame, was schließt dieses Wort Verbrechen nicht alles in sich –?!« – »In erster Linie Ihre Ernennung zum Ober-Intendanten,« fuhr Frau von Chevreuse ruhig fort. »Und dann Herrn Fouquets Verbannung zu
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