Die drei Musketiere Trilogie 03 - Zehn Jahre später
ausgerüstet hat, so genieße ich nicht mehr sein Vertrauen und bin unwürdig, dieses Kommando weiterzuführen. Ich werde also auf der Stelle meinen Abschied einreichen. Ich fordere Sie infolgedessen auf, mit mir nach der französischen Küste zurückzukehren. In einer Stunde ist Flut, dann kann die Rückfahrt angetreten werden. Wollen Sie ohne Oberhaupt hier bleiben, so würden Sie die Streitkräfte gefährden, die der König mir anvertraut hat. Ich nehme an, Herr,« wandte er sich an den jungen Offizier, »Sie haben diesmal keinen Gegenbefehl.«
D'Artagnan triumphierte schon, als er diese Worte aussprach; denn wenn die Blockade unterbrochen war, so würden seine Freunde, dachte er, bald Gelegenheit finden, nach Spanien zu entfliehen. Nachher mochte der König getrost einen anderen nach Belle-Ile schicken, der würde das Nest leer finden.
Allein der junge Offizier reichte d'Artagnan abermalseinen Befehl, und der Musketier las: »Sobald Herr d'Artagnan erklärt, er wolle den Befehl niederlegen, so soll er nicht mehr als Haupt der Expedition betrachtet werden. Die ihm unterstellten Offiziere brauchen ihm von diesem Augenblick an keine Folge mehr zu leisten. Vielmehr soll Herr d'Artagnan alsbald nach Frankreich zurückkehren und zwar unter der Aufsicht des Offiziers, dem diese Sonderbefehle anvertraut werden, als dessen Gefangenen er sich zu betrachten hat. Gezeichnet – – Ludwig XIV.«
D'Artagnan erblaßte; das alles war so klug, so weitsichtig berechnet, daß er sich seit dreißig Jahren wieder einmal an die unbeugsame Logik, an den Scharfblick des großen Richelieu erinnert fühlte. Er sann nach. Dann dachte er: »Ich zerreiße diesen Befehl, wer kann sich mir dann widersetzen? Und ehe der König durch seinen Vertrauten etwas davon erfährt, habe ich meine Freunde gerettet. Mutig vorwärts! Mein Kopf gehört nicht zu denen, die man wegen Ungehorsams vom Rumpfe schlägt. Also wollen wir ungehorsam sein!«
Aber in diesem Augenblick sah er, daß alle andern Offiziere denselben Befehl lasen, den er in der Hand hatte. Der junge Offizier hatte jedem eine Abschrift gegeben. Also auch der Fall des Ungehorsams war vorhergesehen worden und somit vereitelt. – »Herr Kapitän,« sprach der Offizier, »ich nehme an, Sie werden mir ohne Widerstand folgen.« – »Selbstverständlich,« versetzte d'Artagnan, mit den Zähnen knirschend. Alsbald wurde auch ein Boot ausgesetzt. »Nach dem Abgang des Kapitäns,« sprach der Offizier zu dem Hauptmann der Seesoldaten. »überträgt Seine Majestät Ihnen das Oberkommando. Hier ist Ihre Vollmacht.«
D'Artagnan, der Mann von Eisen, senkte zum erstenmal in seinem Leben kleinlaut den Kopf. Er stieg in das kleine Fahrzeug, das mit einem günstigen Wind im Segel Frankreich zusteuerte. Die Barke flog wie eine Schwalbe dahin. Bald zeigte sich am nächtlichen Himmel die französische Küste. D'Artagnan hatte noch immer Hoffnung, zeitig genug in Nantes einzutreffen, um beim König mit all seiner Beredsamkeit die Sache seiner Freunde zu führen. – »Junger Mann,« sprach er zu dem Offizier, »ich würde viel drum geben, die Instruktionen des neuen Kommandanten zu kennen. Er hat doch vorderhand Frieden zu halten, nicht wahr?« – Er hatte kaum ausgesprochen, da hallte der Donner eines Kanonenschusses über das Meer hin, ein zweiter und ein dritter folgten.
»Das Feuer auf Belle-Ile ist eröffnet,« sagte der Offizier.
Der Kiel des Bootes knirschte im Küstensande.
4. Kapitel. Der Tod eines Titanen
Als d'Artagnan seine Freunde verlassen hatte, machten auch sie sich auf den Weg, um an ihre Posten zu gehen. Porthos richtete sich mühsam auf, aber beim ersten Schritt versagten ihm die Beine den Dienst, und er mußte sich noch einmal setzen. – »Aramis,« rief er, »das ist ein böses Zeichen. Daran erkenne ich, es geht mit mir zu Ende.« – »Nicht doch!« versetzte d'Herblay. »Die Ueberraschung ist Ihnen nur in die Glieder gefahren.« – »Ich weiß das besser,« beharrte jener. »Mein Großvaterwar zweimal so stark wie ich; aber bei einer Jagd fühlte er plötzlich, daß ihm die Beine schwach wurden – ein Uebel, das er nie zuvor gekannt hatte. Er raffte sich dennoch auf und pirschte weiter. Da begegnete ihm ein Wildschwein; er schoß mit der Armbrust und fehlte das Ziel. Das Tier fiel über ihn her und schlitzte ihm den Leib auf. Er war auf der Stelle tot.«
»Das ist noch kein Grund, für Ihre Person zu fürchten,« antwortete der Bischof. – »Hören Sie weiter!« fuhr
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