Die drei Musketiere Trilogie 03 - Zehn Jahre später
höheren Rücksichten im Wege sind! Ich gründe einen Staat, in welchem es nur einen Herrn geben soll. Das habe ich mir einstmals gelobt; das habe ich Ihnen einstmals versprochen. Jetzt ist der Augenblick gekommen, mein Versprechen einzulösen. Sie sollen nach Ihrem Geschmack und um Ihrer Freundschaft willen befugt sein, meine Pläne zu vereiteln und meine Feinde zu retten? Nein! entweder Sie gehorchen mir, oder Sie verlassen mich! Suchen Sie sich einen Herrn, der dazu Ja und Amen sagt. Ich glaube es gern, mancher andere König würde sich Ihnen fügen, mit dem Hintergedanken, daß er es ja immer in der Hand habe, Sie eines Tages dorthin zu schicken, wo Herr Fouquet jetzt weilt. Aber ich habe ein gutes Gedächtnis, und für mich sind Dienste, die man mir geleistet, ein geheiligter Anspruch auf meine Dankbarkeit und auf milde Beurteilung, wenn ich strafen muß. Herr d'Artagnan, Ihnen soll zur Strafe für Ihren Mangelan Disziplin nur diese Lektion zuteil werden. Nachdem ich nicht ebenso gnädig gewesen bin wie meine Vorgänger, will ich nun auch nicht ebenso brutal sein. Noch andere Gründe veranlassen mich, milde mit Ihnen zu verfahren: erstens sind Sie ein Mann von Geist, Einsicht und Herz und werden dem ein guter Diener sein, der Sie zu zähmen vermocht hat; zweitens haben Sie jetzt keinen Grund mehr zur Insubordination; denn inzwischen haben meine Soldaten die Rebellen von Belle-Ile gefangengenommen oder getötet.«
D'Artagnan erblaßte. »Gefangen oder getötet!« rief er. »O, Sire, wenn das wahr wäre, so würde ich vergessen, das Sie mir eben Gerechtes und Großmütiges gesagt haben, und Sie einen barbarischen König, einen unnatürlichen Menschen nennen! Aber ich vergebe Ihnen diese Worte,« setzte er mit stolzem Lächeln hinzu, »ich vergebe sie dem jungen Fürsten, der noch nicht weiß, noch nicht beurteilen kann, was Männer wie d'Herblay, wie du Vallon, wie ich sind! Gefangen oder getötet? Ha, sagen Sie mir dann auch, wieviel Geld, wie viele Menschen es Sie gekostet hat, und lassen Sie uns den Gewinn nach dem Einsatz berechnen!«
Der König trat voll Zorn dicht vor ihn. »Herr! Sie antworten mir da wie ein Rebell!« rief er. »Wer ist König von Frankreich? Ich oder ein anderer?« – »Sire!« versetzte der Musketier kalt, »ich erinnere mich, daß Sie diese Frage eines Morgens in Vaux an viele Leute gestellt haben, die alle nichts darauf zu antworten wußten, während ich Ihnen Antwort gab. Wenn ich den König an jenem Tage erkannt habe, wo es gar nicht so leicht war, so halte ich es für unnötig, diese Frage heute an mich zu stellen, wo ich mit Eurer Majestät allein bin.«
Ludwig XIV. schlug die Augen nieder; die Erinnerungan den unglücklichen Philipp war ihm peinlich. Ein Offizier trat ein und reichte dem König eine Depesche; er öffnete sie, las und erblaßte. – »Herr d'Artagnan,« sagte er rasch entschlossen, »was man mir hier meldet, das sollen Sie später erfahren. Es ist besser, Sie hören es aus dem Munde Ihres Königs als von anderer Seite. In Belle-Ile ist gekämpft worden.«
»Ah,« sagte der Gaskogner ruhig, aber sein Herz schlug so heftig, als wollte es die Brust zersprengen. – »Und bei diesem Kampfe habe ich 106 Mann verloren,« fuhr der König fort. – D'Artagnans Augen flammten auf vor Freude und Stolz. – »Und die Rebellen?« fragte er. – »Sind entflohen,« antwortete der König. – D'Artagnan stieß einen Schrei des Triumphes aus. – »Gemach!« setzte der König hinzu. »Meine Flotte hat Belle-Ile so eng umstellt, daß sie nicht entschlüpfen können. Wenn man sie aufgreift, hängt man sie.« – »Und wissen sie das?« fragte d'Artagnan erbebend. – »Wie Sie es gewußt haben, wie ganz Frankreich es weiß.«
»Dann werden sie sich nicht lebendig fangen lassen, Sire, dafür bürge ich.« – »So wird man sie tot aufgreifen, was auf dasselbe hinauskommt,« versetzte der König. »Ich habe Ihnen gesagt,« fuhr er fort, »ich würde Ihnen eines Tages ein wohlgeneigter, edeldenkender, wortgetreuer König sein. Sie sind nun der einzige noch von früher her, der eins von beiden verdient: meinen Zorn oder meine Freundschaft. Eines von beiden soll Ihnen zuteil werden je nach Ihrem Verhalten. Und das entscheidet sich heute. Herr d'Artagnan, wollen Sie einen Mann zum König haben, der sich vor hundert andern durch nichts auszeichnet? Und könnte ein so schwacher König das Große ausführen, das meinem Geiste vorschwebt? Haben Sie je einen Künstler mit
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