Die drei Musketiere Trilogie 03 - Zehn Jahre später
über den Bord des Bootes geneigt. Als er diesen Namen hörte, richtete er sich auf. Mit leuchtenden Augen und einem geheimnisvollen Lächeln rief er: »Werft die Strickleiter!«
Er faßte sie als erster und kletterte hinauf. Die Fischer folgten, das Boot ließ man mit den Wellen treiben. Festen Schrittes trat Aramis auf den Kommandanten zu, sah ihn starr an und machte mit der rechten Hand ein geheimnisvolles Zeichen. Leutnant von Pressigny erblaßte, zitterte und trat zurück. Darauf hob Aramis die Rechte und ließ ihn den Stein eines Ringes sehen, den er an dieser Hand trug. Und der Kommandant ergriff diese Hand, neigte sich über sie und küßte sie, wie man die Hand eines Kaisers küßt. Er führte den seltsamen Gefangenen in seine Kajüte.
Die drei Fischer sahen sich verwundert an, die Schiffsmannschaftverhielt sich schweigend. Fünf Minuten später wurde der zweite Leutnant in die Kajüte gerufen, und als er wiederkam, erscholl der Befehl, gen Süden zu steuern. Die Leute gehorchten ohne Widerrede, obwohl man, um nach Belle-Ile zurückzukehren, Kurs nach Norden hätte nehmen müssen.
Aramis erschien auf Deck und setzte sich auf ein zusammengerolltes Segel. In Träume versunken, sah er nach der Richtung aus, in der Belle-Ile lag. Yves, der Fischer, näherte sich ihm ehrfurchtsvoll und fragte leise: »Monseigneur, wohin geht die Fahrt?« – »Nach Spanien,« antwortete Aramis kurz. – Yves schüttelte den Kopf; hatte er doch beim Mondschein auf den Wangen des Bischofs Tränen gesehen.
Ja, Aramis weinte. Es waren die ersten Tränen, die aus diesen Augen rannen. Und sie galten dir, guter Porthos!
5. Kapitel. »Ich bin der Kopf«
D'Artagnan kehrte in bitterster Entrüstung nach Nantes zurück. Er begab sich sofort ins Schloß und verlangte den König zu sprechen. Als er aber das Vorzimmer betrat, kam Herr von Gevres, ein Gardeoffizier, ihm entgegen und ersuchte ihn sehr höflich, sich ruhig zu verhalten, da Majestät noch schlafe. – »Wann wird der König aufstehen?« fragte d'Artagnan. – »In zwei Stunden etwa,« antwortete der Offizier. »Er ist die ganze Nacht auf gewesen.« – Der Musketier ging und kam in zwei Stunden wieder. Man sagte ihm nun, der König säßebeim Frühstück. – »Mein Anliegen ist so wichtig,« erwiderte er, »daß der König mich während des Essens anhören wird.« – Herr von Brienne, der Kammerherr vom Dienst, antwortete, Majestät habe ausdrücklich befohlen, während der Mahlzeit niemand vorzulassen. –
»Sie wissen wohl nicht, Herr,« sagte d'Artagnan, »daß ich zu jeder Zeit Einlaß habe?« – »Aber nicht hier in Nantes,« erwiderte der Höfling. »Majestät hat hier eine andere Hausordnung bestimmt.« – »Wann ist der König fertig mit dem Frühstück?« fragte der Musketier.
»Das weiß man nicht.« – D'Artagnan fühlte, wie ihm die Wut zu Kopfe stieg. Er fürchtete, durch eine unbedachte Handlung alles zu verderben, und ging.
»Der König will mich nicht empfangen, das ist ganz klar.« dachte er. »Er denkt, ich könnte ihm unangenehme Dinge sagen. Und inzwischen belagert man Belle-Ile, erobert es, fängt meine Freunde, hängt sie auf. Tod und Teufel! Aramis wird sich zu helfen wissen, um ihn ist mir nicht bange; aber Porthos, der gute Porthos! Ob ich zu Colbert gehe? Ja, ich will ihm einen Schreck einjagen!« Und er eilte zu Colberts Wohnung, wo er erfuhr, der Intendant arbeite mit dem König. – »Also zurück zum Schlosse!« sprach der Musketier.
Herr von Lyonne, der Sekretär, kam aus dem Vorzimmer, trat auf d'Artagnan zu und sagte, Majestät habe sich vorgenommen, die ganze Nacht hindurch zu arbeiten, und es sei streng angeordnet worden, niemand zu ihm zu lassen. – »Wenn dem so ist,« rief nun d'Artagnan mit überlauter Stimme, »wenn der Kapitän der Musketiere nicht mehr wie früher zum König darf, dann ist entweder der König gestorben oder der Kapitän in Ungnade gefallen. In beiden Fällen braucht man ihn nichtmehr. Gehen Sie also zum König, Herr von Lyonne, Sie stehen ja in Gunst, und sagen Sie ihm, ich bitte um meinen Abschied.« – Lyonne ging und kam wieder.
»Was hat der König gesagt?« rief d'Artagnan. – »Majestät haben gesagt, es sei gut.«
»Es sei gut!« rief der Gaskogner. »Also er nimmt meinen Abschied an? So bin ich frei! Nun denn, Gott befohlen! Leb wohl, o Schloß, leb wohl, Korridor und Vorzimmer! Ein Bürger, der endlich aufatmen kann, ruft euch Valet zu!« – Er sprang die Treppe hinab und eilte in den
Weitere Kostenlose Bücher