Die drei Musketiere
recht wohlgewogen, und sein Glück hänge vielleicht von dieser Zusammenkunft ab.‹«
»Diese Schlinge war für den Kardinal hübsch übel gelegt,« entgegnete der junge Mann lächelnd. »Ich bemerkte auch diese Schlinge und antwortete ihm: ›Sie würden bei Ihrer Zurückkunft in Verzweiflung geraten.‹ ›Wohin ist er denn gegangen?‹ fragte mich von Cavois. ›Nach Troyes in der Champagne‹ – gab ich zur Antwort. ›Und wann ist er abgereist?‹›Gestern abend.‹«
»Mein Freund Planchet!« fiel d'Artagnan ein, »du bist in der Tat ein köstlicher Bursche!«
»Sie begreifen wohl, mein Herr, wenn Sie Herrn von Cavois besuchen wollen, so wäre es immer noch Zeit, mich Lügen zu strafen und ihm zu sagen, Sie wären nicht abgereist; ich hätte also gelogen, und da ich kein Edelmann bin, so kann mir das hingehen.«
»Sei ruhig, Planchet, du wirst deinen Ruf als wahrheitsliebender Mann bewahren; in einer Viertelstunde reisen wir ab.«
»Ich war eben im Begriff, Ihnen diesen Rat zu geben; und wohin reisen wir? wenn ich ohne Neugierde fragen darf?«
»Ganz in der entgegengesetzten Richtung von jener, die du angegeben hast; übrigens scheint es dich nicht gar so sehr zu drängen, um Nachrichten zu erhalten über Grimaud, Mousqueton und Bazin, wie mich, um zu erfahren, was mit Athos, Porthos und Aramis geschehen ist.«
»Allerdings, mein Herr,« entgegnete Planchet; »ich reise, wann Sie befehlen, und glaube, daß uns die Provinzluft besser behagen wird als die Pariser Luft. Also!«
»Schnüre unsere Bündel, Planchet! und dann vorwärts; ich will, die Hände im Sacke, vorausgehen, damit es keinen Verdacht erweckt. Du triffst mich im Hotel der Garden. Aber höre, Planchet! was du in betreff unseres Wirtes gesagt hast, glaube ich, du hast wohl recht; er ist entschieden eine garstige Kanaille.«
»O, mein Herr, glauben Sie immerhin, wenn ich was sage, ich verstehe mich auf Physiognomien!« D'Artagnan ging laut Verabredung zuerst hinab, und begab sich dann, um sich nichts vorwerfen zu müssen, zum letztenmal nach den Wohnungen seiner drei Freunde. Man hatte von ihnen keine Nachricht; bloß für Aramis war ein durchaus parfümiertes und mit zarter, zierlicher Hand geschriebenes Briefchen angekommen. D'Artagnan übernahm dasselbe. Zehn Minuten darauf kam Planchet mit ihm im Stalle der Garden zusammen. D'Artagnan hatte bereits sein Pferd gesattelt, um ja keine Zeit zu verlieren. »So ist's gut,« sprach er zu Planchet, als er den Mantelsack festgebunden hatte, »jetzt sattle auch die drei andern Pferde, und wir reisen ab.«
»Glauben Sie wohl, wir kommen jeder mit zwei Pferden schneller vom Fleck?« fragte Planchet mit seiner pfiffigen Miene. »Nein, mein armer Spaßmacher,« entgegnete d'Artagnan, »allein mit unseren vier Pferden können wir unsere drei Freunde zurückbringen, wenn wir sie anders noch am Leben treffen.«
»Das wäre wohl wundersam,« versetzte Planchet; »doch man darf an der Barmherzigkeit Gottes nicht verzweifeln.«
»Amen!« rief d'Artagnan und schwang sich auf sein Pferd.
Wir müssen bemerken, daß Planchet bei Tage mutvoller war als des Nachts. Indes verließ ihn seine natürliche Klugheit in keinem Augenblick. Er vergaß auch keinen Vorfall der ersten Reise, und hielt jedermann für einen Feind, der ihm auf der Straße begegnete;demgemäß hielt er ohne Unterlaß seinen Hut in der Hand, weshalb d'Artagnan oft ernstlich mit ihm zankte, da dieser besorgte, man möchte ihn ob dieser übermäßigen Höflichkeit für einen gemeinen Menschen halten. Aber sei es nun, daß die Vorübergehenden wirklich von der Artigkeit Planchets gerührt wurden, oder daß diesmal niemand am Wege des jungen Mannes im Hinterhalt lag – genug, unsere zwei Reisenden kamen ohne allen Unfall nach Chantilly und stiegen beim Hotel Grand Saint-Martin ab, wo sie auch auf ihrer ersten Reise angehalten hatten. Als der Wirt einen jungen Mann und hinter ihm einen Lakai mit zwei Handpferden herankommen sah, trat er ehrfurchtsvoll an seine Türschwelle. D'Artagnan, der bereits elf Meilen zurückgelegt hatte, dachte, es wäre wohl an der Zeit, hier einzusprechen und zu sehen, ob Porthos im Gasthaus wäre oder nicht. Es war vielleicht nicht einmal klug, beim ersten Schritt zu fragen, was aus dem Musketier geworden sei. Infolge dieser Betrachtungen stieg d'Artagnan ab, ohne sich nach jemandem zu erkundigen, übergab die Pferde seinem Lakai, trat in ein kleines Zimmer, das für jene Gäste bestimmt war, die allein sein
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