Die drei Musketiere
berüchtigter Falschmünzer mit mehreren Genossen, als Garden oder Musketiere verkleidet, in meinem Gasthaus eintreffen. Gnädigster Herr, mir wurden Ihre Pferde, Ihre Lakaien, Ihre Gesichter, kurz alles, genau bezeichnet.«
»Was nun weiter?« sagte d'Artagnan, der sogleich erriet, woher eine so scharfe Beschreibung rühren konnte.
»Ich habe sonach auf Befehl der Obrigkeit, die mir sechs Mann Verstärkung schickte, diejenigen Maßregeln genommen, die ich für zweckdienlich hielt, um mich der angeblichen Falschmünzer zu versichern.«
»Wieder das!« rief d'Artagnan, dem das Wort »Falschmünzer« schrecklich in die Ohren hallte.
»Verzeihen Sie, gnädiger Herr, daß ich solche Dinge spreche: allein sie dienen mir zur Entschuldigung. Die Behörde erweckte mir Angst, und Sie wissen, ein Wirt muß sich vor der Behörde schmiegen.«
»Doch noch einmal, wo ist dieser Edelmann, was ist aus ihm geworden? Ist er tot oder lebendig?«
»Geduld, gnädigster Herr, wir werden hören. Was geschah, wissen Sie, und Ihre schnelle Abreise schien das Benehmen zu rechtfertigen,« fügte der Wirt mit einer Spitzfindigkeit hinzu, die d'Artagnan nicht entging. »Dieser Edelmann, Ihr Freund, wehrte sich wie ein Verzweifelter. Sein Diener, der zum Unglück Streit suchte mit den Leuten von der Behörde, die als Stalljungen bekleidet waren...«
»Ha, Schurke, Ihr waret folglich einverstanden, und ich weiß nicht, warum ich Euch nicht alle in die Pfanne haue!«
»O nein, gnädigster Herr, wie Sie hören werden, waren wir nicht alle einverstanden. Ihr Herr Freund, verzeihen Sie, daß ich ihm nicht den ehrenhaften Namen gebe, den er zweifelsohne trägt, doch wir wissen diesen Namen nicht, Ihr Herr Freund zog sich, nachdem er mit seinen Pistolenschüssen zwei Männerkampfunfähig gemacht hatte, fechtend zurück und wehrte sich mit seinem Degen, wobei er einen meiner Leute verstümmelte und mich durch einen Schlag mit der flachen Klinge betäubte.«
»Doch, Henker! kommst du bald zu Ende?« rief d'Artagnan. »Athos– was ist mit Athos geschehen?«
»Wie gesagt, zog er sich fechtend zurück, gnädiger Herr, und als er hinter sich die Tür der Kellertreppe offen sah, so sprang er hinein. Als er nun im Keller war, zog er den Schlüssel ab und verrammelte sich von innen. Bei der Sicherheit, ihn hier wiederzufinden, ließ man ihn frei.«
»Ja,« versetzte d'Artagnan, »man legte es nicht darauf an, ihn zu töten, man suchte bloß, ihn einzusperren.«
»Gerechter Gott, ihn einzusperren, gnädigster Herr, er hat sich selbst eingesperrt, das kann ich beschwören. Er hat sich zuvörderst tüchtig angestrengt: Ein Mann lag tot am Platze, zwei andere waren schwer verwundet. Der Tote und die zwei Verwundeten wurden von ihren Kameraden weggeschafft, und ich hörte weder von dem einen noch von dem andern seither etwas. Als ich selbst wieder zur Besinnung kam, ging ich zu dem Herrn Gouverneur und erzählte ihm alles, was vorgefallen war; ich fragte ihn, was ich mit dem Gefangenen tun soll; allein der Gouverneur sah aus, als wäre er aus den Wolken gefallen, indem er sagte, daß er gar nicht verstehe, was ich da spreche, die Befehle, welche ich erhielt, wären nicht von ihm ausgegangen, und würde ich unklugerweise gegen jemanden äußern, er hätte den mindesten Anteil an diesem leidigen Streite, so würde er mich aufhängen lassen. Es scheint, gnädiger Herr, daß ich mich irrte, daß ich den einen für den andern hielt, und daß derjenige gerettet war, der hätte festgenommen werden sollen.«
»Aber Athos?« rief d'Artagnan, der sich noch mehr ärgerte, daß die Behörde die Sache von sich ablehnte, »was ist aus Athos geworden?«
»Da ich mein Unrecht gegen den Gefangenen so schnell wie möglich wieder gutmachen wollte,« fuhr der Wirt fort, »so eilte ich zu dem Keller, um ihn freizulassen. Ach, gnädiger Herr, das war kein Mensch mehr, das war ein Teufel! Auf meinen Antrag der Freilassung erklärte er, das sei nur eine Schlinge, die man ihm legen wolle, und ehe er hervorginge, würde er Bedingnisse machen. Ich entgegnete ihm ganz demutvoll, denn ich verhehlte mir die schlimme Lage nicht, in die ich mich dadurch versetzte, daß ich Hand an einen Musketier Seiner Majestät legte, ich wäre bereit, mich seinen Bedingnissen zu unterwerfen. ›Für's erste‹, rief er, ›will ich, daß man mir meinen Bedienten ganz bewaffnet zurückgebe.‹ Man suchte diesem Befehl in Eile nachzukommen, denn Sie begreifen wohl, gnädigster Herr, wie sehr uns
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