Die drei Musketiere
Mousqueton, der ein Pferd und ein Maultier mit verdrießlicher Miene vor sich hertrieb. D'Artagnan stieß einen Schrei der Überraschung aus, der nicht frei war von einer Beimischung der Freude. »Ha, mein gelbes Pferd!« rief er, »da, seht nur dieses Pferd an.«
»O, der häßliche Gaul!« sprach Aramis. »Was wollen Sie, mein Lieber?« entgegnete d'Artagnan, »das ist dasselbe Pferd, auf dem ich nach Paris gekommen bin.«
»Wie doch, gnädiger Herr!« sagte Mousqueton, »Sie kennen dieses Pferd?«
»Es ist von ganz origineller Farbe,« versetzte Aramis, »es ist das einzige, das ich je mit einer solchen Haut gesehen habe.«
»Das glaube ich Ihnen,« erwiderte d'Artagnan, »ich habe es auch für drei Taler hingegeben, und das war wohl der Haut wegen, denn das Gerippe ist gewiß nicht achtzehn Livres wert. Wie befindet sich aber dieses Pferd in deinen Händen, Mousqueton?«
»O, reden Sie nicht davon, gnädiger Herr!« antwortete der Bediente, »das ist ein garstiger Streich vom Gemahl unserer Herzogin.«
»Wie das, Mousqueton?«
»Ja, wir sind sehr gut gelitten bei einer Frau von hohem Range, bei der Herzogin...Doch verzeihen Sie, mein Herr hat mir Verschwiegenheit aufgetragen. Sie hat uns gezwungen, ein spanisches Pferd und einen andalusischen Maulesel zum Andenken anzunehmen, und das schaute sich prächtig an. Der Gemahl erfuhr die Sache, konfiszierte unterwegs die zwei herrlichen Tiere, die man uns schickte, und gab dafür diese garstigen Bestien.«
»Welche du ihm wieder zurückstellst?« fragte d'Artagnan. »Allerdings,« antwortete Mousqueton. »Sie begreifen wohl, daß wir keine solchen Tiere statt der versprochenen behalten können.«
»Nein, fürwahr! obwohl es mir lieb gewesen wäre, Porthos auf meinem gelben Klepper zu sehen. Das hätte mir einen Begriff gegeben, wie ich aussah, als ich nach Paris kam. Doch wir wollen dich nicht aufhalten, Mousqueton, geh, und besorge den Auftrag deines Herrn. Ist er in seiner Wohnung?«
»Ja, mein Herr,« sagte Mousqueton, »doch ist er in sehr übler Stimmung.« Er setzte seinen Weg fort nach dem Quai des Grands Augustin. Inzwischen trieb Mousqueton seine zwei Klepper vor sich her über den Pont-Neuf bis zur Gasse Ours. Als er hier ankam, knüpfte er nach dem Auftrag seines Herrn das Roß wie das Maultier an den Klopfer der Tür des Prokurators. Und kehrte hierauf, ohne sich um ihr weiteres Los zu bekümmern, zu seinem Herrn zurück, um ihm zu sagen, daß er seinen Befehl vollzogen habe. Einige Zeit darauf machten die unglücklichen Tiere, die seit dem Morgen nichts gefressen hatten, durch das Aufheben und Fallenlassen des Klopfers einen solchen Lärm, daß der Prokurator seinem Laufburschen befahl, sich bei dem Nachbar zu erkundigen, wem denn dieses Pferd und dieser Maulesel zugehörten. Madame Coquenard erkannte ihr Geschenk, und konnte diese Rücksendung anfänglich gar nicht begreifen, doch erhielt sie bald Aufschluß durch den Besuch von Porthos. Der Zorn, der aus den Augen des Musketiers sprühte, ungeachtet des Zwanges, den er sich anzutun bemüht war, erschreckte die empfindsame Geliebte. Porthos ging wieder fort, nachdem er der Prokuratorsfrau in Saint-Magloire ein Stelldichein gegeben hatte. Als der Prokurator Porthos sich entfernen sah, lud er ihn zum Mittagmahl ein, doch der Musketier schlug es mit majestätischer Miene aus. Madame Coquenard begab sich zitternd nach Saint-Magloire, denn sie erriet, welche Vorwürfe ihrer harrten: indes ward sie durch die großartigen Manieren von Porthos ganz verblüfft. »Ach,« seufzte sie, »ich dachte, die Sache aufs beste zu machen. Einer von unsern Klienten ist Pferdemakler; er war uns Geld schuldig und bewies sich halsstarrig; ich nahm dies Pferd und dies Maultier für die Schuld an. Er hatte mir zwei königliche Tiere versprochen.«
»Nun, Madame,« entgegnete Porthos, »wenn Ihnen Ihr Pferdemakler mehr als fünf Taler schuldete, so ist er ein Dieb.« Porthos machte eine Bewegung, um sich zu entfernen. »HerrPorthos! Herr Porthos!« rief die Prokuratorsfrau, »ich habe unrecht, ich gestehe es ein; ich hätte nicht sollen feilschen, wo es sich darum handelte, einen Kavalier zu equipieren, wie Sie sind.« Porthos schwieg und machte abermals Miene fortzugehen. »Bleiben Sie doch, in des Himmels Namen, Herr Porthos!« rief sie, »bleiben Sie, und lassen Sie uns mitsammen reden. Hören Sie, diesen Abend geht Herr Coquenard zu dem Herzog von Chaulnes, der ihn berufen hat. Es findet da eine Beratung statt, die
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