Die drei Musketiere
meine Worte nicht recht verstanden.«
»Nicht wahr, Sie wollen nur einen Vorwand? O, ich sehe das. Nun, Sie haben einen Vorwand. Die Beförderung, der bevorstehende Feldzug, die Gelegenheit, die ich Ihnen darbiete, das ist für die Welt; für Sie ist es das Bedürfnis eines sicheren Schutzes; denn Sie müssen wissen, Herr d'Artagnan, daß man gegen Sie schwere Klagen bei mir eingebracht hat. Sie widmen die Tage und Nächte nicht ausschließend dem Dienste des Königs.« D'Artagnan errötete. »Außerdem,« sprach der Kardinal und legte seine Hand auf einen Stoß Papier, »außerdem liegt hier ein ganzer Faszikel, der Sie angeht. Doch ehe ich ihn durchlas, wollte ich mit Ihnen reden. Ich weiß, Sie sind ein tatkräftiger Mann, und Ihre Dienste könnten Ihnen, statt Sie ins Verderben zu bringen, unter guter Leitung sehr ersprießlich werden. Nun, überlegen und entscheiden Sie.«
»Monseigneur, Ihre Güte macht mich verwirrt, und ich erkenne in Ew. Eminenz eine Seelengröße, die mich klein macht, wie ein Wurm der Erde; jedoch, Monseigneur, weil es mir erlaubt ist, offen zu reden...« D'Artagnan hielt an. »Ja, reden Sie.«
»So unterfange ich mich, zu sagen, daß alle meine Freunde bei den Musketieren und der Leibwache des Königs, aber alle meine Feinde durch einen mir ganz unerklärbaren Unstern bei Ew. Eminenz dienen. Ich wäre also hier ganz unwillkommen, wollte ich das Anerbieten von Monseigneur annehmen.«
»Haben Sie etwa schon die stolze Idee, mein Herr, daß ich Ihnen nicht soviel anbiete, wie Sie eben wert sind?« sprach der Kardinal mit einem verdächtigen Lächeln. »Ew. Eminenz ist hundertmal zu gütig gegen mich, und im Gegenteil bin ich der Meinung, daß ich noch lange nicht genug getan habe, um einer solchen Güte würdig zu sein. Die Belagerung von La Rochelle wird eröffnet, Monseigneur, ich werde unter den Augen Ew. Eminenz dienen, und wenn ich das Glück hatte, während dieser Belagerung Ihr Augenmerk auf mich zu lenken, nun, so habe ich eine glänzende Tat hinter mir, die den Schutz rechtfertigt, dessen Sie mich zu würdigen so gütig sind. Alles hat zu seiner Zeit zu geschehen. Vielleicht werde ich später das Recht haben, mich zu geben, jetzt hätte es den Anschein, als wollte ich mich verkaufen.«
»Das will sagen, daß Sie sich weigern, mir zu dienen, mein Herr?« versetzte der Kardinal in einem verdrießlichen Tone, dem jedoch eine gewisse Achtung beigemengt war. »Nun, so bleiben Sie frei und behalten Sie Ihren Haß und Ihre Sympathien.« »Monseigneur!«
»Gut, gut!« sprach der Kardinal, »ich bin Ihnen deshalb nicht gram; doch verstehen Sie wohl; man hat alle Verpflichtung, seine Freunde zu beschützen und zu belohnen, seinen Feinden aber ist man nichts schuldig. Nichtsdestoweniger gebe ich Ihnen einen Rat. Halten Sie sich wohl, Herr d'Artagnan, und seien Sie auf Ihrer Hut, denn von dem Moment, wo ich meine Hand von Ihnen zurückziehe, gilt mir Ihr Leben keinen Heller mehr.«
»Ich werde dessen bedacht sein,« entgegnete der Gascogner in Demut, aber auch mit einer gewissen Sicherheit. »Denken Sie später darüber nach, und in einem Augenblick, wo Ihnen Unheil begegnet,« sprach Richelieu mit einem Nachdruck, »daß ich Sie aufgesucht und alles mögliche getan, um Ihnen dieses Unheil zu ersparen.«
»Was mir auch widerfahren möge,« sagte d'Artagnan, indem er seine Hand auf die Brust legte und sich verneigte, »ich will eine ewige Dankbarkeit gegen Ew. Eminenz für das bewahren, was Sie für mich in diesem Augenblick tun.«
»Nun gut, Herr d'Artagnan, wir werden uns, wie Sie sagten, nach dem Feldzug wiedersehen. Ich will Ihnen mit den Augen folgen, denn ich werde dabei sein,« fuhr der Kardinal fort und zeigte d'Artagnan eine prächtige Rüstung, die er anziehen sollte. »Gut, bei unserer Zurückkunft wollen wir abrechnen.«
»O, Monseigneur,« rief d'Artagnan, »ersparen Sie mir die Wucht Ihrer Ungnade; bleiben Sie neutral, Monseigneur, wenn Sie sehen, daß ich mich wacker verhalte.«
»Junger Mann!« sprach Richelieu, »kann ich Ihnen noch einmal sagen, was ich heute sagte, so verspreche ich es Ihnen, daß ich es Ihnen sagen werde.« Diese letzten Worte Richelieus enthielten einen erschütternden Zweifel; d'Artagnan war darüber mehr bestürzt, als hätte er eine Drohung vernommen, dennes war eine Verkündigung. Der Kardinal suchte ihn also vor einem drohenden Unglück zu warnen. Er war im Begriff zu antworten, doch der Kardinal entließ ihn mit stolzer Miene.
D'Artagnan
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