Die drei Musketiere
gleichfalls eine Privatrache verfolgte. Buckingham hatte sich als Botschafter auf keine Weise wieder Eingang in Frankreich zu verschaffen gewußt. Der erste Vorteil war dem Herzog von Buckingham zugefallen; er kam unvermutet vor die Insel Ré mit neunzig Schiffen und etwa zwanzigtausend Mann, überrumpelte den Grafen von Toiras, der statt des Königs auf der Insel kommandierte, und brachte nach einem blutigen Kampfe seine Landung zu stande. Wir erwähnen im Vorübergehen, daß bei diesem Kampfe der Baron von Chantal umkam, der eine Enkelin von achtzehn Monden als Waise zurückließ. Diese Enkelin wurde nachmals Frau von Sevigné. Der Graf von Toiras zog sich mit der Besatzung in die Zitadelle Saint-Martin zurück, und warf ungefähr hundert Mann inein kleines Fort, welches Fort de la Prée hieß. Dieser Vorfall beschleunigte die Entschlüsse des Kardinals; er schickte, bis er und der König der Absicht gemäß bei der Belagerung von La Rochelle den Oberbefehl übernehmen würden, Monsieur dahin ab, damit er die ersten Operationen leite, und alle Truppen, über die er zu verfügen hatte, marschierten nach dem Kriegsschauplatz. Bei dieser Abteilung, die als Vorhut abgeschickt wurde, befand sich auch unser Freund d'Artagnan.
Wie gesagt, sollte der König nachkommen, sobald seine Gerichtsangelegenheiten abgetan waren. Als er sich am fünfundzwanzigsten Juni von diesen erhob, fühlte er sich wieder vom Fieber ergriffen. Nichtsdestoweniger wollte er abreisen, jedoch sein Übel verschlimmerte sich, und er war gezwungen, in Villeroy anzuhalten. Wo aber der König anhielt, da mußten auch die Musketiere bleiben; infolgedessen sah sich d'Artagnan, der natürlich bei den Garden blieb, mindestens für den Augenblick getrennt von seinen drei Freunden Athos, Porthos und Aramis. Diese Trennung, die für ihn nur eine Unannehmlichkeit war, würde ihn sicher mit ernstlicher Unruhe erfüllt haben, hätte er die unbekannten Gefahren zu ahnen vermocht, von denen er umgeben war. Er langte aber ohne Unfall in dem Lager an, das vor La Rochelle aufgeschlagen war. Alles befand sich noch in demselben Zustand. Der Herzog von Buckingham und seine Engländer fuhren als Herren der Insel Ré fort, wiewohl ohne Erfolg, die Zitadelle von Saint-Martin und das Fort de la Prée zu beschießen, und die Feindseligkeiten begannen seit zwei oder drei Tagen in Hinsicht auf das Fort, das der Herzog von Angoulême nahe der Stadt ausführen ließ. Die Garden unter dem Befehl des Herrn des Essarts nahmen ihr Quartier in einem Kloster.
D'Artagnan hatte ein lebhaftes Auge und einen besonderen Geist; er entdeckte plötzlich hinter einem Felsen die Mündung eines Gewehrs und begriff, daß das Gewehr nicht allein gekommen sei, und daß derjenige, der es trug, keine freundschaftlichen Gesinnungen hinter der Hecke verberge. Er entschloß sich demnach, das Weite zu gewinnen, als er auf der andern Seite, hinter einem Felsen, die Mündung eines zweiten Gewehrlaufes gewahr wurde. Das war augenblicklich ein Hinterhalt. Der junge Mann warf einen Blick auf das erste Gewehr und bemerkte mit einer gewissen Unruhe, daß es sich in der Richtung gegen ihn niederneige. Wie er aber sah, daß die Mündung eines Gewehrlaufes unbeweglich blieb, warf er sich mit dem Bauch auf die Erde. In dem Augenblick ging der Schuß los, und er hörte über seinem Kopf eine Kugel dahinsausen. Da war keine Zeit zu verlieren; d'Artagnan richtete sich mit einem Satz auf, und in dem Moment riß die zweite Kugel da, woer vorher gelegen war, die Kieselsteine in die Höhe. D'Artagnan war kein Mann, der unnütz Mut besaß wie andere, die einen lächerlichen Tod suchen, damit es von ihnen heiße, sie seien keinen Schritt weit zurückgewichen. Außerdem handelte es sich hier nicht mehr um Mut, denn d'Artagnan war in einen Hinterhalt geraten. »Fällt noch ein dritter Schuß,« sprach er zu sich, »so bin ich ein toter Mann.« Er entfloh auf der Stelle nach dem Lager, mit der Schnelligkeit der Menschen aus seiner Heimat, die wegen ihrer Behendigkeit in Ruf gekommen sind. Allein, wie rasch er auch gelaufen war, so hatte doch jener, der zuerst gefeuert, Zeit gefunden, seine Büchse zu laden; und er schickte ihm einen zweiten Schuß nach, der so gut gezielt war, daß die Kugel seinen Hut durchbohrte und zehn Schritte weit schleuderte. Da d'Artagnan keinen andern Hut besaß, so raffte er diesen während des Laufens vom Boden auf, und kam ganz blaß und atemlos in seiner Wohnung an. Hier setzte er sich nieder,
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